Wendlingen. Obwohl Bürgermeister Steffen Weigel die Umweltzone grundsätzlich begrüßt, hält er die Frist für deren Einführung für deutlich zu knapp bemessen. Er will deshalb beim Regierungspräsidium um eine Übergangsregelung bitten. Um die Feinstaubbelastung einzudämmen, wäre es aus seiner Sicht sinnvoller, Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt L 1200 auszuweisen. Außerdem kämpft Wendlingen mit Wernau, Notzingen, Hochdorf und Kirchheim für ein Lastwagen-Durchfahrtsverbot.
Der Gemeinderat ist geteilter Meinung. „Man schießt hier mit Kanonen auf Spatzen, die höchsten Immissionen wurden im Winter gemessen“, sagte Klaus Rilling (Freie Wähler). Das habe ja dann wohl nicht mit dem Verkehr, sondern mit den Heizungen zu tun. „Eine Umrüstung von Heizungen würde außerordentliche finanzielle Mittel erfordern“, konterte Bürgermeister Weigel. Darüber hinaus sei der Verkehr als Hauptverursacher festgestellt worden. Der Luftreinhalteplan habe aber auch die Immissionen durch Hausheizungen sowie der Industrie im Blick.
Werner Kinkelin (FWV) fragte sich, warum Köngen ein Durchfahrtsverbot für Lastwagen bekommen hat und Wendlingen nicht. Dagegen steht Ursula Vaas-Hochradl (Grüne) hinter der Einführung der Umweltzone. Man habe eine „Fürsorgepflicht“ gegenüber dem Bürger. Dennoch sollten die anderen Maßnahmen weiterverfolgt werden. Dabei sei das Durchfahrtsverbot für Lkw die eleganteste Lösung. So werde nicht nur der Feinstaub, sondern auch der Lärm reduziert. Björn Schmidt (FWV) wies auf die Großbaustelle für den Bau des Tunnels der ICE-Strecke nach Ulm hin. Weigel versprach, darauf zu drängen, dass Lastwagen die Baustelle über eine provisorische Autobahnausfahrt verlassen.
Im Regierungspräsidium Stuttgart wird derzeit noch am Luftreinhalteplan gearbeitet. „Wir sind etwas im Verzug“, räumt Pressesprecher Clemens Homoth-Kuhs ein. Denn die Öffentlichkeit werde an dem Planwerk beteiligt. Das soll voraussichtlich ab Ende August sein. Der Sprecher wunderte sich, dass das Thema erst jetzt in Wendlingen öffentlich gemacht werde. „Wir hatten im Februar ein Gespräch und haben dessen Ergebnisse in einem Schreiben an die Stadt zusammengefasst.“ Selbstkritisch müsse er aber sagen, „dass wir als Regierungspräsidium auch keine Pressemitteilung gemacht haben“.
Homoth-Kuhs verweist darauf, dass die Wendlinger selbst im Jahr 2010 Feinstaubmessungen angestoßen hätten. Diese habe die Stadt mit Fördermitteln selbst finanziert, um das Durchfahrtsverbot für Lkw zu erreichen. Damals waren die Grenzwerte an 41 Tagen überschritten. „Bei mehr als 35 Tagen sind wir gezwungen, einen Luftreinhalteplan zu erstellen“, erläutert der Sprecher. Da stehe das RP in der gesetzlichen Pflicht.
Eine Übergangsregelung habe es noch nie gegeben. „Die gibt es auch in Wendlingen nicht.“ Der Vorschlag von Bürgermeister Weigel, die Zonen schrittweise im Jahresrhythmus einzuführen, sei ab 2013 „schlicht nicht mehr machbar“. Dass sich die Einführung der Zone bis April verzögern könnte, will Homoth-Kuhs nicht ganz ausschließen, „aber wir wollen im Zeitplan bleiben“. Härtefallregelungen seien möglich. Diese erteilt das Landratsamt.
„Drei Monate würden uns nichts helfen“, sagt der Malermeister Michael Pillmayer. Da er viele Aufträge in Stuttgart hat, schaffte er zwei neue Fahrzeuge an. Jetzt wieder 40 000 Euro zu schultern, sei unmöglich. Er hoffe, dass sich das RP auf eine Härtefallregelung für örtliche Handwerksbetriebe einlasse, „wie das in Stuttgart mit der gelben und der roten Plakette möglich war“.
„Bei mir geht es um die Existenz“, sagt der Landschaftsgärtnermeister Björn Schmidt. Er müsste sechs Fahrzeuge ersetzen. Da er viele Aufträge in Stuttgart hat, tauschte er die Hälfte seines Fuhrparks aus. Mehr könne er nicht investieren. Damit stünden bei ihm mindestens zwölf Arbeitsplätze auf dem Spiel.