Kirchheim
„Weiß nicht, wie die das überstehen“

Pandemie Bei allem Verständnis für den bundesweiten Lockdown im November sorgt sich Oberbürgermeister Pascal Bader um die Gastronomen. Von Andreas Volz

Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader sieht beide Seiten der Medaille, wenn es um den neuerlichen Lockdown geht: „Es ist ganz klar, dass man was tun musste. Ich bin auch dafür, dass es einheitliche Regeln gibt, und ich begrüße es, dass man sich bundesweit verständigen konnte.“ Nachvollziehen kann er den Lockdown durchaus: „Wenn man gar nicht mehr weiß, wo die Infektionen herkommen, muss man darauf reagieren.“

Grundsätzlich sei es gut, dass der Lockdown im Vergleich zum Frühjahr immer noch in einer „Light-Version“ daherkommt. Dass sowohl der Schulunterricht als auch die Kinderbetreuung erhalten bleiben, begrüßt Pascal Bader außerordentlich. Auch für den Einzelhandel freut es ihn, dass die Läden nicht ganz schließen müssen, sondern je nach Quadratmeterzahl eine bestimmte Anzahl Kunden bedienen können. Der Lockdown im November entspricht demnach der Kirchheimer „Wachgeküsst“-Phase von Ende April.

„Differenzierter betrachten“

Was Pascal Bader aber gerne „differenzierter betrachtet“ hätte, ist die Situation der Gastronomen: „Ich weiß nicht, wie die das überstehen sollen“, gibt er ernsthaft zu bedenken. Er hat sich in den vergangenen Tagen vielfach umgeschaut und festgestellt: „Ganz oft haben die wirklich gute Konzepte. Und jetzt müssen sie trotzdem für vier Wochen schließen.“

Natürlich lässt sich nicht alles über einen Kamm scheren: „Bei ihren Kontrollen mussten Ordnungsdienst und Polizei auf manches mit Nachdruck verweisen. Außerdem haben sie teilweise auch ganz andere Dinge festgestellt, dass zum Beispiel Fluchttüren abgeschlossen waren.“ Aber generell bescheinigt Pascal Bader den Gastronomen gute Arbeit: „Viele haben ganz ordentlich in neue Konzepte investiert, Zelte aufgebaut und vieles mehr.“

Deswegen findet er es schade, „dass man jetzt mit dem Rasenmäher drübergeht“. Er hat einen Brief unterzeichnet, mit dem sich 35 Oberbürgermeister (Stand gestern Nachmittag) aus Baden-Württemberg an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewandt haben. „Theater, Oper, Gastronomie, Hotellerie und Cafés haben gute Hygienekonzepte etabliert und sind als Treiber des Infektionsgeschehens nach unserer Kenntnis von eher geringer Bedeutung“, heißt es da unter anderem.

Die Unterzeichner haben den Eindruck, dass einfach diejenigen Bereiche geschlossen werden sollen, die „am ehesten entbehrlich seien“. Dieser Auffassung treten sie entschieden entgegen: „Kunst, Kultur und Gastronomie machen das Leben in unseren Städten wesentlich aus. Sie einfach abzuschalten, gefährdet auf Dauer Bürgersinn, Zusammenhalt und Lebensgeist der Stadtgesellschaften.“

Baden-Württemberg werde nicht aus der bundesweiten Linie ausscheren können. Trotzdem sind die 35 Oberbürgermeis­ter der Meinung, dass Außengastronomie mit Decken oder Heizstrahlern ebenso möglich sein müsse wie der Besuch von Ausstellungen und Theatern, wenn die Besucherzah­­len noch weiter reduziert werden. Deswegen bitten sie den Ministerpräsidenten, „diese Differenzierungen nochmals zu erwägen, bevor ein allzu pauschaler Lockdown angeordnet wird“.

Was wirklich angeordnet wird, werde sich wohl erst am Wochenende zeigen, sagt Pascal Bader. „Wir müssen erst die Verordnung abwarten, die wir dann ab Montag schon umgesetzt haben sollten.“ Auch für Kirchheim sieht er Grauzonen: „Wir haben uns im Verwaltungsstab geeinigt, dass das Literaturmuseum im November geschlossen bleibt. Aber was sagt die Verordnung zur Stadtbücherei?“ Die Musikschule wiederum würde Pascal Bader gerne mit der allgemeinbildenden Schule gleichstellen und offen lassen. Aber auch diese Frage bleibt ungeklärt, solange keine Verordnung vorliegt.

Was dagegen feststeht, ist der neue Veranstaltungsort für die „Querdenker“-Demo am 5. November: „Wir haben uns mit den Veranstaltern geeinigt, dass sie vom Marktplatz auf den Ziegelwasen ausweichen. Auch die Auflagen haben wir hochgefahren. Die müssen Ordner zur Verfügung stellen, um zu gewährleisten, dass die Abstandsregeln eingehalten werden.“ Komplett verbieten lasse sich die Demonstration wohl trotz Lockdown nicht: „In diesem Fall wird das Versammlungsrecht höher gewichtet als der Infektionsschutz.“

Wer weitere Fragen zu den Corona-Beschränkungen und zum Lockdown hat, erreicht die städtische Hotline von Montag bis Freitag, 8 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, unter der Nummer 0 70 21/5 02-3 42.