Kirchheim

Zwischen Küche und Mensa liegen 100 Kilometer

Verpflegung Das Mittagessen an Kirchheimer Schulen und Kitas steht in der Kritik. Vor einigen Wochen hat der Caterer seine Produktion verlegt. Von Bianca Lütz-Holoch

Symbolbild

Zu kalt - matschig - unappetitlich: Seit den Sommerferien häufen sich an Kirchheimer Schulen und Kindergärten Beschwerden über das angelieferte Mittagessen. „Wir haben ein Qualitätsproblem“, weiß Michaela Göhler-Bald, Leiterin der Abteilung Bildung bei der Stadt Kirchheim. „Das Essen in einzelnen Einrichtungen entspricht nicht unseren Kriterien“, sagt sie. Zum Teil seien die Menüs in den vergangenen Wochen schon so kalt gewesen, dass das Personal an den Ausgabestellen sie nicht angenommen habe.

Die Ursache für das Problem ist der Stadt bekannt: „Der Caterer, der uns beliefert, hat seinen bisherigen Produktionsstandort in Stuttgart-Wangen aufgegeben. Jetzt sind die Anfahrtszeiten deutlich länger als vorher“, sagt Michaela Göhler-Bald. Tatsächlich wird das Mittagessen für die Kirchheimer Kinder nun in Neuenstadt am Kocher zubereitet. Die Stadt ist nördlich von Heilbronn gelegen - 100 Kilometer von Kirchheim entfernt.

„Wir kochen täglich frisch“, informiert Benjamin Kalisvaart, Geschäftsführer des ausliefernden Unternehmens Meyer Menü auf Anfrage. „Nach dem Kochen werden die Speisen sofort in entsprechende Transportbehältnisse abgefüllt und in unsere Auslieferfahrzeuge verladen.“ In einem speziellen Herstellungsverfahren werde das Essen zunächst nur kurz gekocht und dann während der Fahrt fertiggegart - „nicht warm gehalten“, betont Benjamin Kalisvaart. Ausgeliefert werden die Menüs zwischen 9.30 und 12.30 Uhr. Nachgebessert hat das Unternehmen offenbar schon beim Lieferprozess: „Seit dem 2. November werden die Mittagessen ohne Umwege direkt nach Kirchheim transportiert“, betont Benjamin Kalisvaart.

Das Unternehmen Meyer Menü beliefert die Kirchheimer Einrichtungen seit dem vergangenen Jahr. 2016 hatte Meyer Menü den Caterer Robin Cook, der bei der Stadt unter Vertrag stand, übernommen und wurde damit neuer Partner.

Abfinden will sich die Stadtverwaltung mit der aktuellen Situation nicht. „Wir haben die Kolleginnen in den Ausgabeküchen aufgefordert, alles zu dokumentieren“, sagt Michaela Göhler-Bald. Mit dem Caterer halte sie engen Kontakt.

Essen wird neu ausgeschrieben

Unabhängig von der aktuellen Kritik steht das Thema Kita- und Schul­essen bei der Stadt schon seit Beginn des Jahres ganz oben auf der Agenda. „Wir möchten das Mittagessen neu ausschreiben und vergeben“, sagt Michaela Göhler-Bald. Die Stadt Kirchheim hat nun ein Institut beauftragt, das ein Konzept ausarbeitet und prüft, welche Wege sich in punkto Verpflegung für die Zukunft anbieten. „Das Ergebnis ist im Moment noch völlig offen“, so die Leiterin der Abteilung Bildung.

Ziel ist jedoch, bis zum nächsten Sommer alles in trockenen Tüchern zu haben. „Wir planen, zu Beginn des kommenden Schuljahres mit einer neu konzipierten Essensversorgung starten zu können“, kündigt Michaela Göhler-Bald an.

Kommentar: Indiskutabler Anfahrtsweg

Ganz klar: Wenn Schulen und Kindergärten von einem Caterer beliefert werden, kommt das Essen eben nicht direkt aus dem Kochtopf auf die Teller. Dennoch gibt es gewisse Standards, die eingehalten werden müssen. So haben das Bundesministerium für Ernährung und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Leitlinien für die Schulverpflegung herausgegeben. Darin ist beispielsweise festgelegt, dass die Speisen maximal drei Stunden warm gehalten werden dürfen. Bereits vorher kommt es zu Vitaminverlust und Geschmackseinbußen.

Der Caterer, der die Kirchheimer Schulen beliefert, wirbt damit, dass seine Speisen auf der Fahrt nicht warm gehalten, sondern fertiggegart werden. Das mag ja sein. Auch die sich anschließende Warmhaltezeit in Schulen und Kindergärten dürfte bei einem Auslieferungsbeginn um 9.30 Uhr noch gerade so im grünen Bereich liegen.

Dass aber Mittagessen für Kirchheimer Kinder morgens schon 100 Kilometer durchs Ländle gekarrt wird, ist indiskutabel. Es kann der Qualität der Speisen nicht zuträglich sein, wenn sie stundenlang gegart und warm gehalten werden. Von der bedenklichen Ökobilanz des weit gereisten Essen auf Rädern ganz zu schweigen.

Dass der Caterer seine Produktion verlegt hat, dafür kann die Stadt nichts. Verwaltung und Gemeinderat sind nun aber in der Pflicht, zu handeln und möglichst schnell eine bessere Lösung für die Verpflegung der Kirchheimer Kinder zu finden. Bianca Lütz-Holoch