Kirchheim
Zwei überaus beliebte Typen

Jubiläum „Goldene Hochzeit“ können Ernst Hermann und Radisa Milosavljevic bei der Firma Keller Lufttechnik feiern. Seit 50 Jahren arbeiten sie dort und sorgen für beständig gute Laune. Von Iris Häfner

Ein unschlagbares Team sind Radisa Milosavljevic und Ernst Hermann. Seit 50 Jahren sind sie bei der Firma Keller Lufttechnik in Jesingen beschäftigt, lieben vor allem ihren Job, die Firma im Allgemeinen, die Kollegen, Azubis und Chefs aller Generationen im Besonderen. Wer mit den beiden übers Werksgelände läuft, bekommt schnell mit: Das ist keine bloßes Gerede. Die Entgegenkommenden - ob im Auto oder zu Fuß - strahlen plötzlich, winken geradezu reflexartig den beiden gestandenen Männern zu. Keine Frage, Radisa Milosavljevic und Ernst Hermann werden geschätzt, und die Sympathien fliegen ihnen nur so zu.

Mit 78 in die Rente

Radisa Milosavljevic ist 78 Jahre alt und hat sich jetzt doch dazu entschlossen, zum Jahresende mit der gewerbsmäßigen Arbeit als Angestellter aufzuhören. In Serbien werden seine Familie und er selbst jedoch dafür sorgen, dass der Tatendrang nicht jäh gestoppt wird. Die Talente des quirligen Tausendsassas, der außer guter Laune keinen anderen Gemütszustand zu kennen scheint, wollen schließlich ausgelebt werden. „Immer da“, ist die kurze Antwort auf die Frage, was er denn so bei Keller gemacht hat. Die Wohnung war auf dem Werksgelände und er somit immer ansprechbar und einsatzbereit, wenn es Probleme jeglicher Art gab - sieben Tage in der Woche. „Bissle Elektrik“ hat er gekannt, als er Mitte August 1970 zur Firma kam, kein Wort Deutsch konnte und seitdem keinen einzigen Tag krank war, wie er mit einem Strahlen betont.

Irgendwas nicht können, ist außerhalb seiner Vorstellungskraft. Es wird solange geschraubt, gedrahtet und improvisiert, bis das Problem gelöst ist, die Maschine und somit die Produktion weiterlaufen kann. Jegliches Alltagsgeschäft fiel auch in Radisa Milosavljevics Aufgabenbereich. Zu nichts ist er sich zu schade. Hatte die Putzfrau Urlaub, machte halt er ihren Job. Er schaute nach der Heizung, putzte und reparierte Autos, schnitt Hecken. „Bei der Arbeit ist es immer lustig. So lange Jahre hat niemand mit mir geschimpft, auch der Chef nicht“, sagt er und erzählt davon, dass er „nix Stress von Firma und Chef kennt“. Derweil sitzt Ernst Hermann daneben und ergänzt: „Der kennt alles und jeden. Radisa ist überall beliebt. Er hilft jedem und macht immer Spaß.“

Die positive Ausstrahlung des 78-Jährigen wissen auch die beiden Eseldamen Emma und Eva zu schätzen. Kommt er in ihr Blickfeld oder hören sie seine Stimme, wird er mit einem zweistimmigen I-Aah lautstark begrüßt. Für das Wohl der beiden Langohr-Diven ist er ebenfalls zuständig, und die Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Emma und Eva sind für viele keine Unbekannten. Jeder, der den Radweg zwischen Holzmaden und Jesingen regelmäßig benutzt, kennt sie, denn ihr Stall und ihre Weidegründe liegen in unmittelbarer Nachbarschaft.

Sein eigener Chef sein zu können, hat ihm seinen Job so attraktiv gemacht, ebenso die vielfältige und interessante Arbeit. „Mein Platz ist wie das Paradies“, sagt er mit solch voller Überzeugung, dass keinerlei Zweifel aufkommen.

Lehrmeister aus Überzeugung

Ebenfalls seit 50 Jahren bei der Firma Keller ist Ernst Hermann. Er wohnt seit Jahren auf dem Werksgelände und übernimmt weiterhin wichtige Aufgaben. Frühmorgens schließt der die Hallen für die Arbeiter auf und erledigt Arbeiten, „die so anfallen“. Als junger Kerl hat er eine Lehre als Heizungsbauer in einem Kirchheimer Betrieb absolviert. „Ich wollte danach eigentlich auf Montage gehen, aber daraus wurde nichts. Mein Vater hatte einen Kumpel bei Keller und wusste deshalb, dass dort Leute gesucht wurden“, erinnert sich der 68-Jährige. Eine Woche nachdem er ausgelernt hatte, trat er seine Stelle am 5. Oktober 1970 bei Keller Lufttechnik in der Schlosserei an. Irgendwann kam die Bundeswehr dazwischen und sorgte für ein 15-monatiges Aus in Jesingen.

Zu seiner Firma kam er nach dem Intermezzo gerne wieder zurück. Keinen Tag hat er bereut und seine „geilste, tollste und beste Zeit“ begann 1997. Ab da war er 23 Jahre Ausbildungsleiter - und weit mehr. „Die Azubis waren immer bei mir, es sind meine Jungs gewesen.“ Hatte einer von seine „Jonge“ Prüfung in Stuttgart, war er selbstredend mit dabei zur seelischen und moralischen Unterstützung. „Kein Einziger ist durchgefallen und jeder macht seinen Weg“, freut er sich über die positive Bilanz. Rund 70 Azubis waren es. Auch privat unterstützte er seine Schützlinge, beispielsweise am Wochenende auf dem Fußballplatz, denn das vertrauensvolle Verhältnis endete weder am Werktor noch im Feier- abend. So verwundert es nicht, dass er zu Hochzeiten eingeladen wurde und es 2017 zu einem großen Abschiedsfest kam, als er als Lehrmeister aus dem Dienst schied. „Jetzt bin ich halt no a bissle Hausmeister und Schließdienst“, umschreibt er bescheiden seine Aufgabe. Die Mehrheit seiner Jungs ist heute noch bei Keller - auf Montage, im Außendienst oder im Werk in Jesingen. Darauf blickt er stolz zurück.