Kirchheim

„Nur schimpfen reicht nicht“

Wahl Die FDP-Kandidaten im Landkreis Esslingen haben sich online vorgestellt, darunter der Kirchheimer Ralph Kittl.

Kirchheim. All zu lange sind die drei FDP-Landtagskandidaten im Landkreis Esslingen noch gar nicht in der Partei: Ralph Kittl aus dem Wahlkreis Kirchheim trat 2018 ein, Dennis Birnstock aus dem Wahlkreis Nürtingen im Jahr 2013, Ferdinand Kiesel aus dem Wahlkreis Esslingen sogar erst 2019.

Politisch engagiert war der 44-jährige Ralph Kittl, Vater von zwei Kindern, schon immer. Zur FDP kam er während der Kommunalwahl. „Ich habe gesehen, wie Politik sich immer mehr vom Bürger entfernt. Nur schimpfen reicht nicht. Ich will für meine Kinder eine bessere Zukunft gestalten“, sagt er. Ralph Kittl hat Bankkaufmann gelernt, arbeitet aber nun als Warenausgangsleiter in einem metallverarbeitenden Betrieb in Nürtingen. In seinem 14-köpfigen Team hatte er zur gleichen Zeit Mitarbeiter aus bis zu neun Nationen.

Zu seinen Zielen gehört ein Ausbau der Infrastruktur, sowohl bei Straße und Schiene als auch digital. Für den Verbrennungsmotor sieht er noch eine Zukunft: „Wir wollen ihn so sauber machen, dass wir ihn die nächsten Jahren noch nutzen können.“ Die Verkehrswende solle technologieoffen sein, sich nicht auf die E-Mobilität festlegen. „Die Politik soll nicht diktieren, was die Ingenieure entwickeln sollen“, sagte Ralph Kittl.

Einst ging es der FDP um die bürgerlichen Freiheiten, heute eher nur noch um die Freiheit der Wirtschaft. Wie steht Ralph Kittl dazu? „Es ist eine unserer Grundforderungen, die Freiheit des Bürgers zu verteidigen, ich versuche das in seiner Gesamtheit zu verstehen.“ Corona habe die Schwächen unseres Staates offengelegt. „Wir müssen das so zügig wie möglich in eine geordnete Bahn lenken, zu einem einigermaßen normalen Leben zurück.“ Dafür fehle es aber am wirksamen Schutz der Risikogruppen: Tübingen habe im Grunde die FDP-Forderungen umgesetzt und das funktioniere. Die anderen teilten die Kritik: Nicht nur die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten dürften entscheiden, die Regierung müsse ihr Tun gegenüber den Abgeordneten und damit den Bürgern begründen, betonte Ferdinand Kiesel.

Wie sollen die Kosten der Krise finanziert werden? „Es gibt unheimlich viele Verlierer“, sagte Ralph Kittl und ist „gegen eine Neiddebatte“. Bei den Unternehmen differenziert er aber: Manchen sei zu helfen, wenn sie den Verlust von 2020 steuerlich mit ihrem Gewinn von 2019 verrechnen könnten. Ralph Kittl will aber „Krisengewinner wie Amazon, Starbucks und Facebook“ an den Kos­ten beteiligen. Konzerne mit Horden von Anwälten zwecks Steuervermeidung seien ein allgemeines Problem, nicht erst seit Corona.

„Wir müssen so schnell wie möglich zum Präsenzunterricht kommen“, fordert er zum Thema Bildung. Die Schulen bräuchten Luftfilter, mehr Platz, mehr Lehrer und Schulungen: „Man kann nicht einfach Kindern aus einer bildungsfernen Schicht und Lehrern ein Tablet in die Hand drücken.“ Den Versuch, in der Gemeinschaftsschule alle unter einen Hut zu bringen, sieht er als gescheitert an. Er will in der vierten Klasse zur verbindlichen Schulempfehlung zurück.Peter Dietrich