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Zwischen allen Stühlen

„Evangelische Christen jüdischer Herkunft saßen zwischen allen Stühlen“, sagt Bildungsreferent Dr. Markus Geiger. Die Kirchen waren selbständig, deshalb war der „Arierparagraph“ vom 7. April 1933 für sie nicht bindend. Doch die Praxis sah anders aus. Nachdem die „Deutschen Christen“ (DC) bei den Kirchenwahlen im Juli 1933 in den Kirchen der altpreußischen Union die Macht erobert hatten, wurde im September 1933 in etwa der Hälfte der protestantischen Kirchen in Deutschland der Arierparagraph eingeführt. Nicht so in Württemberg, doch auch hier wurden drei Theologen mit jüdischen Vorfahren - einer davon Fritz Majer-Leonhard - nicht in den Pfarrdienst übernommen. Auch die Anfragen von drei Theologen jüdischer Herkunft aus DC-geführten Landeskirchen, in den württembergischen Kirchendienst übernommen zu werden, wurden abgelehnt. Fünf dieser DC-Kirchen schlossen 1939 alle jüdischer Gemeindemitglieder aus.

Die Schuld der Kirche an den eigenen Gemeindegliedern habe in der Stuttgarter Schulderklärung von 1945 keine Erwähnung gefunden - genauso wenig wie die Shoah insgesamt, bedauert Bildungsreferent Markus Geiger. „Es braucht Jahrzehnte, bis dieser Mangel offen ausgesprochen werden durfte“, sagt er. Heute geht die Kirche offen damit um, wie zuletzt bei einer Gedenkveranstaltung am Originalort der Schulderklärung, der Stuttgarter Markuskirche.pd