Aus den Vereinen

Rollstühle und Rollatoren überbracht

DRK im Kreisverband Nürtingen-Kirchheim organisierte Hilfsmitteltransport nach Kroatien

Das Deutsche Rote Kreuz im Kreisverband Nürtingen/Kirchheim hat zum Jahreswechsel einen außergewöhnlichen Hilfsmitteltransport nach Kroatien organisiert: Hilfsmittel wie Rollatoren oder Krücken sind in Kroatien Mangelware.

Drei Rollstühle, 18 Rollatoren und 35 Gehilfen gingen an ein Altersheim in Kroatien.Foto: Ines Baur
Drei Rollstühle, 18 Rollatoren und 35 Gehilfen gingen an ein Altersheim in Kroatien.Foto: Ines Baur

Kuterevo/Kirchheim. Medizinische Hilfsmittel wie Rollstühle, Rollatoren oder Krücken sind in Kroatien noch immer eine Rarität. Die Krankenkasse bewilligt nur restriktiv, Sozialhilfeempfänger gehen sowieso leer aus. „Die einzige Chance sind Beziehungen“, sagt Maria Piršljin, die lange Jahre als Rotkreuzkrankenschwester in Deutschland gearbeitet hat und mittlerweile in ihren Geburtsort Kuterevo zurückgekehrt ist.

Kuterevo ist nicht nur im Velebitgebirge als das Bärendorf schlechthin bekannt. Verwaiste kleine Braunbären werden aufgepäppelt und verbringen den Rest ihres Lebens mitten in dem kleinen Gebirgsort. Die neun Bären sind Botschafter für die etwa 1 000 wild lebenden Bären in Kroatien, sagt Ivan Crnkovi-Pavenka, Leiter des Refugiums. „Über sie kommen wir ins Gespräch mit Besuchern und vielen Schulklassen und können so unsere Ziele vermitteln: Das Zusammenleben von Mensch und Wildtier ist möglich, wenn der Natur genügend Raum gelassen wird.“

Das Jugendrotkreuz im Kreisverband Nürtingen-Kirchheim führt seit dem Jahr 2007 Workcamps in der Auffangstation für Braunbären durch, die nur mit ehrenamtlichen Helfern funktioniert, denn es gibt keine staatlichen Zuschüsse. Der Jugendreferentin Ines Baur sind in den vergangenen Jahren nicht nur die internationalen Begegnungen mit Volontären aus aller Welt für ihre Jugendrotkreuzler wichtig geworden, sondern auch die Nöte der Bevölkerung.

„Die Lebenshaltungskosten in Kroatien sind vergleichbar mit Deutschland“, erzählt sie. „Ich habe einige ältere Frauen kennengelernt, die wegen ihrer Kinder nur kurze Zeit versicherungspflichtig gearbeitet haben. Oft sind dann noch die Ehemänner im Bürgerkrieg gefallen.“ Den Frauen bleibe im Durchschnitt eine Rente von 100 Euro. „Sie leben allein von dem, was ihr Garten hergibt.“ Wenn jedoch Bären oder Wildschweine das Gemüse klauen, sehe es schlecht aus. Trotzdem werde man auch als Ausländer selbstverständlich bewirtet, „sodass es mir immer peinlich ist, den Kaffee oder die Kekse anzunehmen, die im Laden gekauft werden müssen“.

Aufgrund von Hygieneregelungen würden die Krankenkassen in Deutschland zum Beispiel benutzte Krücken nicht mehr zurücknehmen. Aufmerksame Mitbürger geben sie jedoch regelmäßig beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) ab, sodass die DRK-Mitarbeiter Ines Baur und der Leiter des Familienzentrums, Hans-Dieter Gehring, auf die Idee kamen, den vermeintlichen Müll bedürftigen Menschen zukommen zu lassen.

Frank Röhm von der AOK-Bezirksdirektion Neckar-Fils ließ sich sofort für diese Idee begeistern und stellte einen Rollstuhl zur Verfügung. Die DRK-Bereitschaft Kirchheim steuerte ausgemusterte Verletztentragen bei. Stefan Wiedemann, Leiter des DRK-Seniorenzentrums Neckarhausen, war froh, etliche herrenlose Rollatoren neuen Besitzern zukommen zu lassen. Und Martin Evers konnte die vom Körperbehindertenverein Stuttgart gespendeten Rollstühle sogar persönlich überbringen.

Nicht alle 96 Bewohner des Altenheims in der Kreisstadt Otoćac waren aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation dazu in der Lage, die Übergabe mitzuerleben. Doch immerhin 40 Senioren genossen zwei Stunden, die bestimmt noch lange für Gesprächsstoff sorgen werden. Junge Menschen aus Litauen, den Kanaren, Frankreich, Italien und Deutschland reichten alten Menschen aus Kroatien die Hand und durften ein wenig ihrer Lebensweisheit und -erfahrung sowie ihrer Gelassenheit spüren. Als besonderen Gruß erhielt jeder Bewohner eine Glückwunschkarte zum neuen Jahr in kroatisch sowie in der Landessprache der Besucher.

„Am Anfang war die Situation völlig angespannt. Keiner wusste, was auf einen zukommt“, erzählt die JRK-Gruppenleiterin Elke Radtke aus Nürtingen. Doch mithilfe der in kürzester Zeit gelernten Sprachbrocken habe eine so herzliche Begegnung stattgefunden, „wie ich sie nur selten unter einander fremden Menschen erlebt habe“.

Der 91-jährige Franjo Ostović überraschte zum Schluss mit einer perfekten deutschen Rede, denn seine Jugend verbrachte er bis zum 18. Lebensjahr in Deutschland. Zitternd, aber stehend, bedankte er sich: „Ihr Kommen und die mitge­brachten Dinge sind für Sie vielleicht nur eine kleine Geste, aber für uns sind sie ein großes Geschenk.“

Heimleiterin Ivana Krpan wird für die Senioren in diesem Jahr einen Ausflug in das Bärenrefugium organisieren – ein absolutes Novum. Sichtlich bewegt lud sie die Rotkreuzler aus Deutschland und die Volontäre des Bärendorfs zu weiteren Besuchen ein – natürlich auch ohne Mitbringsel.ib