Region. Ab 2025 gibt es eine entscheidende Zahl für die Festlegung der Grundsteuer: den Bodenrichtwert. Er wird von den Gutachterausschüssen ermittelt und festgelegt. In Baden-Württemberg gibt es dabei die Besonderheit, dass das Gutachterausschusswesen in kommunaler Hand liegt. Das ist der Grund, warum es im Ländle derzeit etwa 900 Gutachterausschüsse gibt. Das wird nun zu einem Problem: Denn damit genügend Vergleichsdaten für rechtssichere Wertermittlungen zusammenkommen, gilt seit 2017, dass künftig dafür mindestens 1000 auswertbare Kauffälle pro Jahr vorliegen müssen.
In Nürtingen gehen laut Kerstin Durst, der Vorsitzenden des Nürtinger Gutachterausschusses, pro Jahr circa 600 Verträge ein. Mit einberechnet sind hier schon die Kaufverträge aus Großbettlingen und Unterensingen, die diese Aufgabe im Rahmen der Verwaltungsgemeinschaft an Nürtingen übertragen haben.
„Im Landkreis schafft es lediglich die Stadt Esslingen, auf diese Zahl zu kommen“, sagt Neuffens Bürgermeister Matthias Bäcker. Er ist einer der federführenden Organisatoren einer möglichen Lösung für dieses Dilemma: Damit künftig Kaufpreissammlungen, Bodenrichtwerte und andere Wertermittlungen rechtssicher erstellt werden können, muss eine kritische Masse an auswertbaren Kaufverträgen als Grundlage dienen. Die soll jetzt gemeindeübergreifend erhoben werden. „Wir wollen einen Zweckverband gründen“, so Bäcker. Daran arbeitet seit über einem Jahr eine siebenköpfige Arbeitsgruppe aus fünf Rathäusern. Mit dabei neben Bäcker auch Kerstin Durst, die Nürtinger Ausschussvorsitzende.
Ebenfalls mit im Boot sind Verwaltungsrechtler, die den Prozess begleiten, bei der Ausarbeitung der Verbandssatzung und der Gründung mitwirken und beraten. Der Zweckverband „Gemeinsamer Gutachterausschuss im Landkreis Esslingen“ soll landkreisweit die Aufgabe der kleineren Gremien übernehmen. Derzeit laufen die Verhandlungen, wie sich die neue kreisweite Einrichtung umsetzen lässt. Die Zeit drängt, denn schon Anfang 2022 sollen die ersten Bodenrichtwerte ermittelt werden. Bis Mai sollen die Kreiskommunen deshalb entscheiden, ob sie dem Verband beitreten wollen oder nicht.
Der Sitz des Verbandes soll Nürtingen sein. Die Städte und Gemeinden müssten ihre gutachterlichen Aufgaben im Falle eines Beitritts vollständig an den Zweckverband übertragen. Vermutlich seien deswegen noch einige Kommunen unentschlossen, sagt Bäcker. Die Fildergemeinden planten eventuell einen Alleingang, weil die Großen Kreisstädte Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen zusammen genügend Fälle hätten. Im Lenninger und Weilheimer Raum gibt es seit zwei Jahren einen interkommunalen Gutachterausschuss - auch er funktioniere bereits gut, so Bäcker. Dennoch sind auch diese Gemeinden wie alle übrigen Kreisgemeinden offen für das Projekt, so der Neuffener Bürgermeister. „Und auch wenn nicht alle von Anfang an dabei sind, ein Beitritt wäre auch später möglich.“ Philip Sandrock