Bischof Gebhard Fürst war zu Besuch im Bohnauhaus
Teils nüchterne Erkenntnisse

Hoher Besuch weilte jüngst in der katholischen Kirchengemeinde Maria Königin in Kirchheim: Bischof Dr. Gebhard Fürst war ins Bohnauhaus gekommen. Der Oberhirte der Diözese Rottenburg-Stuttgart wollte Gesprächspartner der Katholiken vor Ort sein und sich intensiv mit deren Fragen und Sorgen auseinandersetzen.

Manuela Pfann

Kirchheim. Vor gut einem Jahr hatte Gebhard Fürst den Prozess „Dialog und Erneuerung“ initiiert. Seither ist er quer durch die Diözese unterwegs und gibt vor Ort Antworten auf die drängendsten Fragen der Gläubigen. Nun führte ihn sein Weg nach Kirchheim.

Im Bohnauhaus forderten die Vertreter der Kirchengemeinde Maria Königin von Bischof Fürst Antworten ein zum „Diakonat der Frau“, zum „Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene“ und zum Stichwort „gemeinsames Abendmahl“. Fasst man das Ergebnis zusammen, dann bleibt auf der einen Seite die nüchterne Erkenntnis, dass es in absehbarer Zeit keine grundsätzlichen Änderungen innerhalb der Weltkirche geben wird. Auf der anderen Seite allerdings ließ Fürst immer wieder durchblicken, dass manche Dinge nicht endgültig entschieden seien und dass man im Einzelfall Regelungen finden könne.

„Was dürfen wir, und was sollen wir?“, fragte Kirchengemeinderätin Ute Stäbler und berichtete vom sonntäglichen Dilemma ihrer eigenen Familie beim Kommunionempfang. Denn ihr Mann sei evangelisch, sie und die Kinder sind katholisch. Bischof Fürst gab zwar keine direkte Antwort, seine Stellungnahme ließ seine Position aber durchaus ahnen: „Ich kann mir eine Annäherung an die Position des Wiener Kardinals Schönborn vorstellen.“ Dieser habe einem evangelischen Mitchristen geantwortet, dass er zur Kommunion kommen könne – vorausgesetzt, er wisse, was in der Eucharistie geschehe.

Deutlich erteilte Fürst der Forderung nach dem Priestertum der Frau eine Absage. Seine theologische Begründung allerdings konnten weder Gemeindemitglied Hedwig Heidenreich, die das Plädoyer zu dieser Forderung hielt, noch die Gäste des Abends nachvollziehen. Gleichzeitig empfanden viele die Aussage Fürsts („In Oberammergau spielt auch keine Frau den Jesus“) als zu banal. Anders sei die Lage in Sachen Diakonat der Frau: „Theologisch spricht nichts dagegen, und die Glaubenskongregation in Rom teilt mit, dass diese Frage noch offen sei“, sagte Fürst, der seit dem Jahr 2000 Bischof von Rottenburg ist. Doch dieser kleine Lichtblick wurde schnell mit der nachfolgenden Aussage zunichte gemacht, dass auf Ebene der Weltkirche die Zeit für ein Diakonat noch lange nicht reif sei. Fürsts langjähriges Engagement in der Frauenkomission der Diözese und sein Bemühen, Leitungspositionen im kirchlichen Dienst mit Frauen zu besetzen, spendete da nur wenig Trost.

Beim dritten Thema des Abends spürte man zum ersten Mal, dass die gängige Lehre „keinen Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene“ auch Bischof Fürst selbst zu schmerzen scheint. „Was macht die Kirche mit mir, welche Rolle habe ich?“, fragte ihn Dieter Hoff, Zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats, nachdem er als Betroffener von seinem über 30-jährigen Engagement in der Kirchengemeinde berichtete, vom Scheitern seiner ersten Ehe und einer zweiten Heirat. Sichtlich berührt rang Gebhard Fürst für einige Sekunden um Worte: „Ich habe es in dieser Weise noch nie erlebt, dass jemand so offen darüber spricht. Das macht es mir aber auch nicht leicht, zu antworten.“ Fürst tat dies wiederum indirekt und zeigte mit Beispielen aus seinem privaten Umfeld auf, dass Dinge unterschiedlich zu bewerten sind. Die von Papst Benedikt zitierte Aussage, dass die Situation der wiederverheirateten Geschiedenen „eine der größten Wunden unserer Kirche“ sei, unterstrich Fürsts ernsthafte Absicht, bei der Bischofskonferenz zu beantragen, dass dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt wird.

Für Pfarrer Winfried Hierlemann waren die Aussagen des Bischofs keinesfalls überraschend: „Wir haben keine anderen Antworten erwartet. Es ist uns klar, dass der Bischof sich an der Entwicklung der Weltkirche orientieren muss.“ Aber die Tatsache, dass Fürst in die Gemeinden gehe und den Dialog suche, sei ein ganz wichtiger Schritt.

Nicht alle im Bohnauhaus waren nach dem zweistündigen Gespräch dieser Meinung, und der eine oder andere verließ enttäuscht den Saal. Allerdings nicht, bevor Bischof Fürst der Gemeinde den Segen erteilte – beinahe hätte er diesen vor lauter Diskutieren vergessen. Fürst selbst musste darüber schmunzeln und war sichtlich dankbar, dass er den Gesprächspartnern dieses Abends wenigstens einen Wunsch erfüllen konnte.