Kirchheim. Den Verein auflösen oder ein neues Tierheim bauen? Vor dieser Frage stand der Tierschutzverein Kirchheim, als ihm die Kündigung für seine Räume in der Boschstraße ins Haus flatterte. Seit Jahrzehnten ist das Tierheim dort auf dem Gelände des städtischen Betriebshofs untergebracht. Die Teilfläche, auf der sich Tierheim und Museumsmagazin befinden – und bis vor Kurzem auch das historische Wasserrad und die Stadtwerke – war aber schon in den Achtzigerjahren an die Firma Recaro verkauft worden. Jetzt hat das Unternehmen dem Verein wegen Eigenbedarf auf Ende des Jahres gekündigt. Auf dem Grundstück sollen Mitarbeiterparkplätze entstehen.
„Die Auflösung des Vereins wäre eine Katastrophe gewesen“, ist Brigitte Wurster, Zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins, überzeugt. Auch Rechnungsprüferin Kristl Denzin betont: „So schnell werfen wir die Flinte nicht ins Korn.“ Der Verein beschloss, ein neues Kleintierheim zu bauen. Blieb lediglich die Frage: wo?
Ausschau nach einer neuen Bleibe hält der Tierschutzverein schon lange. Ein geeignetes Plätzchen fand sich nie. „Als dann die Kündigung kam, ging die große Suche los“, erzählt die Erste Vorsitzende Gabriele Holder. Die Vorschläge der Stadt, auf der Hahnweide oder beim Sportheim Nabern zu bauen, kamen für den Verein nicht infrage: „Wir haben unter den Ehrenamtlichen auch viele junge Mädchen“, begründet die Vorsitzende. „Die fahren bei Nacht nicht mit dem Fahrrad so weit raus.“ Schließlich kamen die Siechenwiesen ins Spiel. „Der Kleintierzuchtverein hat sein Grundstück dort in Erbbaupacht von der Stadt bekommen und sich bereit erklärt, uns ein Stück abzutreten“, freut sich Gabriele Holder. Die Baugenehmigung liege vor. „Noch im April sollen die Bauarbeiten starten.“
Auf dem 2 000 Quadratmeter großen Grundstück wird ein geräumiges Tierheim für Katzen und Kleintiere entstehen. Vorgesehen sind vier Räume, die jeweils über ein eigenes Außengehege verfügen, eine Quarantäne- und eine Krankenstation. Außerdem gibt es ein Büro und ein Lager, eine Futterküche und Stellplätze. Einzelne Fundhunde können – wie bisher – für kurze Zeit untergebracht werden. Dafür gibt es ein extra Hundezimmer mit Auslauf. Mit dem Neubau wächst die Nutzfläche des Tierheims von 65 auf 130 Quadratmeter.
Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer hält die Lösung auf der Grünfläche in der Bohnau für gelungen: „Aufgrund der Gesetzeslage können wir ja nur Standorte außerhalb des besiedelten Bereichs anbieten“, gibt er zu bedenken. Die Nachbarschaft zwischen den beiden Vereinen könne aus seiner Sicht gut funktionieren.
Klar ist aber auch, dass hohe finanzielle Belastungen auf den Verein zukommen. „Die Baukosten belaufen sich auf 300 000 Euro“, sagt Gabriele Holder. Dazu komme die Innenausstattung. Und das ist nicht alles, was die Tierschützer an Mehrkosten schultern müssen. „Die bisherigen Räume hat uns die Stadt kostenlos überlassen“, so Holder. „Für das neue Gelände müssen wir eine Erbpacht zahlen.“ Das bestätigt Günter Riemer: „Das hat etwas mit Gleichbehandlung zu tun“, begründet er.
Die Finanzierung von Neubau und Betrieb stellt der Tierschutzverein auf mehrere Säulen. Zum einen greift er auf sein Vermögen zurück: „Wir haben Geld geerbt und sparsam gewirtschaftet“, sagt Kristl Denzin. Als zweite Finanzquelle seien Spenden aber dennoch bitter nötig: „Darauf sind wir angewiesen“, so Denzin.
Zuletzt möchte der Tierschutzverein die Kostenübernahme durch die Kommunen im Einzugsgebiet reformieren. „Im Moment rechnen wir noch Einzelfälle ab“, sagt Gabriele Holder. Das heißt, Städte und Gemeinden zahlen einen Betrag, wenn auf ihrer Gemarkung ein Tier gefunden wird. Das soll sich nun ändern. „Wir möchten Pro-Kopf-Pauschalen einführen.“ Das bedeutet, eine Gemeinde zahlt je nach ihrer Einwohnerzahl einen festen Betrag an den Verein. „Der Deutsche Tierschutzbund forciert das seit Jahren, um Planungssicherheit zu schaffen“, sagt Gabriele Holder. Außerdem seien die Kommunen für Fundtiere zuständig und müssten finanziell entsprechend einsteigen. „Wir sind jetzt mit einem Schreiben auf die Städte und Gemeinden zugegangen“, so Holder.
In einer Arbeitsgruppe mit Vertretern des Tierschutzvereins und der Kommunen wird nun über Leistungen und künftige Honorierungen diskutiert. Alles in allem hat Günter Riemer schon festgestellt: „Es herrscht eine Grundoffenheit für das Thema.“