Kirchheim

Die Kirche soll neue Wege gehen

Vorstellung Zehn Kandidaten wollen den Kirchenbezirk Kirchheim-Nürtingen künftig in der Landessynode der Evan­gelischen Kirche vertreten. Im Gemeindehaus Ötlingen stellten sie sich vor. Von Thomas Krytzner

Zehn Kandidaten im Gemeindehaus
Die zehn Kandidaten stellten sich im Gemeindehaus Ötlingen vor. Foto: Thomas Krytzner

Bei der evangelischen Landeskirche sollen alte Zöpfe abgeschnitten werden. Fast einhellig fordern die zehn Kandidaten für die Wahl zur Landessynode, dass die Kirche neue Wege geht, um gegen den Fachkräftemängel in der diakonischen Pflege anzukämpfen. Ebenso soll die Armut im Lande bewusster wahrgenommen werden.

Am 1. Dezember dieses Jahres sind evangelische Christen zur Kirchenwahl aufgerufen. Im Kirchheimer Stadtteil Ötlingen nutzten rund 100 Interessierte die Kandidatenvorstellung, um die möglichen zehn Vertreter in der Landessynode kennenzulernen. Reinhard Eberst von der Diakonischen Bezirksstelle Kirchheim stellte bei der Präsentation der Laien und Theologen die Verbindung zwischen Kirche und Diakonie in den Mittelpunkt: „Diakonie ist kirchlich, und Kirche ist diakonisch“. In allen Landkreisen werde der diakonische Grunddienst durch die Kirchensteuer finanziert.

Damit lieferte der Moderator den Wahlkandidaten die Möglichkeit, sich unter anderem zum Thema Fachkräftemangel in der diakonischen Pflege zu äußern. Für den Vertreter der „Kirche von morgen“, Florian Maier, steht fest: „Es ist eine falsche Vorstellung, dass nur jemand, der Mitglied einer Kirche ist, gute Diakoniepflege leisten kann.“ Der Diakon aus Nufringen will Fragen nach Religion aus dem Arbeitsvertrag streichen.

Unterstützung bekam Florian Maier von Pfarrer Nicolai Opifanti aus Stuttgart, der sich ebenfalls zur Wahl stellt: „Nächstenliebe soll eine Theologie der Freude und nicht der Angst sein.“

Bärbel Greiler-Unrath, Diakonin aus Frickenhausen tritt für die „offene Kirche“ ein. Sie stellte in der Vorstellungsrunde fest: „Es gibt zu wenig Fachkräfte in der Pflege.“ In der Freiheit der Religionszugehörigkeit sieht die Kandidatin enormes Potential. Pfarrer Alexander Stölzle will die Pforten der evangelischen Kirche öffnen und fordert, dass auch Mitarbeiter anderer Kulturen in der Diakonie angestellt werden können.

Kirche als Vermieter

Zur Wahl am 1. Dezember steht auch Dieter Schenk, Geschäftsführer aus Wolfschlugen. Er will die Kirche vor Ort stärken und eine lebendige Gemeinde schaffen. Er beklagte die Unterschiede bei der Lohngestaltung der Arbeits- märkte: „Wer mit Stahl arbeitet, verdient gutes Geld. In der Pflege, wo mit Menschen gearbeitet wird, sieht es ganz anders aus.“

Etwas zurückhaltender bei der Öffnung der Kirche zeigte sich Markus Münzenmayer, Verwaltungsangestellter aus Kirchheim: „Kirche und Diakonie sollten nicht zu sehr verweltlicht werden.“ Die Kandidaten waren sich nahezu einig, dass die Haltung der evangelischen Kirche, Mitarbeiter nach Religionszugehörigkeit einzustellen, kaum noch tragbar sei. Dies sei in vielen Stellen der Kirche unmöglich, diskriminierend und schließe Menschen aus. Um der anhaltenden Wohnungsnot Einhalt zu gebieten, steht die Forderung im Raum, dass die Kirche ihre eigenen freien Immobilien vermietet oder verkauft. Der Weilheimer Pfarrer Matthias Hennig fordert hierbei mehr Selbstkritik bei der Wahrnehmung: „Die Kirche ist Teil der gespaltenen Gesellschaft. Die Armut ist da, und wir müssen sie wahrnehmen.“ Alexander Stölzle, Theologe aus Stuttgart, fordert: „Die Kirchengemeinde soll Immobilien der Diakonie überlassen.“ Beim Flüchtlingsthema setzen die Wahlkandidaten auf Strukturen und Begegnung.

Bärbel Greiler-Unrath dazu: „Anderer Glaube und andere Kulturen rufen Vorurteile und Berührungsängste auf den Plan.“ Bei ihrer kirchlichen Mitarbeit machte sie die Erfahrung, dass es kaum Probleme gab, wenn Geflüchtete christlicher Gesinnung sind, „ansonsten wird es mühsam.“ Für Alexander Stölzle steht fest: „Die Fluchtursachen können mit einer besseren Ökonomie bekämpft werden - etwa mit dem Bau von Brunnen und der Schaffung von Strukturen.“

Sie stellen sich am 1. Dezember zur Wahl für die Landessynode

Für die „Kirche für morgen“: Florian Maier, Diakon, Nufringen und Nicolai Opifanti, Pfarrer, Stuttgart. Für die „offene Kirche“: Bärbel Greiler-Unrath, Diakonin, Frickenhausen und Alexander Stölzle, Pfarrer, Stutt-gart. Für „Evangelium und Kirche“: Renate Schweikle, Sozialpädagogin, Kirchheim und Matthias Hennig, Pfarrer, Weilheim. Für „Lebendige Gemeinde - Wir stärken die Kirche vor Ort“: Cornelia Aldinger, Hausfrau, Notzingen, Dieter Schenk, Geschäftsführer. Wolfschlugen und Gunther Seibold, Pfarrer, Neuffen. Für die Jugend, Singles und Familien: Markus Münzenmayer, Verwaltungsangestellter, Kirchheim. kry