Kirchheim

Weniger reden, mehr Bäume pflanzen

Nachhaltigkeit In der Stadthalle diskutieren Bürger, Politiker und Wirtschaftsvertreter darüber, wie sie die Welt von Kirchheim aus lebenswerter machen können. Von Antje Dörr

Diskutieren über nachhaltige Entwicklung (von rechts): Schülerin Ronja Stein, Agenda-Koordinatorin Ines Christmann-Jacoby, Klaus
Diskutieren über nachhaltige Entwicklung (von rechts): Schülerin Ronja Stein, Agenda-Koordinatorin Ines Christmann-Jacoby, Klaus Buck vom Pädagogischen Fachseminar und Professor Dr. Brigitte Biermann von der Hochschule Nürtingen. Neben ihr steht der Moderator und ehemalige Landrat Thomas Kubendorff.Foto: Mirko Lehnen

Die jüngste Teilnehmerin des Nachhaltigkeitskongresses findet die deutlichsten Worte: „Wir müssen endlich etwas tun gegen diesen sch . . . Klimawandel“, ruft Ronja den Menschen in der Stadthalle entgegen. „Wir vernichten uns sonst selbst.“ Ronja ist zwölf Jahre alt. Anders als die meisten in der Stadthalle wird sie von den Folgen des Klimawandels direkt betroffen sein. Pflanzen statt reden: Das ist daher Ronjas Motto. In ihrer Freizeit forstet die „Plant for the planet“-Botschafterin den Wald auf, hält Vorträge und animiert andere Kinder, es ihr gleichzutun.

Kindern und Enkelkindern wie Ronja und anderen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen: Das ist das Ziel nachhaltiger Entwicklung. In Kirchheim hat der Einsatz für Naturschutz, umweltfreundliche Mobilität und fairen Konsum unter anderem in den Agenda-Gruppen seit 20 Jahren eine Heimat. Carsharing, das Repair Café, der Warentauschtag und der Eine-Welt-Verein sind nur einige Beispiele, wie Kirchheimer Bürger versuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen.

Stadt und Gemeinderat sind einen Schritt weiter gegangen: Sie haben sich dem Club der Agenda-2030-Kommunen angeschlossen (siehe Infokasten). Der Nachhaltigkeitskongress ist Teil einer Veranstaltungsreihe, in der die Stadt im laufenden Jahr Engagement sichtbar machen möchte. Beim „Markt der Möglichkeiten“ präsentieren sich in der Stadthalle alle, die schon heute etwas bewegen.

In Gesprächsrunden, moderiert vom ehemaligen Landrat Thomas Kubendorff aus Steinfurt, geht es darum, wie die Ziele der Agenda 2030 vor Ort mit Leben gefüllt werden können - und warum das oft so mühsam ist. „Von Bund und Land gibt es außer Projektgeldern keine Förderung für Nachhaltigkeitsthemen“, sagt Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Die Vermittlung der Ziele ist außerdem schwierig, weil Nachhaltigkeit ein sperriges Thema ist. Das ist spürbar, als eine Zuschauerin fragt, was denn SDGs (Sustainable Development Goals, also Nachhaltigkeitsziele) seien, von denen auf der Bühne bereits seit einer Stunde die Rede ist. „Wir müssen an unserem Marketing arbeiten“, räumt Sabine Drees vom Deutschen Städtetag ein.

Auch Bürger dürfen sich an der Diskussion beteiligen. Einer wünscht sich mehr Ungeduld und Ehrlichkeit. „In dieser Stadt passiert zwar eine Menge. Aber eigentlich müsste eine Explosion an Aktivitäten stattfinden“, sagt er. Einer, der sich mehr Engagement von Unternehmen wünscht, ist Walter Feeß, der aus dem Bauschutt alter Häuser Recycling-Beton herstellt - Bauschutt, der sonst Hunderte von Kilometern weit gefahren werden müsste, weil die Deponien voll sind. Pro Tag seien das in Deutschland 50 000 Lkw-Fahrten. „Wenn wir ortsnahe Aufbereitung betreiben, schonen wir Ressourcen und tun etwas für den Umweltschutz“, so Feeß. Gefragt, warum so wenige Unternehmen auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften sind, weiß Walter Feeß selbst keine Antwort. Nur eines ist ihm klar: „Wenn wir so weitermachen wie bisher, fahren wir den Karren gegen die Wand.“

Von New York nach Kirchheim: Agenda 2030

17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) sind Kernstück der Agenda 2030, die 2015 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) auf den Weg gebracht worden ist. Ziele sind unter anderem eine gerechtere Welt ohne Hunger und Armut, die Begrenzung des Klimawandels, hochwertige Bildung, Arbeit, Wirtschaftswachstum, etc. Angestrebt wird eine Entwicklung der Welt, die die Umwelt schont, sozial verträglich ist und Wirtschaftswachstum ermöglicht.

Kirchheim ist die 73. Kommune, die dem Club der Agenda-2030-Kommunen beigetreten ist und somit versucht, die Ziele auf lokaler Ebene umzusetzen. Mehr Informationen zu Veranstaltungen gibt es unter www.kirchheim-teck.de/agenda.adö