Kirchheim

„Schaffet die au ebbes?“

Die Jugendhilfe-Einrichtung Ziegelhütte in Ochsenwang besteht seit 50 Jahren

Seit 50 Jahren ist die Jugendhilfe-Einrichtung Ziegelhütte in Ochsenwang eine feste Größe im Kreis Esslingen. Das wird ausgiebig gefeiert.

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Bissingen. „Ha noi, was machet die do da ganza Tag, schaffet die au ebbes?“ Bestimmt sei dieser Spruch zur Jugendhilfe-Einrichtung anfangs oft gefallen, vermutet Bürgermeister Marcel Musolf und erntet damit gleichwohl Gelächter und Kopfnicken.

So gar nicht Mainstream, vielmehr reserviert beäugt, mag die tägliche pädagogische Arbeit auf der Ziegelhütte einem Außenstehenden manchmal im übertragenen Sinne vorkommen, wie die Suche nach wertvollen Edelmetallen in einem Bergwerk. „Jeden Tag aufs Neue die mühevolle Suche nach einem Zugang zu einer unschätzbaren Ader. Diese will zunächst aber gefunden, untersucht und dann mühsam, gar langwierig behoben werden“, so der Schultes aus Bissingen. Bedeute dies im Erfolgsfall ein kaum zu greifendes Glücksgefühl für alle Beteiligten, bliebe im weniger günstigen Kasus allein die harte Arbeit für einen gescheiterten Versuch im Gedächtnis.

Mit Glockenklang begrüßte Hendrik van Woudenberg zuvor die Gäste in der luftigen Scheune. Zahlreiche Weggefährten, Freunde und Gönner, Ehrengäste und Sponsoren haben sich auf den Weg gemacht, um das 50-jährige Wirken dieser außergewöhnlichen Jugendhilfe-Einrichtung zu feiern. Bis zu 40 Heranwachsende erhalten in Schule, Werkstätten, Wohngruppen und Wohngemeinschaften Erziehungshilfe auf anthroposophischer Grundlage.

Auch Landrat Heinz Eininger schaffte es noch pünktlich, war für ihn seine Anreise ein angenehmer „Kaltstart“ aus dem stickigen und autoüberfüllten Neckartal. Die Ziegelhütte verbinde er mit langjährigen, tief verwurzelten sowie verlässlichen Mitarbeitern, die allesamt mit Herzblut dabei seien. „Ohne Unterstützung wären viele Jugendliche einer Belastungs- und Krisensituation ausgesetzt. Mit guter Arbeit bringe man hier junge Menschen auf die Lebensspur.

Derzeit gebe es 34 stationäre Heimplätze und sieben intensive Familienhilfen, die außerhalb betreut werden“, berichtet der oberste Kommunalbeamte des Landkreise Esslingen. „Hörsch, no isch Heimerziehung doch was wert“, flüstert nach dessen Laudatio eine ältere Dame ihrem Mann ins Ohr.

Nach den ersten Reden standen die Hauptpersonen im Fokus. Die bereits beim Kunst- und Aktionspfad für klangvollen Hörgenuss sorgten. Launig verteilte die Leiterin der Trommelgruppe Simone de Picciotto, verschiedene Klanginstrumente an die Besucher. Ob sie wollten oder nicht, sie durften nach kurzer Einweisung damit begleiten und das Ergebnis konnte sich hören lassen. Mainstream lässt grüßen.

„Freiheit auf der einen und Struktur auf der anderen Seite? Grüne Hölle oder Paradies?“ Auch Schulleiter Manfred Trautwein äußerste seine Gedanken zur Ziegelhütte. „Wer gebraucht wird, trotz seiner Fehler, hat Wert“, betont er und ergänzt: „Hier lernen die Jugendlichen, wie die Welt geht“.

Neben vielen Dankesworten gab es zwischendurch auch den ein oder anderen Scheck oder andere Geschenke. Letztere hatten auch die Heranwachsenden vorbereitet, so wurden aus historischen Ziegeln hübsche Kerzenhalter gefertigt. Der langjährige Mitarbeiter Volker Kirchner hatte sich bereits als Achtjähriger 1946 von Eckwälden auf nach Hepsisau zum Michaelshof gemacht und kehrte zu diesem 1966 als ausgebildeter Landwirt zurück. Und blieb. Kein Wunder, dass der 78-jährige jede Menge zu erzählen hatte. „Kurz halten, geht bei mir nicht“, verkündet der Senior. Schließlich gab es noch spontane Gesangseinlagen wie der „Zum-Geburtstag-viel-Glück-Kanon“ von Lehrerin Anne Glanz dirigiert, das Theaterstück „Das große Lalelu“ und Hofführungen. Gleichfalls ein Hingucker war die drei Meter hohe Janus-Holzstatue, in 200 Stunden von Rudolf Mrazek geschnitzt.

„Schaffet die au ebbes?“
„Schaffet die au ebbes?“
Zum 50. Geburtstag gab es Ständchen in Variationen und mit fleißiger Mithilfe der Gäste.Fotos: Sabine Ackermann
Zum 50. Geburtstag gab es Ständchen in Variationen und mit fleißiger Mithilfe der Gäste.Fotos: Sabine Ackermann