Lokale Kultur

„Max Eyth & Co“ in Kirchheim

Eine literarische Soiree des Schlossgymnasiums und des Literaturbeirats im Kornhaus

Kirchheim. Einen Abend im Zeichen der Literatur haben der Literaturbeirat und das Schlossgymnasium im Kornhaus veranstaltet. Es ging um „Kirchheimer Schriftsteller“ – obwohl man ehrlicherweise hinzufügen muss, dass sie allesamt nicht

Andreas Volz

sonderlich viel mit Kirchheim zu tun hatten. Sie haben lediglich kurz einmal in Kirchheim gelebt, für wenige Tage oder auch für ein paar Jahre. Am längsten war noch Max Eyth in Kirchheim: Die ersten fünf Lebensjahre hat er in seiner Geburtsstadt verbracht.

Dass Max Eyth als Schriftsteller heutzutage noch viel gelesen werde, lässt sich nicht gerade sagen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die Klasse 10c des Schlossgymnasiums in Kirchheim gemacht hat: Für ihre „Spurensuche Kirchheimer Schriftsteller“ haben die Schüler nach dem Bekanntheitsgrad der vier „Kirchheimer Schriftsteller“ gefragt, um die es in ihrem Projekt ging. Unter anderem hat die Umfrage ergeben, dass 85 Prozent derjenigen, „die schon etwas von Max Eyth & Co gelesen haben“, schon mindestens 40 Jahre alt waren.

Zu „Max Eyth & Co“, also zu den vier „Kirchheimer Schriftstellern“, gehören außer Eyth noch Hermann Kurz, Hans Bethge und Hermann Hesse. Letzterer ist sicherlich der bedeutendste und bekannteste der vier Autoren. Als Nobelpreisträger hat er weltweit Anerkennung gefunden. Aber auch Hesse scheint – der Umfrage zufolge – von jüngeren Menschen in Kirchheim nicht mehr oft gelesen zu werden. Hesse ist übrigens derjenige, der die kürzeste Zeit in Kirchheim verbracht hat: zehn Tage im August 1899, als 22-Jähriger. Immerhin aber hat er diese wenigen Tage später schriftstellerisch verarbeitet, indem er der „Kronen“-Kellnerin Julie Hellmann als „Lulu“ ein kleines literarisches Denkmal gesetzt hat.

Hans Bethge ist ebenfalls auf der ganzen Welt bekannt, allerdings nur den Kennern der klassischen Musik: Gustav Mahler hat in seiner ungewöhnlichen Mischung aus Sinfonie und Liederzyklus mit dem Titel „Das Lied von der Erde“ Gedichte vertont, die Hans Bethge altchinesischer Lyrik nachempfunden hatte. Für Kirchheim ist Bethge außerdem das biografische Pendant zu Max Eyth: 1943 kam er aus Berlin ins beschauliche Kirchheim, weil ihm hier weitaus weniger Gefahr durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg drohte. Während Max Eyth zwischen 1836 und 1841 seine ersten Jahre in Kirchheim verbracht hatte, waren es bei Hans Bethge die drei letzten Lebensjahre: 1946 ist er im Göppinger Krankenhaus gestorben. So wie sich bei Max Eyth das Geburtshaus besichtigen lässt, gibt es auch bei Bethge ein Haus zu sehen – zumindest von au­ßen: In der Paradiesstraße 16 hatte er einst gewohnt. Und nicht zuletzt befindet sich das Grab des Dichters bis heute auf dem Alten Friedhof.

Max-Eyth-Haus, Bethges Wohnung und sein Grab sind drei Stationen eines Geocaching-Projekts, das die 10c ebenfalls auf die Beine gestellt hat. Ergänzend kommen noch zwei Hesse-Stationen hinzu: Die ehemalige „Krone“ – das Gasthaus, in dem Hesse logierte und in dem er auch „Lulu“ traf – sowie der einstige Standort des Fotoateliers Hofmann, das sich jetzt im Beurener Freilichtmuseum befindet. Dort hatte sich Hesse 1899 mit seinem Freundeskreis, dem „Petit Cénacle“, ablichten lassen.

Hermann Kurz wiederum hat Anfang der 1860er-Jahre nicht ganz zwei Jahre lang mit seiner Familie in Kirchheim gelebt. Er war als Schriftsteller und Übersetzer tätig und ist heute wohl derjenige der vier, der in Kirchheim und auch sonst am wenigsten bekannt sein dürfte. Auch daran mag es liegen, dass er in der Geocaching-Tour mit keiner einzigen Station vertreten ist. Immerhin aber war auch seine Tochter Isolde als Schriftstellerin und Übersetzerin tätig. Und auch an Isolde Kurz erinnert der Kirchheimer Literaturbeirat regelmäßig.

Unter anderem verleiht der Literaturbeirat den „Isolde-Kurz-Preis“ – an Schüler aus dem Abitursjahrgang des Schlossgymnasiums, die besondere Leistungen im Fach Deutsch und damit auch auf literarischem Gebiet erbracht haben. Dieses Mal ging der Preis an Caroline Musiolik, die am Ende der Veranstaltung die Reihe der „Kirchheimer Schriftsteller“ noch um sich selbst als Zeitgenossin ergänzte, indem sie eigene lyrische Versuche zum Vortrag brachte.