Kirchheim

Video zeichnet minutiös das Feuer in der Spielhalle auf

Die Feuerwehr kommt nach 25 Minuten – Bewohner können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen

Die 43-jährige frühere Beschäftigte einer Kirchheimer Spielhalle ist wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes angeklagt.

Kirchheim/Stuttgart. Beim Feuer in der Spielothek „Las Vegas“ in Kirchheim zeigt ein Video, dass die Feuerwehr nach genau 25 Minuten zum Löschen erschien ist. Das Gericht wirft der auf der Anklagebank sitzenden 43-jährigen ehemaligen Mitarbeiterin schwere Brandstiftung und versuchten Mord vor.

Vier Hausbewohner befanden sich in Gefahr, konnten sich aber in jener Brandnacht vom 29. November vergangenen Jahres aufgrund der Rauchmeldeanlage unverletzt ins Freie begeben. Die Angeklagte selbst soll das Feuer in der Spielhalle entfacht haben, um zu vertuschen, dass sie Wochen zuvor große Geldbeträge aus den Spielgeräten für sich entnommen hatte. Dazu hat sie allerdings jegliche Schuld von sich gewiesen (wir berichteten).

Jetzt hat die Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht einen in Schwarz-Weiß aufgenommenen Video-Film vorführen lassen, der von einem Unternehmen auf der gegenüberliegenden Seite des Tatorts als Überwachungs-Video zur Verfügung gestellt worden war. Die Kamera läuft jede Nacht voll durch und zeichnet alle Geschehnisse in der Straße, einschließlich der Gebäude, auf. So auch den Ausbruch des Feuers und das Erscheinen von Polizei und Feuerwehr.

Der Verteidiger der beschuldigten Frau hatte allerdings gestern ernsthafte Bedenken gegen die Vorführung der Aufnahme. Die Aufzeichnung sei rechtswidrig gewesen und dürfe somit auch nicht als Video-Beweis in das Verfahren eingeführt werden. Der Anwalt widersprach der öffentlichen Abspielung des Films, weil auch ein gesetzliches Beweisverwertungsverbot vorliege. Sein Antrag wurde allerdings abgelehnt.

Auf dem Film ist zunächst eine zu nächtlicher Stunde ruhige Straßenkreuzung zu sehen. Minutenlang geschieht nichts. Dann erkennt man, dass in den Räumen der Spielhalle gegenüber das Licht ausgeht. Dann herrscht wieder mehrere Minuten absolute Ruhe. Schließlich sieht man, dass plötzlich im Erdgeschoss des Gebäudes ein heller Feuerschein die Szene erleuchtet. Rasch haben sich Flammen hinter der Schaufensterscheibe der Spielhalle ausgebreitet – eine Person verlässt das Haus, nach Mutmaßung der Anklage soll es die Beschuldigte gewesen sein. Dann fährt ein Auto weg. Das Innere der Spielhalle brennt nun voll. Feuerblitze entstehen. Die Straße jedoch bleibt ruhig.

Zehn Minuten später blinkt eine Warnanlage an der Hauswand. Weitere fünf Minuten später rennen Menschen umher. Die Hausfassade ist inzwischen bereits in Teilen schwarz. Nach insgesamt 20 Minuten erscheinen ein Polizeifahrzeug und ein Krankenwagen. Nach weiteren fünf Minuten kommt die Feuerwehr – zu einem Zeitpunkt, an dem das Feuer bereits selbst erstickt ist. Als die Feuerwehr sich im Haus befindet, flackern die Flammen noch kurz auf. Seit dem Ausbruch des Feuers bis zu der Anfahrt der Feuerwehr waren laut der Video-Aufzeichnung genau 25 Minuten vergangen.

Die Angeklagte registrierte die Filmvorführung von ihrem Sitz aus mit unbewegter Miene. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie das Feuer an verschiedenen Stellen gelegt hat. Das würden die ausgewerteten Spuren beweisen, wobei die Ermittler zunächst als Brandursache von einem technischen Defekt ausgingen. Wochen zuvor soll die Frau in mehreren Einzeltaten insgesamt 1 850 Euro Bargeld aus den Spielgeräte für sich abgezweigt haben. Das Feuer sollte diese Diebstähle vertuschen.

Mit weiteren Beweisen und Zeugenaussagen setzt die Strafkammer den Prozess am morgigen Mittwoch fort. Danach folgen noch weitere Verhandlungen. Ein Gutachter soll zudem über den psychischen Zustand der Angeklagten zur Tatnacht berichten. Möglicherweise droht ihr die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung, falls sie krankheitsbedingt schuldunfähig ist.