Kirchheim

Testen wird zum „Pflichtfach“

Corona Ab Montag können nur noch Schüler mit einem negativen Coronatest am Präsenzunterricht teilnehmen. Gut so, finden die Kirchheimer Schulleiter, und viele Eltern teilen ihre Meinung. Doch es gibt auch Kritiker. Von Antje Dörr

Ein Schüler des Schlossgymnasiums wird auf das Coronavirus getestet. Ab Montag testen sich die Kinder in den meisten Schulen sel
Ein Schüler des Schlossgymnasiums wird auf das Coronavirus getestet. Ab Montag testen sich die Kinder in den meisten Schulen selbst - unter Aufsicht natürlich.Fotos: Jean-Luc Jacques

Ob es am Montag wirklich losgeht, wird das Wochenende zeigen. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen hintereinander über 200, kann kein Präsenzunterricht stattfinden. Aktuell steigen die Zahlen derart schnell, dass diese Marke noch vor Montag gerissen werden könnte.

Ungeachtet dieser Entwicklungen ist an den Schulen rund um die Teck alles vorbereitet für den Wechselunterricht. Zum ersten Mal seit fast vier Monaten sollen auch die Schüler von Klasse sieben aufwärts wieder ein Klassenzimmer von innen sehen dürfen. Voraussetzung für alle ist ein negativer Coronatest, und zwar unabhängig davon, wie hoch oder niedrig die Inzidenz ist. Clemens Großmann, Rektor der Freihof-Realschule und als geschäftsführender Schulleiter Sprecher seiner Kirchheimer Kollegen, findet das gut. „Die Tests sind wirklich harmlos, und das Testen gibt allen zusätzliche Sicherheit“, sagt er. Das Land hat Testkits zur Verfügung gestellt. „Für die erste Woche wird es reichen“, sagt Großmann. Sollte es knapp werden, stocke die Stadt als Schulträger auf. Das Amt für Schule und Bildung hatte bereits in den vergangenen Wochen Material für die freiwilligen Tests besorgt, weil das Land keine Kits geliefert hatte.

Geändert hat sich auch die Art des Testens. Während bei den freiwilligen Tests vor den Osterferien Apotheker, Eltern, ehrenamtliche Ärztinnen und medizinisches Fachpersonal im Einsatz waren, setzen die allermeisten Kirchheimer Schulen nun auf Selbsttests unter Anleitung, so Großmann. Heißt: Die Schüler testen sich unter Aufsicht ihrer Lehrer selbst. Lediglich manche Grundschulen benötigten Unterstützung von Ehrenamtlichen. In manchen Schulen hätten Schulungen stattgefunden, um die Lehrer auf die Anleitung vorzubereiten. „In der Freihof-Realschule haben sich alle Kollegen das Video angeschaut, das auf der Homepage des Kultusminsteriums steht“, sagt Clemens Großmann. Die Schüler testen sich im Klassenzimmer, andere Schulen haben dafür gesonderte Räume eingerichtet. Der Schulleiter hat bei den Selbsttets keine Bedenken. „Wenn die Kinder das zwei Mal gemacht haben, ist das sicher kein Problem mehr“, sagt er.

Die meisten Eltern befürworteten oder akzeptierten die Testpflicht in der aktuellen Situation, sagen auch Claudia Gerlach-Reck und Stefanie Rau vom Vorstand des Kirchheimer Gesamtelternbeirats (GEB). „Es gibt aber auch Eltern, die die Testpflicht nicht in Ordnung finden“, sagt Gerlach-Reck. Einige wenige lehnten die Testpflicht, aber auch darüber hinaus jegliche Infektionsschutzmaßnahmen ab. „Diese Eltern machen sich sehr lautstark bemerkbar und beeinflussen auch andere Eltern, die vielleicht bisher noch nicht so viel darüber nachgedacht haben“, beobachtet Stefanie Rau. Und dann gebe es, besonders unter Grundschuleltern, jene, die sich sorgten, wie mit Kindern umgegangen wird, die positiv getestet werden. Andere fänden den Gedanken befremdlich, dass das Kind ohne seine Eltern eine medizinische Prozedur über sich ergehen lassen müsse. „Alternativ können die Eltern mit dem Kind zur Adler-Apotheke gehen und sich dort ein Test-Zertifikat holen“, sagt Rau. Alledings müssten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Zertifikat akzeptiert werde.

Claudia Gerlach-Reck hat Verständnis dafür, dass Kinder und Eltern Respekt vor den Tests haben. Viele hätten noch den unangenehmeren Nasen-Rachen-Abstrich im Gedächtnis. „Aber es werden jetzt durchgehend Tests eingesetzt, bei denen das Stäbchen nur zwei Zentimeter tief eingeführt werde“, sagt Gerlach-Reck. Daran gewöhnten sich die Kinder schnell.

Der GEB begrüßt die Testpflicht, kritisiert jedoch, dass die Landesregierung weiterhin nicht für Lösungen sorge, die den Infektionsschutz in den Klassenzimmern nachhaltig erhöhe. „Was nach wie vor fehlt sind Luftfilter und Plexiglasscheiben in den Klassenzimmern“, bemängelt Stefanie Rau. „Man hat das Gefühl, das wird ausgesessen.“ Auch Claudia Gerlach-Reck hält es für falsch, nur auf das Lüften zu setzen. „Wenn die Außen- und Innentemperatur im Sommer gleich sind, ist die Frage, wie gut das Lüften dann noch funktioniert.“

Schlange stehen für den Corona-Test.
Schlange stehen für den Corona-Test.

Test-Helfer sind künftig versichert

Vor den Osterferien musste alles ganz schnell gehen: Weil die Teststrategie des Landes noch nicht stand, bastelten sich viele Schulen in der Not ihr eigenes Konzept. Dabei unverzichtbar: ehrenamtliche Helfer, die bei der Testung der Schüler unterstützten. Allerdings blieb häufig vieles ungeregelt, wie eine Mutter gegenüber dem Teckboten beklagte. „Es ist zwar selten, dass eine Verletzung durch einen Test entsteht. Aber dadurch, dass wir nicht als Testpersonen gemeldet sind, sind wir in keinerlei Weise versichert“, hatte sie unter anderem bemängelt.

Diese Lücke hat die Landesregierung mittlerweile geschlossen. Schulen könnten mit den freiwilligen Helfern Vereinbarungen treffen, auf deren Grundlage die Ehrenamtlichen dann gesetzlich unfallversichert seien, so Stadt-sprecher Robert Berndt. Bei einem Personen-, Sach- und Vermögensschaden, den sie in Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gegenüber Dritten verur- sachten, hafte das Land Baden-Württemberg.

Auch eine Vergütung aus einem eigens dafür eingerichteten Schulbudget ist künftig möglich.adö