Lokale Kultur

Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen . . .

Musikschule und Kooperationspartner LUG sichern sich mit der Musicalproduktion „Krach bei Bach“ einen großartigen Erfolg

Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle
Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle
Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle
Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle

Kirchheim. Minutenlang nicht enden wollender frenetischer Applaus war der vergleichsweise karge Lohn für monatelange Probearbeiten für die Aufführung des preisgekrönten Musicals „Krach bei Bach“. Von Rainer Bohm (Musik) und Gabriele Timm (Text) im Bachjahr 2000 konzipiert und in Leipzig uraufgeführt, wurde das sich mit dem Alltagsleben der berühmten Komponistenfamilie beschäftigende Musical in einem Wettbewerb des MDR mit der „Goldenen Bachtaste“ ausgezeichnet.

Vielfältige Motive aus dem Schaffen des berühmten Komponisten Johann Sebastian Bach werden dabei mit Rock-, Pop- und auch Rapmusik kombiniert, um ganz besonders das Interesse von Kindern und Jugendlichen für das keineswegs konfliktfreie Leben des viel beschäftigten Kantors, Klaviervirtuosen und Komponisten zu wecken.

Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle
Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle

Unter betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise bleibt bei der mit buchhalterischer Neutralität ermittelten Analyse von Aufwand und Ertrag einer an nur zwei Abenden in der Kirchheimer Stadthalle präsentierten und ein ganzes Jahr lang mit rund einhundert Beteiligten erarbeiteten Musicalproduktion ein nicht zu überbrückender Fehlbetrag zurück.

Durch die feuilletonistische Brille sieht die Bilanz eines mit so viel Idealismus und Engagement angepackten Projekts freilich ganz anders aus. Jeder Einzelne der unüberschaubaren Zahl engagierter Mitwirkenden auf, vor und hinter der Bühne hat schließlich einen maßgeblichen Beitrag für ein zu Recht für Furore sorgendes lokales Kultur-Spektakel gesorgt, das tatsächlich seinesgleichen sucht.

In Vergessenheit wird es jedenfalls nicht so schnell geraten – weder bei den vielen Besuchern, die sich von der Aufführung verwöhnen lassen konnten, noch von den Beteiligten, die sich über eine großartige Leistung des gesamten Ensembles freuen durften. Dass mit der gestrigen Aufführung alles schon wieder vorbei ist, hat auch eine gute Seite. Die Monotonie eines immer wieder zu reproduzierenden Erfolges wird damit den bunt zusammengemischten Akteuren erspart. Es bleibt die verdiente Begeisterung eines vergänglichen Erfolgserlebnisses, das viele nie vergessen werden und das sich für die meisten so oder ähnlich aber auch nie mehr wiederholen wird.

Da man nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernt, haben Musikschule und der Kooperationspartner Ludwig-Uhland-Gymnasium ihren Eleven mit dem kurzweiligen Komponistenmusical „Krach bei Bach“ zweifellos ein sehr schönes persönliches Erfolgserlebnis mit auf ihren künftigen Lebensweg gegeben.

Immer wenn es Krach gibt, können sie sich künftig damit trösten, dass sich ein Genie wie Bach dadurch nie beirren ließ und seinen Weg so konsequent verfolgte und so maßlos produktiv komponierte, dass der wohlwollende „Vorwurf“, er sollte eigentlich nicht („nur“) Bach, sondern („mindestens“) Meer heißen, durchaus gerechtfertigt scheint.

Von einer Laienaufführung zu reden, verbietet sich geradezu beim Rückblick auf des unglaublich vielfältige und höchst professionell dargebotene Bühnengeschehen, das sich vor einem ungemein gelungenen – und natürlich im Kunstunterricht entstandenen – Bühnenbild abspielt. Mit immer passendem Licht gut in Szene gesetzt, wurden die in stimmige Kostüme gepackten und stets gleich im Dutzend auftretenden Akteure so gut ausgesteuert und verstärkt, dass die Musik des angebeteten Meisters immer über allem steht und – selbst mit Rock-‘n‘-Roll-, Pop- und Rap-Klängen kombiniert – ihre uneingeschränkte Überzeitlichkeit unter Beweis stellen kann.

Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle
Musicalpremiere "Krach bei Bach" der Musikschule Kirchheim, Aufführung in der Stadthalle

Dass Bach trotz allem ihn belastenden „Stress“ zuweilen sehr eindrucksvoll musikalisch-harmonisch mit seiner „Patchworkfamilie“ interagieren und trotz der gegen ihn intrigierenden „Betonköpfe“ immer wieder musikalische Meisterwerke in die Welt schicken konnte, die nie verblassen werden, ist die begeisternde Botschaft dieses Musicals.

Die gefällige Inszenierung schafft es immer wieder, die musikalische Qualität Bachs unkommentiert für sich sprechen zu lassen. Statt auf einen Sockel, wird er einfach nur auf den Tisch gestellt und auch von seinen kompositorischen Nachfahren uneingeschränkt gewürdigt.

Regisseurin Andrea Wahl, ehemalige Stipendiatin der Internationalen Bachakademie Stuttgart und der für die musikalische Gesamtleitung verantwortlich zeichnende Musikschulleiter Urs Läpple hatten das Glück, Walter Pech an ihrer Seite zu wissen, der schon seit Jahren die erfolgreiche Kooperation von Musikschule und Ludwig-Uhland-Gymnasium trägt. Entscheidend zum Erfolg trug auch der musicalerfahrene Bertram Schattel bei, der sich vorwiegend um das Coaching der Männerstimmen kümmerte.

Dass in dem stets kontrollierten Durcheinander von „Betonköpfen“ und „Curly Girls“, uniformierten Thomanern sowie Projektchor auf und Projektorchester vor der Bühne nicht nur niemand verloren ging, sondern immer alle ins rechte Licht gerückt und in ihrer Musikalität auch durch passende Tonübertragung unterstützt wurden, war nicht zuletzt auch eine choreografische Meisterleistung, die lange nachklingen wird und die Messlatte für mögliche „Nachfolgetäter“ ungemein hoch aufgelegt hat.