Esslingen. Er ist bekennender Udo Lindenberg-Fan, Hühnerhalter und Obstbaumwiesenbesitzer im Remstal. Doch das sind eher die privaten Vorlieben des AWB-Geschäftsführers Rolf Hahn, verrieten gestern im Foyer des Landratsamtes die Redner. Sein berufliches Engagement aber galt den Müllbergen des Landkreises Esslingen, der Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre durch den Streit um den rechten Entsorgungsweg so recht gebeutelt wurde.
Rolf Hahn schaffte es, die Begriffe Müllnotstand und Müllexport aus den Gedächtnissen der Müllbürger des Kreises zu löschen. Stattdessen erzog er die Einwohner zu Mülltrennern, -vermeidern und Wertstoffsammlern, mit der Folge, dass die Müllgebühren allein in den letzten 14 Jahren neun Mal gesenkt werden konnten. „Ein Ergebnis, das landesweit seinesgleichen sucht und jeden Schwaben überzeugt“, wie Landrat Heinz Eininger bei seiner Abschiedsrede gestern lobte.
Dabei nahmen die Bürger mit mehr oder weniger Murren auch in Kauf, dass sie sich von ihrem geliebten „Kuttereimer“ trennen mussten, und in Folge schwarze, braune, blaue und gelbe Tonnen ihre Vorgärten und Hinterhöfe zierten. „Ihr Müllkalender wurde zur Bibel für jede ordentliche Hausfrau und jeden Hausmann“, so der Landrat. Und was nicht in die bunten Tonnen passt, wird auf über 100 Sammelstellen geordnet seiner Weiterverwertung zugeführt.
Selbst die Geruchsbelästigung der Kirchheimer durch das Kompostwerk bekam der AWB-Chef in den Griff. Der Kreisverwaltungschef wohnt bekanntlich in „Geschmacksweite“.
So fand Rolf Hahn auf seine ruhige, sachliche und zielgerichtete Art in den vergangenen 14 Jahren für viele Probleme eine Lösung und baute den Abfallwirtschaftsbetrieb vom Entsorger zum Versorger um. Damit schuf er ein zweites Standbein, was sich ebenfalls im Geldbeutel der Gebührenzahler niederschlägt. Heute wird Biomüll zu Qualitätskompost, die Energie der Sonne auf den Dächern des Abfallwirtschaftsbetriebs, der Schulen und Verwaltungsgebäuden des Kreises zu Strom, und Grünschnitthäcksel in Holzhackschnitzelanlagen wird zu Wärme und Strom.
„Mit Ihrem sorgsam abgewogenen, aber auch unspektakulären Vorgehen gewannen Sie das Vertrauen des Kreistags über alle Fraktionen hinweg“, versicherte Landrat Eininger. Auch in seiner „Nebentätigkeit“ als Dezernent des neuen Dezernats für Infrastruktur sei Rolf Hahn ein „Brückenbauer und Teamplayer“ gewesen. Dabei erinnerte Eininger an Hahns „spektakulärste Sanierung“, die der Ruine Reußenstein, 760 Meter über dem Meeresspiegel, aber auch an die Generalsanierung der Rohräckerschule und des Naturschutzzentrums Schopflocher Alb.
Rolf Eisenmann, erster Landesbeamter des Landkreises Böblingen, kannte die bewegte Geschichte der Abfallwirtschaft des Kreises Esslingen und wusste, in welch ruhiges Fahrwasser sie durch Rolf Hahn, „den geschätzten Partner im Kreis der Abfallwirtschaftler“, gelangte. „Ihre Lebensleistung kann sich sehen lassen“, würdigte Eisenmann das Wirken des scheidenden AWB-Chefs, der den kleinen Böblinger Partner des Kompostwerks – der Nachbarkreis ist zu 20 Prozent mit im Boot – nie habe den Größenunterschied spüren lassen.
Als „fairen und lösungsorientierten Partner“ beschrieb auch die Personalratsvorsitzende des Landratsamtes, Gisela Mohr, Rolf Hahn, und Manfred Kopp, vormals Abteilungsleiter im Abfallwirtschaftsbetrieb und jetzt Hahns Nachfolger, fand in seiner „Abrechnung“ nur lobende Worte für seinen früheren Vorgesetzten. Er betonte ebenfalls Hahns schwäbische Tugenden und seine konstruktiven und offenen Gespräche. Er habe den Mitarbeitern nach und nach große Freiräume eingeräumt und ihnen Vertrauen entgegengebracht. „Sie haben ruhig, aber bestimmt den AWB zu einer Einheit geformt“.
Rolf Hahn meinte scherzhaft, es sei wohl eine frühkindliche Prägung durch die Farbe Orange gewesen, die ihn zum Abfallwirtschaftsbetrieb und zum Thema Müll geführt habe. In seinem „komprimierten Schlusswort“ dankte er seiner „tollen AWB-Truppe“, den Kompostwerkern für 17 geruchsfreie Jahre, so den Müllmännern im Landkreis, die sechs Millionen Mal im Jahr die Abfalltonnen leeren – „Sie können sich die Dramatik, wenn das einmal nicht passiert, nicht vorstellen“ – und allen seinen Mitstreitern in den verschiedenen Behörden. Dem Landrat versicherte Rolf Hahn“: „Die Zusammenarbeit war geprägt von gegenseitigem Vertrauen. Es war eine tolle Zeit mit Ihnen“. Als „riesen Fan“ von Udo Lindenberg freute er sich besonders über Sonderschulrektor Martin Schulz‘s musikalische Udo-Einlagen, der mit „Ich mach‘ mein Ding“ und „Hinter‘m Horizont geht‘s weiter“ bei Rolf Hahn richtig lag. Auch für den Ruheständler geht‘s weiter. „Ich hab‘ noch einen privaten Obstbaumurwald, den ich in ein Obstbaumparadies verwandeln will“. Und wenn ihm‘s dennoch langweilig werde, könnte es sein, dass bei Heinz Eininger das Telefon klingelt. Aber so weit dürfte es nicht kommen, denn Rolf Hahn wird auch seine dritten Lebensabschnitt in aller Ruhe, aber zielgerichtet und lösungsorientiert, angehen. Jedenfalls wünschte ihm der Landrat einen erfüllten Ruhestand „ond bleibet Se gsond“.