Kirchheim

Veranstalter melden „Alarmstufe Rot“

Hilferuf Wer Konzerte, Ausstellungen und sonstige Kulturereignisse organisiert und davon leben möchte, ist durch die Corona-Krise besonders stark gebeutelt. Bundesweit funkt die Branche jetzt SOS. Von Andreas Volz

Außen wie innen setzte Michael Holz mit seinem „3K“ in Kirchheim am Montag ein Zeichen für Veranstalter in Not. Fotos: Markus Br
Außen wie innen setzte Michael Holz mit seinem „3K“ in Kirchheim am Montag ein Zeichen für Veranstalter in Not. Fotos: Markus Brändli
Außen wie innen setzte Michael Holz mit seinem „3K“ in Kirchheim am Montag ein Zeichen für Veranstalter in Not.  Fotos: Markus B
Außen wie innen setzte Michael Holz mit seinem „3K“ in Kirchheim am Montag ein Zeichen für Veranstalter in Not. Fotos: Markus Brändli

Rotes Licht muss nicht immer auf ein Rotlichtviertel hinweisen. Rot ist nämlich auch die Alarmfarbe schlechthin. Und bundesweit schlug am späten Montag­abend ein ganzer Wirtschaftszweig Alarm: die Veranstaltungsbranche. Das rote Licht sollte eine Art SOS-Signal darstellen und darauf hinweisen, dass der Event-Sektor seit Anfang März völlig brachliegt - und dass keinerlei Aussicht auf baldige Besserung besteht.

Mit dabei war in Kirchheim Michael Holz: Sein „3K“ hatte er nicht nur außen, sondern auch innen ins rechte Licht gerückt - in diesem Fall ins Rotlicht. Vielleicht sollten die Rotlichtlampen auch ein Symbol für die erwünschte Gesundung der Veranstaltungsbranche darstellen. Holz selbst ist nicht nur Gastronom, sondern auch eine feste Größe im Kirchheimer Veranstaltungskalender. Weindorf und Musiknacht sind dafür nur die bekanntesten Beispiele. Beides fällt dieses Jahr mehr oder weniger der Corona-Krise zum Opfer.

Trotzdem ist Michael Holz keiner, der vorschnell die Flinte ins Korn wirft. Er hofft, sowohl die Musiknacht als auch das Weindorf zumindest auf kleiner Flamme am Köcheln halten zu können. Und dabei kommt ihm sein Hauptstandbein zugute: die Gastronomie. „Am Wirtshaustisch dürfen neuerdings wieder bis zu zehn Leute sitzen. Für ein Konzert gelten aber nach wie vor die Corona-Abstandsregeln. Also wollen wir Konzerte im Biergarten machen. Da sitzen dann jeweils zehn Leute an einem Tisch, und außerdem spielt in der Nähe eine Band. Das hat auch noch den zusätzlichen Vorteil, dass draußen die Ansteckungsgefahr geringer ist.“

Auf diese Art und Weise stellt sich Michael Holz auch die Musiknacht am 12. September vor: „Diese Musiknacht wird sicher nicht so werden, wie man das seither so gewohnt ist. Ich weiß noch nicht einmal, ob wir überhaupt eine Musiknacht als Finale des Kultursommers anbieten können. Aber auf jeden Fall wollen wir einen Musiksommer in Kirchheim haben.“ Und schon ist er mitten drin im Dilemma derjenigen, die von Konzerten und vergleichbaren Veranstaltungen leben: „Wichtig ist, dass auch die Musiker wieder eine Gage bekommen.“

Bei seinem „SOS-Abend“ im „3K“ sind die Musiker allerdings noch gratis aufgetreten. Schließlich wollten auch sie ein Zeichen setzen - ein Zeichen dafür, dass das Kulturgewerbe nicht vollends ausbluten darf. Ganz leicht hat es die Kultur freilich nicht, selbst wenn ihr die Politik unter die Arme greifen will: „Mit dem Kultursommer müssen wir warten, bis wir eine Förderzusage haben. Das bremst uns leider ziemlich aus - jetzt, wo wir so bald wie möglich an den Start gehen möchten.“

Statt Weindorf eine „Weinstadt“

Zum Kultursommer sollen beispielsweise Ausstellungen in den Schaufenstern der Stadt zählen: „Das ist dann öffentlicher Raum. Und da gelten weitaus weniger Einschränkungen als in einer Galerie.“ Ähnlich wäre das mit einer Art „Weindorf light“. Michael Holz stellt sich das so vor, dass alle Gastronomen ihr Angebot, vor allem auch in der Außenbewirtung und bei der entsprechenden Dekorierung, auf Wein ausrichten: „Dann haben wir statt unseres Weindorfs gleich eine ganze Weinstadt.“

Er selbst sieht sich nicht als den ganz großen Manager für Kirchheims Kultursommer: „Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam etwas auf die Beine stellen, um trotz Corona Leben in die Innenstadt zu bringen. Da müssen sich alle Beteiligten gut vernetzen. Ich bin da nicht der Hauptveranstalter. Ich habe mir halt das Käpple als Vernetzer aufgesetzt.“ Einer, der das vorab schon anerkennt, ist Bürgermeister Günter Riemer. Eine Zeit lang sitzt er mitten im Rotlicht vor dem „3K“ und konstatiert beim Gehen: „Ich finde es bewundernswert, mit welcher Energie die Gastronomen schaffen - denen das Wasser ja gerade selbst bis zum Hals steht.“ Kultur und Veranstaltungen: Dazu gehören eben auch die Gaststättenkultur und die Bands, die drinnen spielen.

Eine ganze Branche weist auf ihren Notstand hin

Die rote Farbe des SOS-Signals hat laut bundesweiter Pressemitteilung gleich eine mehrfache symbolische Bedeutung. Die Veranstaltungswirtschaft befindet sich demnach auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Branchen: „Ein Milliardenmarkt und Millionen Arbeitsplätze sind in Gefahr.“ Der flammende Appell an die Öffentlichkeit soll aber auch die Leidenschaft der Mitarbeiter in dieser Branche zum Ausdruck bringen: „Wir brennen für das, was wir tun.“

Zu den Veranstaltern zählen Unterneh­men aus den Bereichen Messebau, Veranstaltungstechnik, Event­agentur, Catering, Bühnenbau, Eventlocation sowie Messegesellschaften, Kongresscenter, Tagungshotels, Konzertveranstalter, Künstler und Einzelunternehmer. Mehr als dreihunderttausend Unternehmen beschäftigen in über 150 Disziplinen mehr als drei Millionen Menschen und erzielen einen Jahresumsatz von über 200 Milliarden Euro. Durch die Veranstaltungsverbote haben sie alle seit 10. März innerhalb weniger Werktage ihre gesamten Auftragsbestände verloren. vol