Der „Bio-B“-Supermarkt hat, wie viele andere auch, mit Fachkräftemangel zu kämpfen. „Verkäuferinnen und Verkäufer gesucht“, steht auf einem Zettel, der an der Scheibe des Geschäfts im Steingau-Viertel klebt. Eigentlich suchen die Betreiber des Bio-Supermarkts, der vor zwei Jahren hier eingezogen ist, aber etwas ganz anderes: Einen Nachmieter oder Käufer. Maik und Dirk Seiler wollen ihren Laden zum nächstmöglichen Zeitpunkt schließen. „Die Umsätze sind nicht so, wie wir uns das erhofft hatten“, sagt Maik Sailer. Anfangs habe es sich gut entwickelt, doch nach dem Mord, der sich im Februar 2022 vor dem Eingang des Geschäfts ereignet hat und bei dem eine Mitarbeiterin des Supermarkts von ihrem Ehemann getötet wurde, sei die Zahl der Kunden zurückgegangen. Von der Stadt fühlt sich Maik Sailer in Sachen Werbung im Stich gelassen. „Wir müssten vorne an der Einfahrtsstraße drauf hinweisen, dass hier ein Bioladen ist, aber die Stadt genehmigt das nicht“, sagt er. Die Vermietung oder der Verkauf der 650 Quadratmeter großen Flächen gestaltet sich nicht einfach, doch Sailer ist optimistisch. „Wir haben immer wieder Interessenten“, sagt er. Vermutlich werde es „irgendwas Discount-Mäßiges“ werden.
Besser läuft es bei „Dogstyler“, einem Fachgeschäft für Hundezubehör, das im Dezember 2021 am Nanz-Center-Parkplatz eröffnet hat. Geschirre, Futter, Spielzeug, maßgeschneiderte Autositze, dazu Kuriositäten wie „Donuts“ aus Rinderhaut und Hähnchen, Smoothies aus Ente, Obst und Gemüse oder Hunde-Eis – bei Carolin Wolf und Sebastian Wlodarczyk gibt es alles, was die Herzen von Hundebesitzern höher schlagen lässt. Auch ein Hundefriseur bietet im Laden seinen Service an. In der „Dog and Coffee“-Bar servieren die beiden Inhaber ihren Kundinnen und Kunden nach Beratungsgesprächen Kaffee aus dem „Café Mittendrin“, das wenige Meter weiter von den WEK betrieben wird. „Manchmal kommt ein Mitarbeiter des Cafés in der Mittagspause hierher. Er hat zwar keinen Hund, guckt sich aber gerne die Sachen an“, erzählt Carolin Wolf. Auch eine Seniorin des benachbarten Steingaustifts, die früher Haustiere hatte, schaut regelmäßig vorbei, ebenso wie Hundebesitzer aus dem Steingau-Quartier. Carolin Wolf und Sebastian Wlodardczyk fühlen sich mit ihrem Laden im Viertel gut aufgehoben, wünschen sich allerdings noch mehr Geschäfte, Restaurants oder Cafés, die Kunden anziehen. Seit der Zahnarzt in der Nachbarschaft eingezogen sei, gebe es spürbar mehr Laufkundschaft. „Büros machen das Viertel eher tot“, sagt Wolf.
Im „Café Mittendrin“ geht es am Dienstagmorgen ruhig zu. Draußen prasselt kalter Regen auf die Straße, gegenüber ist immer noch Baustelle. Die grünen Wände und bunten Bilder im Café bilden einen willkommenen Kontrast. Seit über zwei Jahren ist das „Café Mittendrin“ am Start, kommt aber nicht so richtig aus den Startlöchern. „Durch die Baustelle ist es echt schwierig. Es kommen wenige Kunden“, sagt Lilith Fain von den Werkstätten Esslingen Kirchheim (WEK), die das Café betreiben. „Wir würden gerne auch sonntags öffnen, doch das lohnt sich bisher nicht“. Das „Café Mittendrin“ ist ein besonderer Ort. Er bietet Menschen mit Behinderung, die sonst nur in Werkstätten eine Chance auf Arbeit haben, einen ortsnahen Arbeitsplatz. „Menschen mit Behinderung sollen bei uns lebenspraktische Fähigkeiten erlernen: mit anderen Menschen sprechen, mit Geld umgehen, Reinigungsarbeiten erledigen, einkaufen“, sagt Lilith Fain. Aktuell sucht das „Café Mittendrin“ noch Menschen mit Behinderung, die bereit sind, auch mal samstags zu arbeiten. Gebacken wird im „Café Morlok“ in Plochingen, die Maultaschen und der Kartoffelsalat stammen aus einem WEK-eigenen Laden in Deizisau.
Fain ist optimistisch, dass bald mehr Kundinnen und Kunden kommen, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind. „Vor dem Café soll eine Allee entstehen. Dort könnte man eine schöne Außenbewirtung machen“, sagt sie.