Kirchheim

Mitten im Pointen-Hagel

Kabarett Simone Solga war im Auftrag der Kanzlerin im Kirchheimer Club Bastion.

Politisches Kabarett mit Biss und Witz: Simone Solga im Club Bastion.Foto: Günter Kahlert
Politisches Kabarett mit Biss und Witz: Simone Solga im Club Bastion.Foto: Günter Kahlert

Kirchheim. Was für ein Tempo: Fast im Sekundentakt schießt Kabarettistin Simone Solga ihre Pointen ab, „die Frau ohne Punkt und Komma“ kokettiert mit ihrem Stil. Das ist natürlich ein nettes Bild, aber sie versteht es sehr wohl, ihre Pointen zu setzen. Präzise, intelligent, witzig, bissig.

Einstieg und Auflockerung des Publikums: Sie beschwert sich, dass es nur vier Sekunden Applaus gibt. Ihr Chefin würde es nicht unter acht Minuten machen, die vorderste Reihe – alles Rücktrittskandidaten. Blick nach rechts in Publikum: „Wie gucken Sie überhaupt, wenn ich den Namen Merkel sage!“ Analyse: Kirchheimer haben zum Lächeln offensichtlich nicht die „anatomischen Reserven“. Natürlich macht sie sofort Fotos und schickt sie an die Kanzlerin und Donald Trump.

Sie feilt ständig an ihrem Programm, verblüffend tagesaktuell. Natürlich ist Angela Merkels Entscheidung für eine vierte Kanzlerkandidatur („typisch: am Totensonntag und Welt-Toilettentag“) auch Thema der Kabarettistin. Ihr Fazit: „Merkels Kandidatur zeigt eindeutig, welchen Fachkräftemangel wir haben.“

Das Thema Merkel durchzieht logischerweise ihren Auftritt, aber alle Parteien und wichtigen Politiker kriegen ihr Fett weg. Die CSU werden „weiß-blaue Taliban“ genannt. Das Gerangel an der AfD-Spitze kommentiert Simone Solga mit „Die haben ein Führerproblem? Gott muss wirklich Humor haben.“ Und zur Bundespräsidenten-Kandidatur von Frank-Walter Steinmeier sagt sie: „Er hat die Ausstrahlung einer Wiedervorlagemappe.“ Schlag auf Schlag.

Simone Solga versteht es meisterhaft, sich auf dem Grad zwischen Kabarett und Comedy zu bewegen. Im Gespräch sagt sie: „Warum muss man das vermischen und festlegen, was man macht? Wenn es nicht nur oberflächliches Gelaber ist, finde ich das in Ordnung.“ Leichtere Kost zwischendurch öffnet ihrer Erfahrung nach den Kopf der Menschen für andere Themen. „Ich will doch hier nicht als eifernde Oberlehrerin auftreten und den Menschen meine Wahrheit verkünden.“

Allerdings: Die Zeiten für politisches Kabarett sind schwieriger geworden, das passt zur allgemeinen politischen Lage. „Es ist eine ganz komische Stimmung im Land, im Publikum“, resümiert die Kabarettistin ernst. Früher ein kollektives Erheitern über den Kapitalismus, über Politiker und die Gesellschaft, heute geht es um Flüchtlinge, Trump, AfD, Ängste und Sorgen der Bürger. Da verstehen viele Menschen keinen Spaß mehr. „Gedacht wird in Schwarz oder Weiß, keine Grautöne.“ Für Simone Solga privat bedeutet das: böse Post, aggressive Mails und üble Beschimpfungen. „Knallen wird das irgendwann, denn anders lässt sich das gar nicht lösen. Ich möchte aber da lieber nicht spekulieren.“

Aber zurück zum Bühnenprogramm. Simone Solga liefert einen Kabarett-Abend der Extra-Klasse. Klingt wie ein Klischee, trifft es aber genau. Der Schwabe würde wahrscheinlich sagen „Schwerdgosch“, also ein besonders scharfzüngiges Mundwerk, in dem Fall gepaart mit Intelligenz und Witz.

Eine Pointe noch zum Schluss. Simone Solga über die Politiker-Riege in der Bundeshauptstadt: „Die Gesichter in Berlin verströmen einen Optimismus, dagegen war der Führerbunker ein Hort der Zuversicht.“Günter Kahlert