Kirchheim

Politik und Party

Jubiläum Kirchheimer Junge Union feiert 60 Jahre Stadtverband. In der Naberner Zehntscheuer stieg ein „Familienfest“ mit Mitgliedern und Ehemaligen, wie dem früheren Bundestagsabgeordneten und langjährigen Kirchheimer Stadtrat Elmar Müller. Von Andrea Barner

Politik und Party
Politik und Party

Die Gründung des Junge Union-Stadtverbandes im Jahr 1956 ist durch einen Teckboten-Artikel belegt, die weiteren Aktivitäten der kleinen Gruppe liegen ein wenig im Nebel verborgen. Bekannt ist, dass es neun junge Männer sind, die sich „mit den Fragen des öffentlichen Lebens“ beschäftigen wollen, um ihre politische Meinung zu untermauern. Im Café Sigel am Rossmarkt setzen sie am 12. Juni 1956 ihre Unterschriften unter die Aufnahmeanträge der CDU-Jugendorganisation. Sie wählen Gerhard Spieth zum ersten Vorsitzenden und Arnold Keller sowie Georg Friedrich Weinmann in den weiteren Vorstand.

Die späten 50er Jahre waren, so der heutige JU-Vorsitzende Sebastian Schulze, stark ideologisch vom Ost-West-Konflikt geprägt. „Begegnung mit dem Titoismus“ oder „Braucht der Westen eine Ideologie“ waren Themen, die den damaligen Ortsverband in einigen wenigen hochkarätigen Vorträgen beschäftigen. Die Mitglieder wollen inmitten des Kalten Kriegs vor allem Zeichen setzen und sich klar zur Bindung an den freien Westen bekennen. Dabei kommen ihnen gelegentlich die Bundeswehr oder das Studium dazwischen. „Das erleben wir heute auch immer wieder“ sagt Schulze, „die führenden Köpfe gehen weg zum Studieren. Und dann schläft die Sache wieder mal ein Stück weit ein.“

1967 kommt frischer Wind ins Spiel. Im Weissen Ochsen scharen sich einige politisch Interessierte zunächst um den neuen Vorsitzenden Friedrich Heinze, der zum zweiten Mal gegründete Ortsverband nimmt Fahrt auf. 1968 wird der 26jährige Elmar Müller aktiv. Die Politik in Deutschland ist damals geprägt von Studentenunruhen, RAF, Revolte gegen das Establishment, Machtwechsel in Bonn. Elmar Müller führt die CDU-Jugend in die Kommunalpolitikund wird Mitte der Siebzigerjahre wird er in den Kirchheimer Stadtrat gewählt.

Die Junge Union in Kirchheim erlebt eine Hochphase: über 100 Mitglieder zählt die Organisation. Sie sind maßgeblich beteiligt an der Einrichtung eines Jugendhauses, zunächst im Keller des Vogthauses, später in der „Linde“. Die JU selbst zieht ins alte Teckboten-Gebäude ein, es gibt Zeltlager und andere Vergnügungen. Später beschäftigt sich der Ortsverband mit Frauenthemen, mit Umweltschutz und Scientology. „Mitmachen statt motzen“ betiteln sie ihre ersten Gehversuche im Internet.

Das Ziel, den ehrwürdigen Gemeinderat mit Jüngeren aufzumischen, gelingt. Natürlich nicht durch die Junge Union allein, an diesem Prozess sind viele Gruppierungen beteiligt. Elmar Müller, Karl Zimmermann, Dirk Ommeln, Dr. Thilo Rose und Natalie Pfau-Weller: Sie alle und noch einige mehr entwuchsen der Jungen Union in Kirchheim.

Für seine Recherchen hat Sebastian Schulze vor allem im Teckboten-Archiv gewühlt. Auch in den Akten von Elmar Müller ist er fündig geworden. So kamen insgesamt 2,5 Kilogramm an alten Dokumenten für eine kleine Chronik zusammen. Der 60. „Geburtstag“ des Stadtverbandes ist ein schöner Anlass, Vergangenheit und Gegenwart zusammen zu bringen. Ganz im Stil einer großen Familie, mit vielen anerkennenden Worten und Rückblicken natürlich. Um dann hinterher eine zünftige Party bis morgens früh um vier zu feiern und die Politik mal für ein paar Stunden beiseite zu lassen.

Politik und Party
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Drei Fragen an Elmar Müller

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1 Was war das damals, Ende der 60er Jahre, politisch für eine Zeit?

Es war eine Zeit heftigster Auseinandersetzungen. Durch den Kirchheimer Rechtsanwalt Klaus Croissant war die Stadt indirekt am RAF-Geschehen beteiligt. Er war Verteidiger von Andreas Baader. Die NPD war im Kommen, 1972 hatten wir mit der hiesigen NPD-Organisation großen Ärger beim Aufhängen von Wahlplakaten. Und: die CDU in Bonn erlitt eine schlimme Wahlniederlage.

2 Sie sind in Wernau aufgewachsen. Wie sind Sie zur Jungen Union gekommen?

Friedrich Heinze war damals der Ortsvorsitzende. Mich haben sie zu seinem Nachfolger gewählt. 40 Mitglieder hatten wir damals. Kommunalpolitisch hat sich hier einiges getan.

3 Sie zogen 1975 als jüngster Stadtrat für die JU in den Gemeinderat ein. Was haben Sie bewirkt?

Zum Beispiel war es hauptsächlich das Verdienst der Jungen Union, hier das erste Jugendhaus durchzusetzen. Nach langem Kampf konnte es vom Vogthaus in die Linde umziehen. Ich war damals Vorsitzender des Stadtjugendrings. Wir waren froh, dass die CDU sich allmählich verjüngte und dass wir den alten „Stadtadel“ im Gemeinderat knacken konnten. aba