Weilheim. Um sich ein paar schöne Stunden zu machen, muss man nicht gleich ins Kino gehen. Ein leergeräumter Dachboden tut es auch - wenn man sich dazu die richtigen Gäste einlädt und über ein Veranstaltungs-Kleinod verfügt, wie die Stadt Weilheim. Wenn dann noch die Gastgeber ihre Rolle so gut machen, wie das Team von Büchereileiterin Ellen Keller-Bitzer, dann ist ein gelungener Abend unter Freunden fast garantiert.
Ob die verjazzte Kriminal-Schmonzette mit Mini-Musical-Charakter nun letztendlich die eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse über sich und die Welt tatsächlich ein entscheidendes Stück weiterbrachte, ist dabei nicht relevant. Die Besucher wurden von drei ausgewiesenen Könnern ihres Fachs zweifellos gut und kurzweilig unterhalten. Dass die begehrten Plätze auf dem anheimelnden Dachboden mit seiner Nähe schaffenden guten Atmosphäre auch beim nächsten Gastspiel des „Theaters Sturmvogel“ aus Reutlingen rasch wieder ausverkauft sein dürften, kann relativ zuverlässig prognostiziert werden.
Nur auf die Qualität des Veranstaltungsortes und die dort vorauszusetzende gute Stimmung unter den Besuchern zu setzen, wäre freilich vermessen. Gute Erfahrungen mit dem „Theater Sturmvogel“ haben aber gezeigt, dass ihr Besuch praktisch schon den Erfolg garantiert - egal ob nun ein Kinderstück oder aber Erwachsenentheater auf dem Programm steht.
Angekündigt war dieses Mal ein Mini-Jazz-Musical mit dem Titel „Gangster Love“, das durch die Originalität der Darstellung, die enorme Bühnenpräsenz, vor allem aber auch durch die musikalische Qualität überzeugte und nicht ins Auge, sondern von Beginn an schmeichelnd, mitreißend und mit Songs von so unterschiedlichen Stars wie Johnny Cash, Cole Porter, Nancy Sinatra und Joss Stonevor allem vergnüglich in die Ohren ging.
Allzu brutal und furchterregend ging es bei der zur Piano-Stunde weichgezeichneten Mafiosi-Pokerrunde aus dem New York der 30er-Jahre aber doch nicht zu - auch wenn gelegentlich Blut floss, Menschenleben keine große Rolle spielten und auch ruhig einmal ein Bein abgesäbelt wurde. Geschickt sorgten Sandra Jankowski und Herwig Rutt immer wieder auch für erstaunliche Tagesaktualität. So spielte eine „Stephanie von und zu Schlechtenberg“ eine genauso ungewohnt kleine Rolle, wie ihr auf eine fast schon nicht mehr wahrnehmbare Statistenrolle reduzierter „Karl-Theodor“ oder der an einer Wäscheleine an den Pranger gestellte Diktator Mubarak.
Das von Franz Klaffke geschriebene Stück wurde von ihm auch gekonnt präsentiert, kurzweilig arrangiert, originell inszeniert, ins richtige Licht gerückt und auch sound-technisch perfekt serviert. Trotz des fast unsichtbar hinter den Reglern seines Mischpults kagierenden Regisseurs und des eindrucksvoll über die Tastatur seines Keyboards wirbelnden, sich aber stets zurückhaltenden Herwig Rutt war „Gangster Love“ eigentlich ein eindrucksvoller Soloabend des gewaltig geforderten Multitalents Sandra Jankowski.
Die gelernte Schauspielerin mit Jazz- und klassischer Gesangsausbildung war nicht nur überzeugende laszive Chanteuse, die für eine kurze Tanzeinlage schnell mal eine in Reichweite sitzende Blondine „anbaggerte“. Sie spielte auch die immer wiederkehrende und an Hut und Fuchspelz-Stola sofort erkennbare Erzählerin und changierte souverän zwischen dem Schmetterlinge aufsteigen lassenden Erste-Hilfe-Engelchen Miss Hill und dem zur liebestrunkenen Memme desavouierten Mafiakiller Cheech gelungen hin und her.
Mit eindrucksvollem Timbre, enorm wandlungsfähiger Stimme und astreiner Aussprache spielte sie so souverän auf der Klaviatur unterschiedlichster Musikrichtungen, dass es eine wahre Freude war. Vom mitreißend-fetzigen Boogie-Woogie bis hin zur dramatisch interpretierten Arie modulierte die zugleich auch virtuos grimassierende Aktrice ihr eindrucksvolles sängerisches Können nach Belieben.
Gemeinsam mit den von ihr unbarmherzig in den Schatten gespielten beiden Mitstreitern konnte die omnipräsente Sandra Jankowski als Star im gleißenden Rampenlicht das Publikum begeistern und immer wieder auch überraschen, wenn sie das Publikum souverän in ihre mitreißende Performance mit einband.