Kirchheim

Vom Sternekoch zum Biobauern

Lesung Sternekoch Franz Keller ist nicht nur Biobauer aus Überzeugung, sondern auch Bestseller-Autor. In der Buchhandlung Zimmermann sorgte er mit einem informativen Abend für Unterhaltung. Von Andrea Barner

Koch und Autor Franz Keller (links) zusammen mit seinem Lektor Johannes Bröcker.Foto: Günter Kahlert
Koch und Autor Franz Keller (links) zusammen mit seinem Lektor Johannes Bröcker.Foto: Günter Kahlert

Kochen macht Spaß“, sagt Franz Keller. Im lockeren Dialog mit seinem Lektor Johannes Bröckers erklärt er dem Publikum seine Grundprinzipien. Essen ist für Keller mehr als nur Nahrungsaufnahme. Schnell und billig? „Das ist doch total meschugge!“

Für den einstigen Spitzenkoch fängt der Genuss weit vor dem Teller an, nämlich bei der Auswahl guter Produkte. „Manchmal könnte man glauben, wir sind dümmer als die Dinos“, attackiert Keller die weitverbreitete Praxis, möglichst billig beim Discounter einzukaufen oder Fast Food zu konsumieren.

Keller war Ende der 80er-Jahre der bestbezahlte Koch Deutschlands mit einem Jahresgehalt von einer halben Million Mark als Gastronomiechef der berühmten „Bühlerhöhe“. Er kochte für Queen Elizabeth, für Angela Merkel oder Wladimir Putin. Sein Handwerk lernte er unter anderem bei Paul Bocuse und sonstigen erstklassigen Lehrmeistern. Kellers Videos werden im Internet tausendfach angeklickt, auch im Fernsehen ist er mit seiner ungewöhnlichen Vita gern gesehener Gast.

Das Buch „Vom Einfachen das Beste“ ist eine Mischung aus Biografie und Politik. Die Zuschauer erfahren, dass seine Mutter die erste mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Köchin Deutschlands war im Familienrestaurant „Schwarzer Adler“ am Kaiserstuhl. Dort erkochte sich Franz Keller nach seiner Ausbildung rasch zwei Sterne. Was immer er in den nächsten Jahren anpackte - es hagelte Sterne in jedem Lokal, in dem er den Kochlöffel schwang.

Er arbeitete rund um die Uhr, hatte kaum Zeit für die Familie und vergaloppierte sich finanziell. „Irgendwann hatte ich keinen Bock mehr“, bekennt Keller. Er liest das erste Kapitel seines viel beachteten Buches vor. Demzufolge verabschiedete er sich offiziell vom ­Guide Michelin und seinen zahlungskräftigsten Kunden. Die Spitzenadresse „Franz Kellers Restaurant“ in Köln hat er ebenso aufgegeben wie sein Edel-Bistro „Tomate“. In Hattenheim im Rheingau eröffnete er vor 25 Jahren seine „Adlerwirtschaft“ und brachte sie mit bodenständigen Gerichten auf die Erfolgsspur. Seine regionalen Lieferanten verkauften ihm erstklassige Grundprodukte. Weil er aber unabhängig sein wollte, hat Keller sich den „Falkenhof“ zugelegt und betreibt nun Bio-Landwirtschaft. Gekocht wird jetzt nur noch im kleinen Kreis.

Keller wettert gegen Massentierhaltung und Schlachthöfe. Er beklagt sich über falsche Subventionierungen, fehlgesteuerte Verbraucherpolitik und bedauert Landwirte, die mehr und mehr von den Großbetrieben geschluckt werden. Der Autor spart nicht mit Worten, redet über „Bockmistparagrafen“ und berichtet von den extrem niedrigen Kosten, die ein Krankenhausessen pro Tag verursachen darf. Die Besucher wollen wissen, was für Franz Keller ein „gutes Essen“ ist. Der 68-Jährige rät zu frischer Ware vom Wochenmarkt. „Mein Buch ist allerdings kein Kochbuch“, sagt er, „aber ganz hinten finden sich dann doch noch ein paar Rezepte.“

 

Infos zum Buch
Das Buch „Vom Einfachen das Beste“
von Franz Keller umfasst 256 Seiten
und ist im April 2018 im Westend-Verlag
erschienen. Untertitel: Essen ist
Politik oder Warum ich Bauer werden
musste, um den perfekten Genuss zu
finden. ab
ISBN: 978-3864892035
Preis: 24 Euro

Drei Fragen an Franz Keller

1 Was genau bedeutet für Sie „das Beste“?

Das Beste ist oft auch das Einfachste. Wenn man auf der Suche nach dem Besten ist, dann muss man ganz einfach anfangen.

2 Was heißt das im Alltag?

Die Leute sollten das kaufen, worauf sie Lust haben. Nicht nur so „essen“, weil man gerade Hunger hat. Einfach etwas experimentieren und sich mal was Besonderes kaufen. Und das muss nicht teuer sein.

3 Vom Sternekoch zum Biobauern: Was hat Sie dazu bewogen?

Das Schlimmste war eigentlich, dass sich viele Kollegen immer mehr auf Dekoration und bestimmte Trends konzentriert haben. Wahrscheinlich auch, um abzulenken vom Produkt. Die richtig guten Produkte werden ja immer rarer, immer seltener und teurer. Viele Kollegen sind dann halt hingegangen und haben mit Deko und tollen Erklärungen vom Produkt abgelenkt. Und da hab ich gesagt: Den Scheiß mach ich nicht mit.ab