Kirchheim

Kunst im Schaufenster

Ausstellung Der Kunstkurs des Pädagogischen Fachseminars zeigt seine Arbeiten in der Auslage von 16 Kirchheimer Geschäften. Rote Pfeile weisen Interessierten den Weg dorthin. Von Peter Dietrich

Vernissage mitten in der Stadt: Musiker des Pädagogischen Fachseminars lockern die Ausstellungseröffnung humorvoll auf (oben). D
Vernissage mitten in der Stadt: Musiker des Pädagogischen Fachseminars lockern die Ausstellungseröffnung humorvoll auf (oben). Die Werke der Fachlehreranwärter können Interessierte in den Schaufenstern von 16 Kirchheimer Geschäften betrachten (unten).Fotos: Peter Dietrich

Ist die weiße Palette noch Teil des Kunstwerkes oder gehört sie schon zur „normalen“ Schaufensterdekoration? Im Schaufenster von Optik Bacher in Kirchheim verschmelzen derzeit Kunst und Verkaufspräsentation zu einer Einheit. Es ist eines von 16 Schaufenstern, in denen der Kunstkurs 2016 des Pädagogischen Fachseminars seine Arbeiten ausstellt. Das Ausstellungsgelände erstreckt sich weitestgehend in der Fußgängerzone in Nord-Süd-Richtung von Juwelier Schairer bis zum Weltladen und in West-Ost-Richtung von bagsplus bis Autenrieth. Die kleinen roten Pfeile leiten zu allen Schaufenstern.

„Kunst aus der Kiste“ lautet der Titel der Ausstellung, denn die Kunstwerke sind alle in Kisten zu finden - ob nun in kleinen Schuhkartons oder in etwas größeren Obstkisten. Die Ausstellung ist eine gelungene Kooperation zwischen dem Pädagogischen Fachseminar und dem City Ring Kirchheim. Alle Arbeiten stammen von Fachlehreranwärtern, die im Herbst 2016 ihre dreijährige Ausbildung begonnen haben. Plastik und Kultur sind wichtige Themen in ihrer Ausbildung, von der realistischen Darstellung bis hin zur Verfremdung. Mit dem Thema „Kunst aus der Kiste“ haben sich die Künstler auf einem Wochenende in der Akademie Schloss Rotenfels intensiv beschäftigt. Betreut wurden sie von der Lehrbeauftragten Gabi Hinze.

„Wir legen in der Ausbildung Wert auf eine eigenständige künstlerische Tätigkeit“, sagte Dietrich Breunlin, Bereichsleiter Bildende Kunst, bei der Vernissage. Das sei eine der Grundlagen der erfolgreichen Arbeit von Kunstpädagogen. Dietrich Breunlin kritisierte, dass die Kunstpädagogik an den Schulen eine untergeordnete Rolle spiele. Dies sei der kleinste Fachbereich am Pädagogischen Fachseminar. „Früher waren es 40 Fachlehreranwärter, heute nur noch acht, in einer Zeit, in der die Lehrer knapp sind.“

Was ist überhaupt Kunst? Nach einer von vielen Definitionen sind das Objekte, die keiner konkreten Funktion zuzuordnen sind. „Wer in einer Welt der Sachzwänge dafür kein Verständnis hat, wird die Kunst verständnislos betrachten“, sagte Breunlin. In dieser Ausstellung begegnen sich die zum Kauf ausgestellte Ware und das ganz andere der Kunst. „Die ausgestellten Werke zeigen uns das Absurde, das Groteske, das Bedrohliche und Unheimliche, das Spielerische und Fantastische.“ Die künstlerische Idee entstehe aus dem künstlerischen Material, das viel mehr sei als Leinwand und Farbe oder Ton.

Aus diesem Material haben die acht Kursteilnehmer mit spielerischem Umgang sehr Vielfältiges geschaffen. „Lieblingsfilm“ hat Martin Geister seine Installation im roten Schuhkarton genannt. Patricia Lassak hat ihren schwarzen Schuhkarton im Innern in ein Wohnzimmer verwandelt, in eine bunt zusammengewürfelte Puppenstube. Thomas Stokker bietet in seinen Obstkisten gestreifte Ein- und Durchblicke. Meike Binotto hat gefaltetes Papier in Farbe getränkt und damit Zufallsbilder geschaffen. Sie könnten einen Schmetterling darstellen oder aber zwei streitende Spatzen. Neben jedem Werk ist eine kleine Vorstellung des Künstlers zu finden. Bei der Vernissage stellten sich die Künstler gegenseitig vor - auch das auf sehr kreative Weise mit Gedichten und mehr.

Egal ob Objektkunst, Installation, Plastik oder Relief, Dietrich Breunlin fasste alles unter einem „zeitgemäß erweiterten Skulptur-Begriff“ zusammen. Es gebe heute mehr als die plastische Form aus Marmor oder Bronze, im Atelier geschaffen und dann auf einen Sockel gestellt: „Skulptur in diesem Sinne ist eine Intervention im Raum.“

Reichlich interveniert haben bei der Vernissage die Musikerinnen des Pädagogischen Fachseminars. Mit Besen in Erwachsenen- und Kindergröße ausgerüstet, erlaubten sie sich zwischen der Werkeinführung und später beim Rundgang zu den Schaufenstern ihre rhythmischen Späße. Kunst macht eben am meisten Freude, wenn sie sich nicht selbst zu verbissen ernst nimmt.

Vernissage "Kunst aus der Kiste" - die Kunst im Schaufenster, die Teilnehmer der Vernissage als Spiegelung in der Scheibe
Vernissage "Kunst aus der Kiste" - die Kunst im Schaufenster, die Teilnehmer der Vernissage als Spiegelung in der Scheibe