Coronavirus

Lieferengpässe nehmen zu

Corona Schutzmasken und Handdesinfektionsmittel sind absolute Mangelware. Sie werden ständig in den Apotheken nachgefragt. Die Kunden müssen jedoch vertröstet werden, beides gibt es nur in Einzelfällen. Von Iris Häfner

Marco Junghans von der Schneider-Apotheke in Kirchheim zeigt auf den leeren Schubladenteil, in dem sich sonst die Desinfektionsm
Marco Junghans von der Schneider-Apotheke in Kirchheim zeigt auf den leeren Schubladenteil, in dem sich sonst die Desinfektionsmittel befinden. Foto: Carsten Riedl

Alles leer. Wo sich sonst in Regalen und Schubladen Handdesinfektionsmittel und Mundschutz stapeln, sucht man diese Dinge in sämtlichen Apotheken in Zeiten von Corona vergebens. „Wir machen gerade selber das Desinfektionsmittel. Wir haben ein bisschen von den Grundstoffen bekommen, aber mittlerweile gibt es keinen Alkohol mehr“, sagt Andreas Herbster von der Apotheke in Oberlenningen. Auch wenn im Lenninger Tal eine hohe Dichte an Brennereien herrscht, nutzt das dem Apotheker wenig. Er benötigt geprüfte Qualität, die ihm die Reinheit des Produkts garantiert. „Das hat haftungsrechtliche Gründe“, erklärt Andreas Herbster, warum er nicht bei den Brennereien ums Eck auf Einkaufstour geht.

„Laut der Weltgesundheitsorganisation besteht ein Desinfektionsmittel aus zwei bis drei Grundstoffen“, erklärt er. Wasserstoffperoxid, also die Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff, gehört dazu, und eben Glycerin, ein Zuckeralkohol. „Dann sind noch Hilfsstoffe drin mit leicht pflegenden Eigenschaften, damit die Haut nicht so austrocknet“, erläutert der Apotheker. Viren mit einer Kapsidhülle, wie es bei Covid-19 der Fall ist, werden ab 70 Prozent Alkoholgehalt vernichtet. Wer also Vorlauf zum Einreiben -ein altes Hausmittel - zu Hause hat, killt Corona.

„Die Stammkundschaft sieht die Situation ziemlich nüchtern. Die Aufgeregten, die völlig aufgelöst sind, gibt es natürlich auch. Die sind aber in der absoluten Minderheit“, so der Apotheker. Er und seine Mitarbeiterinnen waschen sich regelmäßig die Hände und desinfizieren die Tresentische drei- bis viermal am Tag. „Corona ist nichts anderes als eine Grippe und deshalb nicht schlimmer. Das ist nicht Ebola, wo jeder dritte Erkrankte stirbt“, stellt er klar. Deshalb gibt es für ihn auch keinen Grund, seine Kunden aus der Notdienst-Klappe zu bedienen.

Dr. Hansjörg Egerer von der Adler-Apotheke in Weilheim hält nichts von Mundschutz. „Das bringt nichts, die Viren kommen durch“, sagt er. Seit vier Wochen fragen ihn die Kunden vergeblich nach diesem Utensil, ebenso nach Handdesinfektionsmitteln. „Wir hatten große Vorräte, doch es ist alles weg und wir bekommen nichts nachgeliefert“, sagt der Weilheimer Apotheker. Seine Mitarbeiter gehen gelassen mit der Situation um, die Verhaltensregeln werden eingehalten, außerdem benutzen alle den Desinfektionsapparat, der in der Apotheke steht. „Die Besonnenen sind inzwischen in der Mehrheit“, sagt Hansjörg Egerer.

„Die allgemeine Anspannung ist deutlich zu spüren“, sagt Daniel Miller von der Kirchheimer Adler-Apotheke. Es stellt ein großes Bedürfnis nach Information fest. „Jeder verfolgt aufmerksam die Medien, Corona ist ständig Thema in der Apotheke - auch das ateck-Hotel, in dem die Menschen aus China untergebracht sind“, erklärt er. Er will die Desinfektionsmittel ebenfalls selbst herstellen, wenngleich er sich bewusst ist, dass es schwierig ist, an die Ausgangsstoffe zu kommen. Sein Medikamentenlager ist gut gefüllt. „Um gewappnet zu sein, habe ich wichtige Arzneimittel hochgefahren“, verrät er. Das sind generell die üblichen Erkältungsmittel. „Viele werden jedoch in China produziert. Corona wird ein wirtschaftliches Nachspiel haben. Die sowieso schon vorhandenen Lieferengpässe werden sich deutlich verschärfen - auch deshalb habe ich das Lager hochgefahren“, erklärt er. Von Panik sei nichts zu spüren, allerdings seien die Kunden sehr vorsichtig und angespannt. „Man weiß nicht, in welche Richtung es geht, man kann das Thema nicht richtig greifen“, so Daniel Miller.

Die Schneider-Apotheke in Kirchheim ist in einem Verbund von elf Apotheken. Eine davon, in Ruit, stellt nun die Desinfektionsmittel für alle her, die gleichmäßig verteilt werden. Doch es gibt die Lieferengpässe. „Glycerin und Ethanol sind nicht mehr lieferbar“, sagt Marco Junghans. Er kann die Menschen verstehen, die besorgt auf die Situation reagieren. „Wir werden mehr frequentiert. Die meisten Kunden reagieren verständlich auf die Situation. Es gibt aber auch diejenigen, die ärgerlich sind und es schändlich finden, dass die Firmen ihre Produktion nicht hochfahren“, erzählt Marco Junghans. Er gibt ihnen teilweise recht. „Als sich die Situation in China abzeichnete, hätte man speziell bei Desinfektionsmitteln die Produktion durchaus ein bisschen hochschrauben können“, sagt er.

Urlauber aus Südtirol sollen zwei Wochen zu Hause bleiben

Südtirol wurde vom Robert-Koch-Institut zum Covid-19-Risikogebiet erklärt. Deshalb sollten alle, die sich in den vergangenen 14 Tagen dort aufgehalten haben - unabhängig von Symptomen - unnötige Kontakte vermeiden und möglichst für zwei Wochen nach der Rückkehr aus Südtirol zu Hause bleiben.

Treten Krankheitszeichen der Atemwege auf, sollte man sich mit dem Hausarzt telefonisch in Verbindung setzen. „Ich bitte, diese Empfehlungen zu beachten. Nicht jeder, der in Südtirol war, muss jetzt sofort zum Arzt“, erklärt, Dr.  Marion Leuze-Mohr, erste Landesbeamtin im Esslinger Landratsamt.

14 Fälle mit positiven Abstrichergebnissen gibt es derzeit im Landkreis Esslingen. Davon hielten sich zehn Personen im Grödnertal in Südtirol auf. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Familie, die gemeinsam ihren Urlaub dort verbracht hat.

In Esslingen sind die Zeller Berufsschule und die Hochschule betroffen. Eine Berufsschülerin ist positiv getestet worden. Sie war nach den Ferien zur Schule gegangen, weshalb sämtliche Mitschüler und Lehrer in häusliche Quarantäne geschickt wurden. Ein Student der Hochschule Esslingen hat an zwei Tagen den Mathe-Vorkurs in der Flandernstraße besucht. Die Teilnehmer wurden vom Gesundheitsamt bis auf Weiteres deshalb vorsorglich nach Hause geschickt.

Ein Arzt, der im Klinikum Esslingen arbeitet und sich zuvor in Südtirol aufgehalten hat, wurde ebenfalls positiv auf das Coronavirus getestet. Die Klinik hat alle Kontaktpersonen sofort ermittelt. Der Arzt war nur wenige Stunden in der Patientenversorgung tätig, sodass es nicht zu vielen Kontakten gekommen ist. Bei allen Mitarbeitern, die mit ihm in Berührung waren, wurden bereits Virustests durchgeführt. Der Klinikbetrieb läuft ohne Einschränkungen weiter. ih