Kirchheim

Verein löst sich im Jahr des Jubiläums auf

Orgelbauverein Was 1967 mit Spenden für die Martinskirche begann, ist nun zu Ende: Es fehlte an Mitgliedern, die sich im Vorstand engagieren wollen. Von Andreas Volz

Zwei große Ziele hat der Verein erreicht: den Orgelbau in der Kirchheimer Martinskirche und die Herausgabe des „Orgelbuchs“ in d
Zwei große Ziele hat der Verein erreicht: den Orgelbau in der Kirchheimer Martinskirche und die Herausgabe des „Orgelbuchs“ in der Schriftenreihe des Stadtarchivs.Fotos: Markus Brändli¿/¿Jean-Luc Jacques

Fünfzig Jahre sind eine lange Zeit. Diese lange Zeit über hat der „Förderverein Kirchenmusik unter Teck“ durchgehalten. Er hat manche Turbulenzen überstanden, zwei Mal hat er seinen Namen geändert, und auch die Vereinszwecke sind nicht dieselben geblieben. Jetzt aber geht es dem einstigen „Verein zur Förderung des Orgelausbaus in der Martinskirche Kirchheim“ wie so vielen anderen Vereinen: Er hat zunehmend unter den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gelitten.

Eine Verjüngung der Mitgliedschaft, vor allem des Vorstands, kam nicht richtig voran. Es fanden sich nicht mehr genügend Mitglieder, die bereit waren, die Verantwortung zu tragen. Deswegen kam es nun zu einem folgenreichen Beschluss, der auch so manchem anderen Verein drohen könnte: Auf den Tag 50 Jahre nach der Gründungsversammlung wurde am 1. Dezember 2017 die Auflösung beschlossen. Von Anfang bis Ende mit dabei: Kirchenmusikdirektor Ernst Leuze. Er war einer von drei tragenden Säulen im Vorstand, der nun sein Amt als Schriftführer gerne in jüngere Hände übergeben hätte. Einzig die Erste Vorsitzende Caroline Bialon hätte sich dazu bereit erklärt, weiterzumachen.

Schon 2016 hatte der vierköpfige Vorstand auf die Personalnot hingewiesen und an alle Mitglieder appelliert: Sollte sich niemand finden lassen, der sich weiterhin an vorderster Front engagieren möchte, würde unweigerlich die Auflösung drohen. Für ein weiteres Jahr hatte sich der Vorstand verpflichtet, außerplanmäßig in Amt und Würden zu bleiben.

Dann kam es, wie es offenbar kommen musste. Caroline Bialon: „Es gab nur einen Interessenten - zu wenig für drei Posten.“ Zu vergeben waren das Amt des Zweiten Vorsitzenden, des Schriftführers und des Kassiers. Weil die Entwicklung abzusehen war, hat der Verein Ende 2016 die Satzung geändert: Nun soll das Vereinsvermögen nach der Auflösung zu gleichen Teilen an die beiden Gesamtkirchengemeinden Kirchheims „vererbt“ werden, an die evangelische und an die katholische.

Eine Besonderheit des Erbes besteht darin, dass es sich auch um Sachvermögen handelt: Das Claviorganum, eine besondere Kombination von Truhenorgel und Cembalo, war seither im Eigentum des Vereins. Man könnte es zwar teilen - Orgel an die eine, Cembalo an die andere Gesamtkirchengemeinde. Aber dadurch wäre ein äußerst seltenes Ensemble auseinandergerissen. Deshalb bemühen sich die Mitglieder des aufgelösten Vereins darum, dass das Instrument zusammenbleibt. Der Wert des Instruments übersteigt aber das Geldvermögen, sodass die „Erben“ des Claviorganums die andere Seite auszahlen müssen. Das ist also dieselbe Schwierigkeit wie im „normalen“ Leben, wenn es um Sachwerte geht, die den Geldbeutel des Erben belasten.

Orgelmarkt und Orgelbuch

Was hat der Verein in 50 Jahren geleistet - außer der Anschaffung des Claviorganums? Zunächst einmal hat er dazu beigetragen, die Orgel an der Martinskirche zu finanzieren. Unter dem Stichwort „Orgelmarkt“ hat er dafür Zigtausende Mark gesammelt. Nach Einweihung der Orgel 1981 kamen die Umbenennung in „Verein zur Förderung der Kirchenmusik“ und die ökumenische Neuausrichtung. In der funktionierenden Ökumene sieht Ernst Leuze einen der ganz großen Erfolge des Vereins. 1999 folgte schließlich die Ausdehnung auf die gesamte Teck-Region. Nicht nur Kirchheimer Orgelbauten wurden seither gefördert.

Unvergessen bleiben den Mitgliedern die 25 Orgelfahrten, die es auch nach dem Ende des alten „Orgelvereins“ noch geben soll. Ein bleibendes Projekt der letzten Vereinsjahre ist das „Orgelbuch“, das ebenfalls ein Beispiel für ökumenische Zusammenarbeit ist: zwischen Ernst Leuze, der den Text geschrieben hat, und dem mittlerweile verstorbenen Wolfgang Znaimer, der die Fotos lieferte.

Und was ist mit den vorhandenen Orgeln „unter Teck“, die regelmäßig gewartet oder renoviert werden müssen? Da muss gelten, was die Zweite Vorsitzende Ursula Urban in letzter Zeit so oft gehört hat: „Wenn es notwendig ist, spenden wir gerne für ein einzelnes Orgelprojekt. Dafür brauchen wir aber keinen Verein.“ Letzteres hat sich jetzt definitiv erledigt: Den Verein gibt es nicht mehr.

Übergabe OrgelbuchNeuer Schriftenreiheband 36,  Orgeln unter Teck, Stadtarchiv Druckfrisch wurde das ¿Orgelbuch¿ Im Kirchheimer
Übergabe OrgelbuchNeuer Schriftenreiheband 36, Orgeln unter Teck, Stadtarchiv Druckfrisch wurde das ¿Orgelbuch¿ Im Kirchheimer Rathaus übergeben. Das Bild zeigt von links: Wolfgang Znaimer (Fotograf), Ulrich Gottlieb (GO Druck Media), Ernst Leuze (Autor), Denise Glotzbach und Roland Krämer (Förderverein Kirchenmusik), Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, Klaus Rubitzko (GO Druck Media) und Stadtarchivar Joachim Brüser.
Übergabe OrgelbuchSchriftenreihe 36 Stadtarchiv Kirchheim unter TeckOrgeln unter Teckgedruckt bei GO
Übergabe OrgelbuchSchriftenreihe 36 Stadtarchiv Kirchheim unter TeckOrgeln unter Teckgedruckt bei GO

Geschichte und Vorgeschichte des Orgelbauvereins der Martinskirche

1955 beginnt die Modernisierung der Walcker-Orgel in der Martinskirche.

1961 wird bereits eine ganz neue Orgel geplant, weil bei der Sanierung der Martinskirche nicht nur die Emporen, sondern auch die Orgel komplett neu entstehen.

1965 beginnt der Neubau der Rensch-Orgel mit dem ersten Bauabschnitt - 27 Register, 133 000 Mark.

1967 wird am 1. Dezember im Gasthaus Linde der Orgelbauverein gegründet.

1970 erreichen die Streitigkeiten zwischen Orgelbauverein und Kirchengemeinde um die richtige Vorgehensweise beim Orgelbau ihren Höhepunkt.

1975 veranstaltet der Verein seinen ersten Orgelmarkt, organisiert von Elisabeth Leuze.

1977 ist der weitere Ausbau der Orgel gefährdet. Wieder gibt es Differenzen zwischen Verein und Kirchengemeinde.

1978 sagt die Stadt Kirchheim finanzielle Hilfe für den Orgelbau zu.

1981 wird die vollendete Orgel der Martinskirche eingeweiht. Der Verein widmet sich fortan der Förderung der Kirchenmusik.

1984 veranstaltet der Verein die erste von 25 Orgelfahrten.

1994 wird das Claviorganum festlich eingeweiht.

2013 stellen der Verein und das Stadtarchiv das Orgelbuch in der Martinskirche vor.

2017 beschließt die Mitgliederversammlung, den Verein aufzulösen.vol