Kirchheim

„Sophie Scholl“ blüht als weiße Rose

Gedenktag Zum 74. Jahrestag der Hinrichtung in München sprach Renate Deck am Kirchheimer Schlossgymnasium über Forchtenberg – die Stadt, in der die Geschwister Scholl ihre Kindheit verbracht haben. Von Andreas Volz

Schulleiterin Lucia Heffner (rechts) erhält von Renate Deck einen Rosenstock.Foto: Jean-Luc Jacques
Schulleiterin Lucia Heffner (rechts) erhält von Renate Deck einen Rosenstock.Foto: Jean-Luc Jacques

Wer an Hans und Sophie Scholl denkt, denkt nicht unbedingt an Forchtenberg. Dabei steht gerade die Stadt Forchtenberg, unweit von Jagsthausen und dem Kloster Schöntal direkt am Kocher gelegen, für die Kindheit der Geschwister. Ihr Vater Robert Scholl war dort von 1919 bis 1930 Bürgermeister. Als er nicht mehr wiedergewählt wurde, zog die Familie zunächst nach Ludwigsburg und anschließend nach Ulm. „Sophie war neun, und Hans war zwölf, als sie die geliebte Heimat verlassen mussten“, erzählt Renate Deck am Kirchheimer Schlossgymnasium.

In ihrem letzten Traum, in der Nacht vor der Hinrichtung, sei Sophie Scholl gedanklich in ihre „Urheimat“ zurückgekehrt, wie Renate Deck feststellt: „Sie träumte, dass sie ein Kind im weißen Kleid zur Taufe in die Kirche trägt. Der Weg führt einen steilen Berg hinauf. Vor ihr tut sich eine Gletscherspalte auf. Sie kann gerade noch das Kind in Sicherheit bringen, bevor sie selbst in die Tiefe stürzt.“

Sophie Scholl habe diesen Traum analysiert, nachdem sie ihn erzählt hatte: Das Kind war demnach die Idee des Widerstands, die Idee der „Weißen Rose“, die weiterleben sollte. Für Renate Deck kommt hinzu, dass der Weg vom Forchtenberger Rathaus - in dessen heutigem Sitzungssaal Sophie Scholl am 9. Mai 1921 geboren worden war - zur Kirche tatsächlich einen steilen Berg hinanführt.

Die Forchtenberger, die ab 1990 mit Renate Deck gesprochen haben, haben immer vom „Söpherle“ erzählt - und dass sie so schön habe singen können. Musik gemacht hat sie gemeinsam mit ihrer ein Jahr älteren Schwester Elisabeth später auch in Ulm: Vor dem Gefängnis, in dem der Vater 1942 vier Monate lang einsitzen musste, weil er Hitler als „Geißel Gottes“ bezeichnet hatte, spielten die Töchter regelmäßig auf der Flöte das Lied „Die Gedanken sind frei“. So zumindest berichtet es Renate Deck den Neuntklässlern des Schlossgymnasiums.

Nach Kirchheim gekommen war die ehrenamtliche Scholl-Forscherin anlässlich des Holocaust-Gedenktags. Weil sie aber am 27. Januar keine Zeit hatte, verlegte sie den Termin auf einen ebenso geschichtsträchtigen Tag: den 22. Februar, den 74. Jahrestag der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl sowie von Christoph Probst - im Alter von 24, 21 und 23 Jahren.

Außer von Kindheitserinnerungen berichtet Renate Deck auch von den technischen Schwierigkeiten, Flugblätter in großer Anzahl herzustellen: „Damals musste man eine halbe Stunde warten, bis die Vorderseite getrocknet war und man die Rückseite bedrucken konnte.“ Aus diesem Grund sei das sechste und letzte Flugblatt, mit dem die Geschwister am 18. Februar 1943 in München ertappt wurden, nur einseitig bedruckt gewesen. An diesem Tag spielte sich auch die berühmte Szene ab, in der die Flugblätter im Lichthof des Uni-Gebäudes nach unten segeln und damit sogar im Wortsinn zu „Flugblättern“ werden.

Weniger klar ist bis heute der Sinn, der hinter dem Namen „Weiße Rose“ steckt, den sich die studentische Widerstandsgruppe gegeben hatte. Renate Deck bringt hier Dantes „Göttliche Komödie“ ins Spiel, wo die große, weiße Himmelsrose eine Rolle spiele. Hans Scholl habe Dante gelesen, als er 1942 zu einem Einsatz in Russland abkommandiert war.

Heute jedenfalls ist eine eigens gezüchtete weiße Rose, die den Namen „Sophie Scholl“ trägt, ein wichtiges Symbol - nicht nur in Forchtenberg. Auch am Schlossgymnasium gibt es jetzt ein Exemplar dieser Rose. Renate Deck überreichte es zum Abschluss der besonderen Geschichtsstunde an Schulleiterin Lucia Heffner.

Gedenkstätte in Forchtenberg

In Sophie Scholls Geburtsort gibt es außer der Gedenkstätte im Würzburger Tor, die mittwochs von 15 bis 18 Uhr geöffnet ist, auch einen Pfad, der durch das hohenlohische Städtchen führt und das der Erinnerung an Hans und Sophie Scholl gewidmet ist. Weitere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 0 79 05/51 35. Um sich unabhängig von Gedenkstätten mit dem Thema beschäftigen zu können, empfiehlt Renate Deck ein Jugendbuch von Hermann Vinke: „Das kurze Leben der Sophie Scholl“.vol