Lokale Kultur

Musiker in Gottes Haus

Bezirkskantor Wolfgang Ehni sorgt für gute Musik in Balingen

Musiker in Gottes Haus
Musiker in Gottes Haus

Kirchheim/Balingen. Noch heute hat er den Kawai-Flügel im Gewölbekeller vor Augen, zu Zeiten als die Musikschule Kirchheim im Spital ansässig war: Dort fanden in den

Siebzigerjahren die Schülervorspiele statt. Wolfgang Ehni, aufgewachsen in Gutenberg, erinnert sich gern an seine Klavierstunden, unter anderem bei Thomas Arnold, der 1975 an die Musikschule kam. In den acht Jahren Unterricht entwickelte der fleißige Schüler beachtliche Fertigkeiten, Talent brachte er fraglos mit: So gehören zu seinem Erinnerungsschatz auch die Auftritte in der Stadthalle beim Podium – der Nachwuchsbühne für Musiker aus der Teckstadt.

Doch die Tasten überhaupt hatten es ihm angetan. So gesellte sich zum Klavier auch die Orgel. Wolfgang Ehni erzählt begeistert, wie der damalige Kirchenmusikdirektor Ernst Leuze bis ins tiefste Lenninger Tal fuhr, „sogar bis nach Schopfloch hoch“, um den jungen Menschen das Orgelspiel nahezubringen. Bei ihm absolvierte Ehni die C-Ausbildung für Kirchenmusik. Dass sein Beruf mit Musik zu tun haben sollte, stand für ihn schon sehr früh fest, „man fängt ja in jungen Jahren an, steckt viel Zeit in das Instrument“. Doch in den Schulunterricht zog es ihn nicht. Und er wollte Musik selbst praktizieren, das war dem begabten Oberstufenschüler klar. Die Vielseitigkeit der Möglichkeiten und die hervorragende Literatur erwärmten ihn schließlich für die Kirchenmusik.

Nun verhält es sich so, dass Wolfgang Ehni das Musikschulleben aus Schüler- und Lehrersicht kennt. Denn bereits während des Studiums kehrte er zurück ins Lenninger Tal, um an der dortigen Musikschule Klavier zu unterrichten. Freudig erzählt er, wie schön es war, mit den Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. „Das Pädagogische“, fährt er fort, „war immer ein reizvoller Teil meiner Aufgabe.“ Später übernahm er an der Jugendmusikschule in Geislingen/Steige für drei Jahre einen Lehrauftrag für Klavier. So kam er nach dem Studium der Kirchenmusik in Esslingen, wo Orgel, Klavier und Dirigieren seine Hauptfächer waren, und dem Künstlerischen Abschluss im Fach Orgel in der musikalischen Hochburg Trossingen bestens präpariert nach Balingen.

Sein unglaublich starkes Interesse an allen Facetten der Musik erklärt, dass Wolfgang Ehni seine Ausbildung mit Meisterkursen ergänzte und sich zudem mit Popularmusik und elektronischer Komposition beschäftigte. „Ich wollte am Nabel der Zeit sein“, beschreibt er lächelnd, damals habe er eben viel neue Musik gemacht. „Und die Schnittstelle zwischen Technik und Kunst hat mich interessiert.“ So experimentierte er unter anderem mit einem Werk von Karlheinz Stockhausen, dem die berühmte Fibonacci-Folge zugrunde liegt, und setzte die Komposition am Computer fort.

Seit der Übernahme des Bezirkskantorats Balingen 1994 ist Wolfgang Ehni nun gut ausgelastet – könnte man meinen. Während er als hauptamtlicher Kirchenmusiker und Dirigent der Evangelischen Kantorei die Stadtkirche in Balingen mit Musik versorgt, ist er gleichzeitig für die Ausbildung des musikalischen Nachwuchses zuständig. Orgelunterricht, Musiktheorie, Gehörbildung, Kirchenmusikgeschichte, das „Gesamtpaket“ eben. Daneben leitet er mehrere Kinderchorgruppen und verschiedene Projektchöre. Unter Wolfgang Ehnis Dirigat kommen regelmäßig große Chor- und Orchesterwerke zur Aufführung, dabei ergänzt er seinen Wirkungskreis mit reger eigener Konzerttätigkeit. Wie er das alles unter einen Hut bringt? Mit raschen Worten erklärt er, dass er als Hauptamtlicher in der vorteilhaften Lage sei, seine Leidenschaften als Beruf ausüben zu können. Großen Respekt habe er vor den vielen nebenberuflich Tätigen, „die abends nach der Arbeit noch zum Taktstock greifen“.

Bemerkenswert ist im evangelischen Kirchenbezirk Balingen die Partnerschaft mit der polnisch-orthodoxen Diözese Lublin in Polen. Aus dem Gedanken der Ökumene heraus gründete Wolfgang Ehni einen Partnerschaftschor, der regelmäßig zusammenkommt und miteinander singt. Ehni erinnert sich, dass man früher noch zwanzig Stunden im Bus saß, um die Stadt an der Grenze zu Weißrussland zu erreichen. Damals war das „noch richtig Osten“. Und dass die Orthodoxen keine Instrumente verwendeten, beeindruckte ihn sehr. „Keine Geigen, keine Flöten, nichts war da, die sangen einfach.“ Und die Balinger sangen mit.

Wolfgang Ehni baut Brücken, musikalische. Und eins ist klar nach dem Gespräch: Er hat seinen Platz im Reich der Musik gefunden.