Kirchheim

Wie Kirchheim das Klima retten kann

Debatte Vertreter von sieben Fraktionen und Gruppierungen hielten in Kirchheim ihre Reden zum Doppelhaushalt 2020/21. Vorherrschende Themen waren die Umwelt- und die Verkehrspolitik. Von Andreas Volz

Die Dettinger Straße als autofreie Zone - zumindest an einem Samstag im Monat - war ebenso Bestandteil der Reden zur Generaldeba
Die Dettinger Straße als autofreie Zone - zumindest an einem Samstag im Monat - war ebenso Bestandteil der Reden zur Generaldebatte im Kirchheimer Gemeinderat wie die Frage, ob das Wachthaus als prägendes Gebäude im Besitz der Stadt bleiben soll. Fotos: Carsten Riedl

Generaldebatte im Kirchheimer Gemeinderat: Zwei Stunden lang wechseln sich die Redner am Pult im großen Sitzungssaal ab. Sie vertreten Fraktionen, Gruppierungen und Ortschaftsräte. Inhaltlich geht es dabei um das große Ganze ebenso wie um die Sanierung einzelner Straßen. Im Folgenden werden die ausführlichen Haushaltsreden der Fraktionen und Gruppierungen in kurzen Auszügen wiedergegeben.

„Ohne Aktionismus und ideologische Festlegungen“ wollen die Freien Wähler auch weiterhin „auf eine pragmatische Weise handeln“, stellte der Fraktionsvorsitzende Dr. Christoph Miller fest. Für „das aktuell alles überstrahlende Thema Klimapolitik“ bedeutet dies: „Hier sind Tatsachen, Analysen und zielführendes Handeln gefragt und nicht realitätsferne Forderungen, Verbote und Beschränkungen.“ Weitere Themen der Freien Wähler: Sie wollen sich für die Fachwerkinnen­stadt und die Sanierung des Wachthauses einsetzen, und sie wollen, dass die Stadt Kirchheim weiterhin schuldenfrei bleibt. Trotzdem soll die Stadt eine Wohnungsbaugesellschaft gründen und mehr Geld in die Straßensanierung stecken.

„Klare Bekenntnisse, um der Klimakrise entgegenzuwirken“, forderte Sabine Bur am Orde-Käß, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Unter anderem seien der Flächenverbrauch zu stoppen und der motorisierte Individualverkehr zu reduzieren. Alle Sitzungsvorlagen des Gemeinderats müssten künftig unter Klimavorbehalt stehen. „Nachhaltigkeitsziele“ sind den Grünen wichtiger als „weitere große Investitionsanträge“. Einmal im Monat sollen samstags gleich zwei Projekte erprobt werden: die autofreie Dettinger Straße bis hinauf zur Ziegelstraße und der kostenlose Busverkehr. Außerdem fordern die Grünen, dass auf städtischen Grünflächen keine motorbetriebenen Laubbläser mehr verwendet werden sollen.

Die Bürger sollen sich frei entfalten können, ohne dass der Staat ihnen Verhaltensweisen vorschreibt. Dieses Credo stellte Dr. Thilo Rose, der Vorsitzende der CDU-Fraktion an den Beginn seiner Haushaltsrede. Demnach sei der Radverkehr zu fördern, ohne deswegen die Autofahrer zu gängeln. Für die freie Entfaltung der Stadt Kirchheim sieht er es als wichtig an, dass die Stadt schuldenfrei bleibt. So plädierte er dafür, „dass die städtische Verschuldung weder ansteigen noch in einen Nebenhaushalt verschoben werden sollte“. Kirchheim solle mehr Wohnangebote für Familien schaffen - damit Letztere nicht in die Umlandgemeinden ziehen.

Für mehr Bürgerbeteiligung machte sich der Fraktionsvorsitzende der SPD, Marc Eisenmann, stark. Zum Klimaschutz stellte er fest: „Einfache Lösungen wird es nicht geben - dafür aber Lösungen, die mit Verzicht und mit der Veränderung von individuellen Lebensgewohnheiten verbunden sind.“ Gehört dazu das Umsteigen auf den Bus, hat die SPD wenigstens erreicht, dass das kostengünstiger geht - durch das Stadtticket ab Januar 2020. Dagegen könnte für die Stadt so manches teurer werden: Die SPD fordert unter anderem, die Betriebskostenbeteiligung der Sportvereine abzuschaffen - und schon vor 2030 ein neues Hallenbad zu bauen.

Für die FDP/KiBü-Fraktion forderte Ulrich Kreyscher, dass Kirchheim sich zur „Smart City“ entwickelt, um gegen die „mangelnde Digitalisierung auf dem Land“ vorzugehen. Außerdem ging es in seiner Rede darum, das Sicherheitsgefühl der Bürger bei Nacht durch bessere Beleuchtung zu erhöhen oder auch die Infrastruktur für alternative Antriebe zu verbessern. Zum Klimaschutz appellierte er an die Macht der Verbraucher: „Wenn Sie morgen keinen Kaffee zu Mitnehmen mehr im Plastikbecher kaufen, wird übermorgen kein Plastikbecher mehr produziert.“

Die Christliche Alternative Kirchheim (CIK) freute sich darüber, dass in Kirchheim wieder einmal ein Doppelhaushalt beraten wird. Hans Kiefer sah darin aber keine Beschneidung des Budgetrechts im Gemeinderat: „Wir entscheiden in jeder Sitzung direkt oder indirekt über das Budget.“ Zum Klimaschutz beantragte die CIK eine eigene Aktion vor Ort: „Einen Tag autofreie Innenstadt - mit einem bunten Tisch der angrenzenden Gastronomen auf dem Alleenring und viel Freiraum für Jung und Alt.“

Heinrich Brinker forderte für Die Linke, „dass endlich auch die Menschen mit weniger Einkommen gehört werden“. So solle die Bürgerschaft über den Flächennutzungsplan 2035 abstimmen. Auch über Straßennamen, Bau- und Verkehrsthemen sollten die Menschen im Quartier abstimmen können. Die Stadt müsse neue Stellen schaffen - für eine Nachhaltigkeitsstrategie und „zum Aufbau eines Flächenmanagements“. Vor allem dürfe in Niedrigzins-Zeiten nicht gespart werden: „Es muss investiert werden.“

Anträge der Fraktionen und Gruppierungen

Freie Wähler
1. Fachforum Klimaschutz Anfang 2020
2. Forum Weiterentwicklung Märkte Anfang 2020
3. Elternumfrage zum Betreuungsbedarf an Grundschulen
4. Anonymisierte Mitarbeiterumfrage: „Stadt als Arbeitgeber“
5. Bericht über Mitarbeitergewinnung und
-bindung in Zeiten des Fachkräftemangels
6. Bericht zu Übernachtungskapazitäten in Kirchheim
7. Aktueller Straßenzustandsbericht
8. Aktueller Gebäudewirtschaftsbericht
9. Neuer Radverkehrsplan
10. Fachforen als Leistungsziel im Handlungsfeld Umwelt und Natur verankern
11. Kommunalen Ordnungsdienst aufstocken
12. Bericht über mögliche Videoüberwachung an bekannten Kriminalitätsschwerpunkten
13. Berichte über Ausgleichsflächen und über Maßnahmen aus DB-Ausgleichszahlungen
14. Untersuchung zu Rundweg Jesinger Halde
15. Pfandringe an städtischen Mülleimern
16. Pfandsystem für Einwegbecher
17. Erklärungstäfelchen zu Straßennamen
18. Bericht über Flüssigbeton beim Verlegen von Rohren und Leitungen
19. Freibad: Bericht über Besucherzahlen,
Personal und Kosten

Grüne
1. Klimavorbehalt für alle Sitzungsvorlagen
2. Ökologische Kriterien als verpflichtender Bestandteil der öffentlichen Auftragsvergabe
3. Holzhackschnitzel-Heizanlage und Parkhaus für Wohnbebauung Güterbahnhofsareal
4. 100 000 Euro jährlich für Radweg-Konzeption
5. Fahrradabstellanlage an der Stadthalle
6. Möglichen Lastenfahrradverleih prüfen
7. Kostenloses Parken in der Widerholtstraße für Behinderte, Elektroautos und Lastenfahrräder
8. Bauhof auf Elektromobilität umstellen
9. Kostenloser Bus an einem Samstag im Monat
10. Dettinger Straße einen Samstag im Monat sperren
11. Finanziellen Anschub für Mehrwegbecher­system gewährleisten
12. Ökologische Kriterien für Bauleitplanung
13. Zur Kostensenkung bei städtischen Gebäuden bauliche Standards hinterfragen
14. Jährlichen Energiebericht wieder aufnehmen
15. Anreize zur Senkung des Stromverbrauchs in städtischen Gebäuden schaffen
16. Bericht über Aufforstung in Kirchheim
17. Zusätzliche Baumquartiere an Straßen
18. Weitere Mittel für die Umsetzung der
Europäischen Wasserrahmenrichtlinie
19. Beim Verwaltungsgebäudekonzept die Interimslösung „BlessOF“ zur Dauerlösung machen
20. Auskömmlichen Umfang der Schulsozialarbeit laufend überprüfen
21. Mittel für Linde-Areal einstellen
22. Bericht über Stadtpass A und B
23. „8er-Rat“ zur Beteiligung Jugendlicher

CDU
1. Höhere Mittel für Straßeninstandhaltung
2. Jährlich mindestens drei Straßen sanieren
3. Sanierung Haldenstraße und „In der Warth“
4. Ampelphasen Max-Eyth- / Alleenstraße und Stuttgarter Straße / Friedrichstraße anpassen
5. Weitere Fahrradabstellplätze in den Teilorten
6. Parkkonzept für die Innenstadt
7. Verkehrskommission neu besetzen
8. Höhere Mittel für mehr Sauberkeit in der Stadt
9. Pfandringe an Mülleimern in der Innenstadt
10. Bericht über Graffiti-Beschmutzung
11. Klimafolgenanpassungskonzept erstellen
12. Hochwasserschutz Dupig-Graben verbessern
13. Bericht über Verkauf kleiner Grünstreifen
14. Wickelmöglichkeiten in der Stadtbücherei, in der Stadthalle und im Rathaus einrichten
15. Dauerhafte Sitzmöglichkeiten in den
Fußgängerzonen
16. Bericht über Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden und an Bushaltestellen
17. Arbeitsgelegenheiten für Menschen in der Anschlussunterbringung schaffen
18. Jahresbilanz Vorjahr und Planungsbilanzen dem Haushaltsplan hinzufügen
19. Medienentwicklungsplan Schulen umsetzen
20. Bericht über ärztliche Versorgung
21. Bericht über Möglichkeiten zur Ansiedlung bedeutender Bildungseinrichtungen

SPD
1. Klimarelevanz in Sitzungsvorlagen darstellen
2. Geschäftsfelder der Stadtwerke ausbauen
3. Kurzfristiges Vorgehen gegen Engpässe bei Kindertageseinrichtungen
4. Mehr Personal für städtische IT-Lösungen
5. Wohnungsbestand in Eigenbetrieb überführen
6. Stadt selbst soll Wohnungen bauen
7. Erlöse aus Grundstücksverkauf für Wohnungsbau und Infrastruktur verwenden
8. Städtebaulicher Wettbewerb für Ötlinger
Güterbahnhofsareal inklusive Reutlinger Straße
9. Breitbandausbau fallweise selbst machen
10. Interkommunale VVS-Tagestickets schaffen
11. Beleuchteter Fahrradschnellweg nach Nabern
12. Zebrastreifen oder Ampel an der Neuen
Straße auf Höhe der Gießnauhalle in Nabern
13. Lärm- und Schadstoffbelastung an der
Jesinger Ortsdurchfahrt reduzieren
14. Betriebskostenbeteiligung abschaffen
15. Mittel für Partnerschaftsbesuche von
Vereinen bereitstellen
16. Investitionskostenzuschüsse bei der
Sportförderung überarbeiten
17. Hallenbad-Planung sofort beginnen
18. Spielplätze besser pflegen
19. Jugendarbeit nach „Esslinger Modell“ fördern
20. Jährliches „Hearing der Jugend“
21. Mehr Mittel für Nachbarschaftswerke
22. Berichte zu Stadtwerken, Internet an Schulen, Schulwegen, Vorkaufsrecht, Erbpacht, IBA,
Fuhrparkkonzeption, S-Bahn-Ringschluss, Rad­fahrkonzept, Lärmaktionsplan, Kirchheimer Kinder-Karte, Bürgerhaushalt, Pflegestützpunkt

FDP/KiBü (Kirchheimer Bürgerliste)
1. Kirchheim zu „Smart City“ entwickeln
2. Digitale Bürgerkommune mit Onlineverfahren
3. Zusätzliche Beleuchtung in kritischen und dunklen Gebieten
4. Mehr Präsenz des Ordnungsdienstes
5. Infrastruktur für alternative Antriebe
ausbauen
6. Multifunktionales Zentrum für Freizeit, Sport und Tagungen bauen
7. Kürzere Planungszeiten beim Wohnungsbau
8. Durch Kooperation zwischen Stadt und
Unternehmern Bildungsträger gewinnen
9. Tempo 30 auf Durchgangsstraße nur
zwischen 22 und 6 Uhr
10. Direkte Autobahnauffahrt Kirchheim West in Richtung Stuttgart
11. Attraktivität Kirchheims für Ärzte und
medizinische Fachkräfte steigern
12. Kirchheim als Pflegestandort ausbauen
13. Bessere Förderung der innovativen Industrie
14. Erreichbarkeit der Innenstadt und Parken verbessern, zur Sicherung der Arbeitsplätze
15. Konzept für Umgang mit einer Blackout-Lage
16. Sauberkeit in der Stadt erhöhen

Christliche Initiative Kirchheim (CIK)
1. Bericht über Wohnraumversorgung von Menschen in prekären Situationen
2. Bericht über Integration an bisher bezogenen Unterkünften
3. Kreisverkehr Henrietten- / Kolbstraße
4. Radverkehrsbericht vorlegen und „Vorbeifahrstreifen“ kennzeichnen
5. Bericht über mögliche Verlängerung der Rechtsabbiegespur der Umgehungsstraße, von der Autobahn in Richtung Stadtmitte
6. 70 000 Euro als Planungsrate für den Umbau der Kreuzung am Gaiserplatz
7. Zustandsbericht zur Jesinger Ortsdurchfahrt und zur Boschstraße
8. Bericht über Flächen zur Aufforstung
9. Bericht über Umgang mit Feuerwerk
10. Bericht über Tiere in Zirkussen
11. Bürgerforen stärker in die Breite streuen
12. Autoverkehr in der Fußgängerzone reduzieren und Aktionstag autofreie Innenstadt einführen

Linke
1. Flächenmanagement nachhaltig optimieren
2. Gewerbeflächenrecycling
3. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft gründen
4. Kauf von Grundstücken fördern
5. Sozialbauquote auf 50 Prozent erhöhen
6. Zweckentfremdungssatzung für Kirchheim
7. Stadt Kirchheim wird Mitglied im Mieterbund
8. Wohnrecht für Bewohner Reutlinger Straße
9. Mehr Kapazitäten für die Medienentwicklungsplanung der Schulen
10. Schulsozialarbeit fördern
11. Keine Kitagebühren für Geschwisterkinder
12. Sicherung des CAP-Markts
13. Intermodaler Verkehrsbericht
14. Konzept zur Entwicklung der Dettinger
Straße zur Fußgängerzone
15. Tempo 30 in der Stadt
16. Übergang Max-Eyth-Straße / Alleenstraße ohne Ampel
17. Überdachung und Begrünung Bushaltestellen
19. Bahnhof: Frei zugängliche, saubere Toiletten
20. Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement
21. „Die Stadt erblüht“
22. Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe durch Elemente der direkten Demokratie
23. Mitbestimmung im Quartier
24. Quartierskonzept erstellen
25. Nutzung öffentlicher Räume für zivilgesellschaftliches Engagement
26. Info- / Litfaßsäulen im Stadtgebiet
27. Übertragung, Aufzeichnung und Archivierung des öffentlichen Teils der Ratssitzungen
28. Straßenbeleuchtung zuverlässiger und sparsamer machen
29. Sitzgelegenheiten in der Fußgängerzone
30. Gebührenfreies Stadtticket nach Abgabe des Führerscheins