Kirchheim

Tunnelbauer wohnen im Containerdorf

ICE-Baustelle Entlang der Tannenbergstraße hat die Implenia AG ein „temporäres Wohnlager“ errichten lassen, um ihre Mitarbeiter in direkter Nähe zum Arbeitseinsatz unterbringen zu können. Von Andreas Volz

Tannenbergstraße, Wohncontainer für ICE Baustelle
Tannenbergstraße, Wohncontainer für ICE Baustelle

In kurzer Zeit sind an der Kirchheimer Tannenbergstraße - kurz vor der Abzweigung der Einsteinstraße - rechts neben der Fahrbahn zwei Containerbauwerke entstanden, die eine beträchtliche Grundfläche einnehmen. Die meisten dieser Container sind als Wohn- oder eher Schlafräume gedacht. Hinzu kommen noch einige Sanitär- und Aufenthaltsräume. Wer aber nutzt diese Container und wie lange?

Die Beantwortung beider Fragen hängt eng mit der benachbarten Tunnel-Baustelle der ICE-Neubaustrecke zusammen. Im Containerdorf sind Mitarbeiter von Implenia untergebracht - der Firma, die den Tunnel baut. Und die Container dürften wohl so lange stehen bleiben, bis die Bauarbeiten endgültig abgeschlossen sind.

Im Behördendeutsch ist aber zunächst weder von „Containern“ noch von einem „Dorf“ die Rede. Da gibt es einen anderen Begriff, der ganz unterschiedliche Assoziationen hervorrufen kann: „Wohnlager“. Bürgermeister Günter Riemer zitiert aus einem Antrag „zur Errichtung eines temporären Wohnlagers und temporärer Stellplätze“. 62 offene Stellplätze seien beantragt worden und „128 Container in Einzelbelegung“. Genehmigt worden seien aber nicht ganz so viele, sondern lediglich 110 „Wohncontainer“.

Die Standortsuche für dieses „Lager“ war nicht allein auf die Tannenbergstraße beschränkt. Auch eine Fläche auf Naberner Gemarkung habe zur Wahl gestanden. Den Ausschlag für die Tannenbergstraße gab schließlich die vorhandene Infrastruktur. Es gibt eine funktionierende Straßenverbindung, auf der die Bewohner ihre temporären Unterkünfte anfahren können. Außerdem lässt sich das Abwasser ohne große Probleme über das bestehende Kanalnetz ableiten.

Schwieriger ist das mit dem Niederschlagswasser, das eigentlich einem nahegelegenen Fließgewässer zugeführt werden sollte, wenn es nicht direkt auf dem Gelände versickern kann. Die Versickerung ist auf dieser Fläche eher zu vernachlässigen. Die große Lösung würde also vorsehen, einen Kanal zur Gießnau zu verlegen, über den das Oberflächenwasser in den Bach gelangen würde. Das spielt aber wohl erst dann eine Rolle, wenn das gesamte Gelände - wie im Flächennutzungsplan vorgesehen - eines Tages zur Erweiterung des Gewerbegebiets Bohnau genutzt wird.

Vorläufig ist dort das „Wohnlager“ untergebracht. Außer der vorhandenen Erschließung hat der Standort auch den Vorteil, dass er ganz in der Nähe der Baustelle liegt. Schließlich verbringen die Container-Bewohner einen Großteil ihrer Kirchheimer Zeit bei der Arbeit. Günter Riemer spricht von „Fachleuten, die von Großbaustelle zu Großbaustelle reisen“. Sie würden im Schichtbetrieb arbeiten und immer wieder auf Heimaturlaub gehen. Die Herkunft der Fachleute erschließt sich der Bürgermeister aus den Autokennzeichen: „Die sind überwiegend aus Österreich oder auch aus Polen.“ Als er zum Barbarafest eingeladen war, habe er vor allem bairisch-österreichische Dialekte gehört.

Zur Definition des „Temporären“ kann er allerdings nichts sagen: „In der Genehmigung haben wir keine Befristung drin. Auch aus den sonstigen Unterlagen geht keine Frist hervor.“ Das hängt wohl mit den generellen Unwägbarkeiten einer Großbaustelle zusammen, die dazu führen, dass sich die tatsächliche Dauer eben nicht immer an die Planung hält.

„Wohnlager“ für etwa drei Jahre

„Nach meinen Informationen soll 2021 der Zug fahren, eigentlich schon zum Fahrplanwechsel 2020/21“, sagt Günter Riemer. Das Bohren des Tunnels selbst solle aber nur 18 Monate dauern. Insofern müssten die Implenia-Mitarbeiter längstens weitergezogen sein, ehe der erste ICE durchs „Tunell“ rauscht, das da gerade „zwischa Stuagert und Ulm“ entsteht.

Aber der Tunnelbau als solcher ist ja nicht das Ende der Arbeiten an der ICE-Trasse, denn erst nach Fertigstellung des Tunnels kann der Gleisbau erfolgen. Deshalb geht Günter Riemer davon aus, dass Implenia dann möglicherweise das Containerdorf an das nächste Bauunternehmen übergibt. Die Erweiterung des Gewerbegebiets über die Tannenbergstraße hinaus wird jedenfalls nicht ganz so schnell kommen.

Wo vorher Äcker waren, sind an der Kirchheimer Tannenbergstraße zwei Containerbauten mit beeindruckenden Ausmaßen entstanden.Fot
Wo vorher Äcker waren, sind an der Kirchheimer Tannenbergstraße zwei Containerbauten mit beeindruckenden Ausmaßen entstanden.Fotos: Markus Brändli