Wendlingen. Die 4. Große Strafkammer am Landgericht Stuttgart wird in den kommenden Wochen zu entscheiden haben, ob der Fall als versuchter Mord oder nur als Körperverletzung und schwerer Raub geahndet werden sollte. Laut der Anklage soll der Beschuldigte am 17. Januar dieses Jahres gegen 16 Uhr am Plochinger Bahnhof ohne genug Bargeld in der Tasche ein Taxi bestiegen haben. Er habe bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass er den Taxilohn nicht zahlen kann und er habe da auch schon den Entschluss gefasst, den 43-jährigen Fahrer auszurauben und dabei sein Messer einzusetzen, sagte die Staatsanwältin.
Zuerst soll der Angeklagte in Plochingen einen der zahlreich dort stehenden Taxifahrer gefragt haben, was die Fahrt nach Esslingen kostet. Er habe nur wenig Geld bei sich. Einer der Fahrer hatte ihm dann den Rat gegeben, mit der S-Bahn zu fahren, das sei billiger. Schließlich entschied er sich dann doch für einen anderen Taxifahrer. Der ahnungslose Mann wurde sodann von dem Angeklagten zunächst über Altbach geleitet, wo er kurz anhalten ließ, um sich eine Cola zu kaufen. Dann ging es weiter nach Wendlingen. Das Klappmesser, welches der Angeklagte offensichtlich bereits zuvor in einer seiner Hosentaschen so versteckt hatte, dass er es schnell ergreifen konnte, hatte er dann auf den letzten Metern in Deizisau herausgezogen und den Taxifahrer angeleitet, er solle in der dortigen Zeppelinstraße umkehren und dann anhalten. Dass es eine Parkbucht an einer recht einsamen Stelle ist, wertet die Staatsanwaltschaft als Indiz dafür, dass die Tat genau geplant war.
Was dann folgte, war für den Taxifahrer eine Art Todeskampf: Mit dem Messer habe der Angeklagte vom Beifahrersitz aus versucht, in dessen Kopf mehrfach einzustehen, was das Opfer allerdings zunächst mit seiner Hand abwehren konnte. Dann konnte der Taxifahrer die rechte Hand des Angeklagten festhalten, der daraufhin das Messer in die linke Hand nahm und weitere Stichbewegungen ausführte. Dabei verletzte er das Opfer am Hals, am Ohr und an der Hand. Nach minutenlangem Kampf im Fahrzeug schaffte es der verletzte Fahrer, sich aus dem Fahrzeug fallen zu lassen.
Dennoch habe der Angeklagte weiter versucht, den flüchtenden Taxifahrer zu verfolgen und weitere Messerstiche gegen ihn einzusetzen, heißt es in der Anklage. Dann soll er zum Taxi zurückgegangen sein und die Geldbörse des Opfers mit 110 Euro Inhalt an sich genommen haben und damit geflüchtet sein.
Das Opfer erlitt mehrere Stich- und Schnittwunden am Hals, am Ohr und an der Hand, und sei nur durch seine heftige Gegenwehr nicht lebensgefährlich verletzt oder gar getötet worden, resümiert die Anklage. Der Angeklagte wurde drei Tag später gefasst.
Vor den Stuttgarter Richtern gibt er allerdings an, er habe nicht die Absicht gehabt, den 43-Jährigen zu überfallen. Mit seinem Messer wollte er ihm nur Angst einjagen. Zuvor habe er nämlich mit dem Gedanken gespielt, sich von dem Fahrer etwas Geld auszuleihen, da er süchtig nach Sportwetten ist und an diesem Tag unbedingt in Wendlingen in einem Wettbüro einen Einsatz setzen wollte. Um seine Spielsucht zu befriedigen, habe er sogar Stunden vor der Tat in einem Kirchheimer Handy-Laden sein wertvolles Smartphone für 170 Euro verkauft, aber diesen Betrag danach beim Spiel wieder verloren. Zum Thema „Spielsucht“ haben die Richter einen speziellen Gutachter eingeschaltet, der feststellen soll, ob der 21-Jährige gerade wegen dieser Sucht möglicherweise nur bedingt schuldfähig sein könnte. Ansonsten drohen ihm bis zu zehn Jahre Jugendstrafe. Das Urteil soll am 20. September gefällt werden.