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Perspektiven für legale Trails

Konflikt Illegale Mountainbike-Trails in den Wäldern des Landkreises bereiten den Förstern Sorgen. Ziel ist es, attraktive Strecken für Radsportler zu schaffen, die keinem schaden. Von Bianca Lütz-Holoch

Wald illegaler Trail Förster
Wald illegaler Trail Förster

Ein dichtes Blätterdach, bemooste Stämme und ein Trampelpfad: Von oben wirkt die steile Hangpassage im Weilheimer Wald wie ein Stück kaum berührte Natur. „Der größte Teil ist hier Privatwald“, sagt Cordula Samuleit, Leiterin des Kreisforstamts Esslingen. Dass der Eindruck unberührter Natur täuscht, wird aber schon nach wenigen Metern klar: Ein ganzes Delta an schmalen Pfaden eröffnet sich, führt zu stabilen Rampen aus Holz und Lehm und zu fulminanten Natur-Sprüngen. Hier haben sich ambitionierte Mountainbiker einen Trail gebaut. Der Haken: Er ist illegal angelegt worden.

Ein Einzelfall ist der Trail in Weilheim nicht. Immer mehr Menschen, die dem Trendsport Mountainbiken frönen, nutzen Wege, die für sie eigentlich tabu sind, bauen Hindernisse und legen Trails an. „In Baden-Württemberg gilt die Zwei-Meter-Regel“, sagt Dr. Johannes Fischbach, stellvertretender Forstamtsleiter. Das heißt: Fahrradfahrer dürfen im Wald nur Wege nutzen, die breiter als zwei Meter sind - es sei denn, sie sind offiziell als Radstrecken ausgewiesen. Auch Hindernisse aufzubauen, ist verboten. „Sie können zu einer Gefahr für andere werden“, betont Cordula Samuleit.

Eine Bedrohung stellen die willkürlich angelegten Bike-Strecken auch für den Wald selbst dar, wie die Leiter des Kreisforstamts zeigen. Wurzeln liegen frei, an einem Baum, der am Trail steht, blättert die Rinde ab: „Der Baum hat Stress“, sagt Cordula Samuleit. Durch die intensive Belastung verändert sich der Wald. „Normalerweise sind die Wege zwei oder zweieinhalb Meter breit“, weiß die Forstamtsleiterin: „Dieses Delta hat schon eine Breite von gut zehn Metern.“ Die Folge: Das Ökosystem verändert sich. Geschützte Pflanzen werden zerstört, Tiere verlieren ihren Lebensraum und der Bodenerosion wird Tür und Tor geöffnet. Vergangenes Jahr wurde bereits ein illegaler Trail im Talwald zwischen Kirchheim und Nürtingen zurückgebaut.

Schnelle Lösungen gibt es nicht

Dass der Bedarf an Offroad-Strecken da ist, wissen die Förster. „Im Großraum Stuttgart gibt es rund 70 000 Mountainbiker. Sie schaffen Fakten“, sagt Johannes Fischbach. „Wir haben auch gar nichts gegen Mountainbiken im Wald“, betont Cordula Samuleit. Mit einer Einschränkung: Es darf den Interessen anderer Nutzer, etwa Wanderern, und denen der Natur nicht entgegenstehen. „Deshalb suchen wir Wege, wie wir den Wald für Mountainbiker attraktiv halten können, ohne dass andere darunter leiden.“ Patentrezepte und schnelle Lösungen gibt es nicht. „Die Konflikte lassen sich nur per Kommunikation lösen“, ist Johannes Fischbach überzeugt. 

Denn bei jedem einzelnen potenziellen Trail gibt es eine Vielzahl an Interessen, die berücksichtigt werden müssen. Beispiel Weilheim: Der illegale Trail verläuft auf sieben Privatwaldparzellen mit sieben Besitzern. Unten mündet er in einem städtischen Waldgebiet.

„Soll ein legaler Trail ausgewiesen werden, müssen die Waldbesitzer die Initiative mittragen“, sagt Johannes Fischbach. Eine weitere wichtige Gruppe sind die Jäger. Auch Wanderer und Spaziergänger dürfen nicht leiden. Nicht zuletzt muss es einen Initiator geben. „In der Regel ist das ein Verein“, so Fischbach.

Doch selbst wenn sich die Parteien einig sind, bleibt ein großes Fragezeichen: der Naturschutz. „Es braucht ein Gutachten, das belegt, dass die Strecke verträglich mit den Zielen des Naturschutzes ist“, betont Johannes Fischbach. Das ist im Kreis Esslingen eine besondere Herausforderung: „Viele Flächen befinden sich in Schutzgebieten.“

Weilheim schließt Trail nicht aus

Dass es dennoch gelingen kann, legale Trails auszuweisen, zeigen drei Beispiele im Kreis. Die „EsNos“ am Esslinger Jägerhaus besteht schon seit mehreren Jahren und wird vom TV Hegensberg betreut. In diesem Jahr eröffnet wurde zudem ein Trail in Neckartenzlingen, für den der TSV Neckartenzlingen die Verantwortung trägt. Ganz neu ist der Trail des Naturfreundehauses in Lichtenwald. Weitere Strecken befinden sich im Genehmigungsverfahren.

In Weilheim wird nun der Teil der Strecke, die auf städtischem Gebiet liegt, abgebaut. Dass es künftig einen legalen Trail in Weilheim geben könnte, schließen weder Förster noch Kommune aus. „Die Stadt ist jederzeit offen für Initiativen des Sports“, sagt Weilheims Pressesprecherin Stefanie Halmel. Voraussetzung sei, dass sich ein Verein bereit erklärt, die Rolle des Trägers zu übernehmen. „Außerdem müssen sons­tige Waldnutzer und Fachämter am Genehmigungsprozess beteiligt werden, um eine gemeinsame Lösung zu finden“, so Halmel.

Wald illegaler Trail Förster
Wald illegaler Trail Förster
Cordula Samuleit zeigt, wie auf dem illegalen Trail in Weilheim ein schnaler Pfad zu breiten Wege-Delta geworden ist.Foto: Carst
Cordula Samuleit zeigt, wie auf dem illegalen Trail in Weilheim ein schnaler Pfad zu breiten Wege-Delta geworden ist.Foto: Carsten Riedl
Cordula Samuleit und Johannes Fischbach zeigen einen Sprung auf dem illegalen Trail in Weilheim. Er ­befindet sich auf städtisch
Cordula Samuleit und Johannes Fischbach zeigen einen Sprung auf dem illegalen Trail in Weilheim. Er ­befindet sich auf städtischem Gebiet und wird abgebaut.Foto: Carsten Riedl

Trail im Talwald: In Kirchheim und Nürtingen laufen die Gespräche

Einen illegalen Trail im Talwald zwischen Reudern und den Bürgerseen haben das Kreisforstamt und die Stadtverwaltung Kirchheim im Sommer vergangenen Jahres abgesperrt und abgebaut. Dort waren abseits der Wege immer mehr Querfeldein-Schneisen und Sprungschanzen aufgetaucht. Der Talwald ist als Flora-Fauna-Habitat ausgewiesen und Teil eines europaweiten Schutz­gebietsnetzes, das dem Erhalt wildlebender Pflanzen- und Tierarten dient. 

Die Städte Kirchheim und Nürtingen haben daraufhin gemeinsam mit einem Planungsbüro einen Prozess angestoßen, um einen legalen Trail auszuweisen. Ziel ist es, genehmigungsfähige und naturverträgliche Mountainbike-Strecken zu eröffnen, die von allen Beteiligten akzeptiert werden.

An einer Online-Diskus­sionsrunde im März haben sich mehr als 50 Interessenten aus den Reihen engagierter ­Mountainbiker, der Jagdpächter, von Stadt-, Landkreis- und Forstverwaltung sowie des Schwäbischen Albvereins beteiligt. Sie legten ihre Vorstellungen dar und machten Vorschläge. Aus Haftungsgründen soll es keine zusätzlichen Bauten wie Schanzen geben.

In einem nächsten Schritt sollen mit Vertretern der Forstbehörden und des Naturschutzes Flächen im Talwald identifiziert werden, die infrage kommen. Dann gibt es einen weiteren Workshop, in dem mögliche Trails ausgearbeitet werden, um eine grobe Kostenschätzung zu ermöglichen. Die Pläne dienen als Grundlage für die Diskussion in den Gemeinderäten der Kommunen. pm/bil