Kirchheim

Reden, zuhören und einfach mal weinen

Hilfe Der Kinderhospizdienst bietet ein „Lebens­- café“ an. Es steht Familien offen, die mit einer schweren Erkrankung oder dem Tod eines Kindes konfrontiert sind. Von Peter Dietrich

Sie helfen und unterstützen die Trauernden im Kirchheimer Lebenscafé: Die beiden Leiterinnen Andrea Hobelsberger (links) und Ing
Sie helfen und unterstützen die Trauernden im Kirchheimer Lebenscafé: Die beiden Leiterinnen Andrea Hobelsberger (links) und Ingrid Noizet sowie Diakon Rainer Wagner. Fotos: Carsten Riedl/Peter Dietrich

Zum ersten Treffen kamen drei Männer, doch das kann beim nächsten Mal schon wieder ganz anders aussehen. Denn wie das neue „Lebenscafé“ abläuft, das wissen Andrea Hobelsberger und Ingrid Noizet im Voraus nie. Das Angebot des Häuslichen Kinder- und Jugend-Hospizdiensts für Trauernde, das die beiden ehrenamtlich leiten, gab es von 2014 bis 2017 schon einmal. Damals waren mal ganz wenige und dann wieder ein ganzes Dutzend Besucher da. „Jeder trauert eben anders“, sagt Ingrid Noizet. „Manchmal wollen die Leute nur zuhören, denn keiner muss etwas sagen. Manchmal bricht etwas heraus. Andere hingegen erzählen sehr viel.“

Manchmal fließen Tränen, aber es darf auch gelacht werden. „Wir haben festgestellt, dass es auch für die Eltern etwas braucht“, sagt Diakon Rainer Wagner. Er berichtet von Anfragen von Kliniken, wenn Eltern ihr Kind nach wenigen Tagen verlieren oder wenn es zu einer Fehlgeburt kam. Entstanden war das erste Café als zeitliches Parallelangebot zur Trauergruppe für Kinder und Jugendliche. Die Eltern standen ohnehin zusammen und waren froh, andere mit ähnlichem Schicksal kennenzulernen.

Für beide Angebote ist der Kinderhospizdienst zu Gast in der Kirchheimer Alleenschule - einmal in der Cafeteria und einmal in den Räumen der Ganztagsbetreuung. Es gibt Kaffee und Kuchen, gebacken von den beiden Leiterinnen, und nach einem kurzen Impuls genügend Zeit zum ausgiebigen Gespräch. Das dreht sich manchmal um ganz praktische Fragen: „Wo habt ihr euren Grabstein her? Wie ist das mit der Witwenrente? Wo bekomme ich finanzielle Unterstützung?“ Doch es kann auch darum gehen, ob ein Kind trotz aller familiären Belastungen noch genügend Liebe bekommt. „Was beim Lebenscafé besprochen wird, bleibt auch dort“, betont Andrea Hobelsberger.

Clowns bringen etwas Freude

Während das erste Lebenscafé nur für Familien gedacht war, die vom Häuslichen Kinder- und Jugend-Hospizdienst begleitet wurden, steht es nach dem Neustart sämtlichen Familien offen, bei denen Kinder von einer schweren Erkrankung betroffen oder gestorben sind. Ingrid Noizet ist nun schon seit zwölf Jahren beim Kinderhospizdienst. „Ich wollte ehrenamtlich etwas tun und ging zum Infoabend. Ich wusste nicht, ob ich das kann oder nicht.“ Auch Andrea Hobelsberger ist die Nähe und das Vertrauen zu anderen im Café wichtig: „Es sind schließlich Menschen, die in Notsituationen stehen. Ich will ihnen beistehen. Man muss einiges aushalten können, aber man bekommt auch etwas zurück.“

Koordiniert wird das Lebenscafé von Anja Ott, sie ist als Honorarkraft angestellt. Der gesamte Häusliche Kinder- und Jugend-Hospizdienst wird von Miriam Wanisch und Diakon Rainer Wagner geleitet. Sie teilen sich eine 90-Prozent-Stelle. Der Kinderhospizdienst - er ist das einzige derartige Angebot im Kreis - ist im ganzen Landkreis Esslingen tätig. Insgesamt sind 30 Ehrenamtliche im Einsatz.

Die Idee hatte vor 20 Jahren Diakon Georg Hug von der katholischen Gesamtkirchengemeinde Kirchheim. Er suchte einen Mitstreiter und fand Bernhard Bayer von den Maltesern. „Es gab schon Streit darüber, ob es in Kirchheim oder Berlin den ersten ambulanten Kinderhospizdienst in Deutschland gab“, sagt Rainer Wagner. „Wir haben uns auf ein ‚gleichzeitig‘ verständigt.“ Derzeit begleitet der Kinderhospizdienst mehr Familien, in denen ein Erwachsener schwer erkrankt ist, als Familien mit schwer erkrankten Kindern. Für die Familien ist die Begleitung kostenlos. Finanziert wird sie durch die Gesamtkirchengemeinde, die Malteser, Spenden und einen Zuschuss der Krankenkassen.

Besonders beliebte Mitarbeiter des Kinderhospizdienstes sind die Clowns: Behutsam, humorvoll, mit therapeutischem Hintergrund und immer zu zweit bringen sie etwas Freude in schwierige Situationen.

5 Das nächste Lebenscafé beginnt am Samstag, 16. März, um 14.15 Uhr. Weitere Infos gibt es unter 0 70 21/9 21 41 48