Kirchheim

„Wir suchen laufend neue Standorte“

Wohnraum Die Stadt Kirchheim hat für 2020 und 2021 rund 120 zusätzliche Plätze für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen bereitzustellen. Generell nimmt die Obdachlosigkeit immer weiter zu. Von Andreas Volz

Bei der Unterbringung auf dem Jesinger Bolzplatz herrschen der Verwaltung zufolge „gute nachbarschaftliche Beziehungen“. Foto: C
Bei der Unterbringung auf dem Jesinger Bolzplatz herrschen der Verwaltung zufolge „gute nachbarschaftliche Beziehungen“. Foto: Carsten Riedl

Obwohl die Flüchtlingszahlen insgesamt zurückgehen, hat die Stadt Kirchheim weiterhin einen hohen Bedarf an Wohnraum für die Anschlussunterbringung. Das ist das Ergebnis des „Werkstattberichts“ im Kirchheimer Gemeinderat. Für die Stadt selbst sind die Zahlen im laufenden Jahr nämlich gestiegen: Statt 40 Menschen weist der Landkreis Esslingen der Stadt Kirchheim für 2020 nun 59 Personen zu. Für 2021 wird dann wieder mit 40 zusätzlichen Fällen für die Anschlussunterbringung gerechnet. Zudem gibt es noch einen „Überhang“ von 2019: Bis 31. März sind demzufolge noch 18 Personen unterzubringen.

Gemessen an dem, was in Kirchheim seit 2015 geleistet worden ist, fallen diese Zahlen nicht allzu hoch aus: Insgesamt hat die Stadt bislang für 671 Geflüchtete Wohnraum bereitgestellt. 22 ehemals unbegleitete Minderjährige sind dabei nicht eingerechnet, weil sie zwar mit Wohnraum versorgt werden müssen, aber nicht zur anrechenbaren Quote gehören.

Sozialräume sollten größer sein

Herbert Müller von der städtischen Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit berichtete aus der Praxis: Demzufolge sind die Sprachangebote ausreichend, was vor allem eine positive Auswirkung auf die Arbeitsvermittlung hat. Außer bei den Themen Bildung und Gesundheit gebe es auch einen großen Bedarf bei der Berufs- und Ausbildungsberatung. Ein Problem in den bisherigen Unterkünften: Die Sozialräume vor Ort sollten größer sein, um auf den Beratungsbedarf reagieren zu können. Oft sind die Büros zu klein, es fehlt an Besprechungszimmern für mehrere Personen und außerdem am Warteraum. 3,5 Stellen hat die Stadt bislang für das Integrationsmanagement eingerichtet.

Grundsätzlich konstatiert Herbert Müller: „Das Zusammenleben funktioniert - bis auf kleinere Ausnahmen.“ Gehäuft träten Ausnahmen im Hafenkäs auf: „Die Familien sind gut integriert. Bei den Einzelpersonen ist es aber teilweise schwierig.“ Das Problem seien die „Zwangswohngemeinschaften“ - wenn sich Menschen eine Wohnung teilen müssen, die nicht zusammenpassen: „Beim Hafenkäs hatten wir leider keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Bewohner.“ Wichtig sei vor allem, dass die Menschen Arbeit haben. Dann nämlich würden viele Probleme gar nicht erst entstehen.

„Bewohner, die arbeiten, zahlen die Unterkunftskosten auch selbst“, betont Herbert Müller. Dass oft der Sperrmüll anrückt, liege daran, dass die Bewohner immer wieder neue Möbel anschaffen oder welche gespendet bekommen: „Dann gibt es dort aber keine Möglichkeiten, die alten Möbel in den Keller oder auf die Bühne zu stellen. Also muss der Sperrmüll bestellt werden. Und damit es für den Sperrmüll nicht zu viele Anlaufstellen gibt, stellt die Stadt oft auch noch Möbel aus Wohnungsräumungen dazu.“

Die Anschlussunterbringung für Flüchtlinge ist indessen nicht das einzige, was der Stadt zur Vermeidung von Obdachlosigkeit obliegt: 2019 hat Kirchheim 64 Personen versorgt, die aus unterschiedlichen Gründen auf der Straße standen: Eigenbedarfskündigungen zählen ebenso dazu wie Mietrückstände, nicht mehr bezahlbare Mieten oder auch die Sanierung der bisherigen Wohnhäuser bis hin zu deren Abriss für eine vorgesehene Neubebauung.

Die Stadt mietet deswegen selbst Wohnungen an, sie bringt die Menschen in vorhandenen städtischen Wohnungen unter oder eben in den Unterkünften, die sie an unterschiedlichen Standorten baut oder bereits gebaut hat. In die Gebäude im Hafenkäs, am Jesinger Bolzplatz, auf der Klosterwiese, in der Kitteneshalde, in Lindorf und im Ötlinger Ginsterweg investiert die Stadt insgesamt rund zehn Millionen Euro. Dafür gab es bislang Zuschüsse in Höhe von 1,8 Millionen Euro. Weitere Gebäude sind aber noch an weiteren Standorten geplant, vier Häuser allein schon im bislang unbebauten Gebiet „Schafhof IV“. Aber auch der Platz neben dem Ötlinger Rathaus steht zur Diskussion, ebenso wie ein Grundstück im Lindorfer Weg.

Als vorübergehendes Ausweichquartier sollen auch die Wohncontainer in der Tannenbergstraße dienen, wenn diese nicht mehr von den Arbeitern der ICE-Trasse benötigt werden. Entspannung ist also trotz allem nicht gegeben. Der Erste Bürgermeister Günter Riemer sagt: „Wir suchen laufend nach neuen Standorten.“