Kirchheim

Wie der Nahverkehr von S 21 profitiert

ICE-Neubaustrecke Die Große Wendlinger Kurve könnte dafür sorgen, dass der S-Bahn-Ringschluss von Kirchheim zum Flughafen kommt. Das Verkehrsministerium sagt Vorbereitungen zu. Von Andreas Volz

Von Kirchheim geht es mit der S-Bahn über Plochingen, Esslingen und Stuttgart nach Herrenberg. Die Große Wendlinger Kurve könnte
Von Kirchheim geht es mit der S-Bahn über Plochingen, Esslingen und Stuttgart nach Herrenberg. Die Große Wendlinger Kurve könnte dafür sorgen, dass die Züge eines Tages sogar über den Echterdinger Flughafen nach Böblingen fahren.Foto: Carsten Riedl

Post aus dem Ministerium kann unterschiedliche Reaktionen auslösen. Bei Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker war es diese Woche die pure Begeisterung, für die ein Schreiben aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium gesorgt hat: Sie hat jetzt die schriftliche Zusicherung, dass sich die Landesregierung um „Vorabmaßnahmen für eine spätere Anbindung nach Kirchheim im Zuge der Großen Wendlinger Kurve“ bemüht.

Konkret sind damit die Hoffnungen verbunden. über die Trasse der ICE-Neubaustrecke eine Tangentialverbindung der S-Bahn von Kirchheim auf die Filder zu erhalten. Dann könnten Menschen aus Kirchheim und Umgebung schnell und bequem mit der S-Bahn zum Flughafen und zur Messe gelangen, zu ihren Arbeitsplätzen auf den Fildern oder gar - wenn sie bis Böblingen weiterfahren, zum dortigen großen Arbeitgeber.

„Das wäre wichtig für 80 000 Menschen in und um Kirchheim“, sagt Angelika Matt-Heidecker. Sie denkt dabei aber auch an andere Vorteile - etwa für die Luftreinhaltung im feinstaubbelasteten Stuttgart, oder auch für die staugeplagten Nutzer der A 8. Viele Pendler, die dort jeweils alleine in ihren Autos unterwegs sind, hätten dann mit der S-Bahn eine Alternative.

Natürlich ist vieles, was den S-Bahn-Ringschluss durch Mithilfe der ICE-Trasse betrifft, noch Wunschdenken. Ob es tatsächlich jemals verwirklicht wird, ist längst nicht sicher. Falls doch, werden die Nahverkehrszüge von Kirchheim zum Flughafen eher nach als vor dem Jahr 2030 rollen. Viele heutige Pendler werden also längst im Ruhestand sein, bevor sie auch nur daran denken könnten, die S-Bahn auch wirklich für ihren Arbeitsweg zu nutzen.

Aber darum geht es vorerst gar nicht. Wichtig ist für Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker das Signal, die Vorabmaßnahmen realisieren zu wollen, denn ohne die Bereitschaft zu diesen Vorbereitungen wäre das ganze Projekt schon im Ansatz erledigt. Dabei gibt es immer noch genügend Unwägbarkeiten: Das Ministerium macht seine Zusage nämlich von dem Vorbehalt abhängig, dass die Anbindung des Regionalverkehrs an die ICE-Trasse keine zusätzlichen Risiken für die Neubaustrecke an der Wendlinger Kurve mit sich bringt. Auch die Kostenfrage ist zu klären: Hier wären die Kommunen, die davon profitieren, ebenso gefragt wie die Region.

Danach warten noch viele weitere Hürden, das weiß auch Angelika Matt-Heidecker: „Da geht es dann nicht nur um die Frage, wo der Filderbahnhof hinkommt. Es geht vor allem um das dritte Gleis auf den Fildern, das der Verband Region Stuttgart ohnehin fordert.“

Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die Digitalisierung der Schiene. Auch hier geht es darum, dass Region und Kommunen das mitfinanzieren. Kirchheims Oberbürgermeisterin sieht dafür aber gute Gründe - und gute Chancen: „Wir brauchen die digitalisierte Schiene. Alle anderen Länder in Europa sind uns da weit voraus. Und der Verkehrsknoten Stuttgart kann jetzt als Pilotprojekt immerhin Gelder aus Berlin bekommen.“

Der S-Bahn-Ringschluss könnte nach Ansicht Angelika Matt-Heideckers selbst erbitterte Gegner noch mit Stuttgart 21 versöhnen: „Dann macht das ICE-Projekt plötzlich mehr als Sinn. Es wurde ja im Vorfeld gefordert, dass der Nahverkehr unter S 21 nicht leiden darf. Unter diesen Umständen könnte er sogar davon profitieren.“ Man merkt es ihr an, dass sie „Feuer gefangen“ hat und deswegen mit Feuereifer für die Sache wirbt: „Die ganze Raumschaft muss jetzt die Chance sehen - das ist Infrastruktur für die Zukunft.“