Kirchheim

Trotz Corona: Unterricht nach Plan

Digitalisierung In den vergangenen drei Wochen wurden an der Kirchheimer Teck-Realschule die oberen Klassen in den Kernfächern zu festgelegten Zeiten im Chatmodus unterrichtet – auch schon um 7.40 Uhr. Von Andreas Volz

Im Home-Office haben in den vergangenen drei Wochen nicht nur die Lehrer der Kirchheimer Teck-Realschule gearbeitet, sondern auc
Im Home-Office haben in den vergangenen drei Wochen nicht nur die Lehrer der Kirchheimer Teck-Realschule gearbeitet, sondern auch deren Schüler: Die oberen Klassenstufen hatten Online-Unterricht nach Stundenplan. Foto: pr

Heute ist der letzte Schultag vor den Osterferien. Viele Schüler dürften das kaum bemerken, andere sehr wohl: An der Kirchheimer Teck-Realschule beispielsweise gab es auch in den vergangenen drei Wochen häufig Unterricht nach Stundenplan. Die Klassen sind zwar nicht in der Schule zusammengekommen, dafür aber digital. Schule im Home-Office also - nicht nur für die Lehrer, sondern auch für ihre Schüler.

Nicht für alle Klassen gab es dieses Angebot: Es war beschränkt auf die oberen Klassenstufen, also auf die Klassen 8 bis 10. Das liegt daran, dass der digitale Unterricht sehr viel mehr Aufwand erfordert - sowohl von den Lehrkräften als auch von den Schülern. Deshalb handelte es sich an der Teck-Realschule laut Konrektor Marlon Lamour um eine Erprobungsphase. Es ging darum, zu testen, ob sich das Modell auch wirklich als praxistauglich erweist. Deshalb hatten eben nur die Acht-, Neunt- und Zehntklässler die Möglichkeit, an diesem Versuch teilzunehmen.

Für die Klassen 5 bis 7 gab es aber auch digitale Angebote: Die Schüler bekamen ihre Aufgaben über die Homepage. Entweder gibt es dazu gleich die Lösungen, um sich selbst zu überprüfen, oder die Schüler können ihre Lehrer digital erreichen, für Rückfragen oder auch für Rückmeldungen.

Kristina Günther, Klassenlehrerin der 10b, hat schon lange vor der Coronakrise damit begonnen, digitale Unterrichtsmodelle zu erproben. Nach den Faschingsferien kam ihr das zugute: „Ich war zum Skifahren in Südtirol. Als ich deswegen nicht mehr unterrichten durfte, habe ich sofort die Klasse angeschrieben und den Unterricht von zuhause gehalten - per Streaming.“ Ihre Schüler waren im Klassenzimmer - mit einem Vertretungslehrer, der die Aufsicht vor Ort übernahm.

Aktuell läuft der Unterricht über ein spezielles Schulprogramm: eine Art Gruppenchat für die gesamte Klasse. „Damit erfüllen wir nicht nur unseren Bildungsauftrag, sondern auch unseren Erziehungsauftrag“, sagt Kristina Günther, „wir sorgen für ein bisschen Normalität in diesen wilden Zeiten.“ Ihre 10b trifft es da besonders „hart“: Nach Stundenplan beginnt ihr Englisch-Unterricht drei Mal in der Woche um 7.40 Uhr - auch digital. „Wenn ich das ab 7.30 Uhr vorbereite und meinen Rechner einschalte, ist die ganze Klasse online.“ Ausnahme: Zuspätkommer in der „analogen Schule“ neigen auch online nicht zur übertriebenen Pünktlichkeit.

Wichtig beim digitalen Unterricht ist aber nicht nur der Gruppenchat, sondern auch der Privatchat. Gerade im Englisch-Unterricht ist das ein Vorteil, weil es dort auch auf das gesprochene Wort ankommt: „Die Schüler schicken mir dann einfach Sprachnachrichten.“

Viele fragen fleißig nach

Ein wichtiges Phänomen beschreibt in diesem Fall nicht nur Kristina Günther aus ihrer Englisch-Klasse, sondern auch Stephanie David aus dem Mathe-Unterricht in einer achten und zwei neunten Klassen: „Viele Schüler, die sonst im Unterricht nicht so viel sagen, fragen jetzt ganz fleißig nach. Bei allen ist die Motivation viel größer, als ich gedacht hätte.“ Im Privatchat mit der Lehrerin fallen gewisse Hemmungen aus dem normalen Unterricht weg: die mögliche Angst, sich vor allen zu blamieren, aber auch die Furcht, bei allzu viel Nachfragen gleich als „Streber“ bezeichnet zu werden.

Jacqueline Palesch unterrichtet Mathe in einer neunten und einer zehnten Klasse. Sie nennt einen weiteren Vorteil des Privatchats: „Wer mich direkt fragt, stört dabei nicht gleich die gesamte Klasse in ihrer Konzentration. Wenn dann aber mehrere Schüler die gleiche Frage gestellt haben, kann ich die Antwort im Klassenchat geben.“ Digital scheint das neue Lernen also bestens zu funktionieren: Gruppenunterricht und Differenzierung zugleich.

Sogar die Prüfungsvorbereitung für Zehntklässler ist digital problemlos möglich: Mit Aufgaben, die so gestellt sind, wie es den Prüfungsanforderungen entspricht, und mit dem passenden Zeitlimit lässt sich für die Klassen in ihren Privaträumen eine Prüfungssituation simulieren.

Wann immer die Schulen wieder öffnen dürfen, wird der Unterricht auch an der Teck-Realschule so weitergehen, wie es alle bislang gewöhnt waren. Der stellvertretender Schulleiter Marlon Lamour geht aber trotzdem davon aus, dass der digitale Unterricht an seiner Schule durch die aktuelle Coronazeit einen enor­men Schub erfahren wird - und sei es auch nur für freiwillige Sonderschichten am Nachmittag zur Prüfungsvorbereitung.

Digitaler Unterricht in den unterschiedlichsten Varianten

Nur die Kernfächer Deutsch, Englisch und Mathematik standen in den vergangenen drei Wochen auf dem digitalen Stundenplan der Klassen 8 bis 10 an der Teck-Realschule. Die Beschränkung auf diese drei Fächer hat ganz unterschiedliche Gründe: Zum einen handelt es sich um die Prüfungsfächer für die Abschlussklassen. Sie sollten deswegen am ehesten weitergeführt werden. Zum anderen ist das Unterrichten per Chatgruppe eben mit einem erhöhten Aufwand verbunden - zumal es noch nicht jahrelang erprobt ist. Folglich startete der Praxisversuch in der Krisenzeit nur in diesen drei Fächern.

Nicht alle Nebenfächer sind in gleicher Weise für den digitalen Unterricht geeignet. Kristina Günther unterrichtet außer Englisch auch Physik. „In der Schuie baue ich da regelmäßig meine Experimente auf. Das geht zuhause nicht, und es lässt sich auch nicht so gut vorführen.“

Im Fach Wirtschaft hat Stephanie David sogar die Coronakrise in einen Unterrichtsauftrag eingebaut: Hier sollten die Schüler im Nebenfach Tagesschau­nachrichten erstellen und per Video aufzeichnen, in denen es um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona ging.

Sport und Kochen: Der stellvertretende Schulleiter Marlon Lamour nennt hier den umgekehrten Weg: Nicht die Schüler laden ihre Videos hoch. Vielmehr erhalten sie per Video Anregungen - für Trainingseinheiten oder für Kochrezepte. Letzteres kann sogar das Familienleben bereichern - wenn die Kinder einmal das Kochen übernehmen. Beim Ausprobieren können sich die Schüler allerdings durchaus filmen lassen und somit unter Beweis stellen, dass sie ihre sportlichen Übungen absolviert haben oder auch gerade dabei sind, die Rezepte in ein wirkliches Essen umzuwandeln.

Lob gibt es von Schülern und von Eltern. So schreibt Romy Schneider, die Elternvertreterin der Klasse 9c, an die Schulleitung: „Sehr gut finde ich, dass die Kinder sich täglich anmelden müssen, das schafft ein wenig Struktur in dieser Zeit, und dass die Lehrer die Aufgaben kontrollieren und uns Eltern informieren über den Stand der eingegangenen Arbeitsblätter.“ Schülerin Miriam Jarda aus der 10b schreibt: „Es funktioniert sogar richtig gut, weil man immer die Lehrer anschreiben kann, wenn man eine Frage hat, und sie nicht erst im Schulhaus suchen muss. Am meisten vermisse ich es, alle zu sehen.“ vol