Wegen Straßenverkehrsgefährdung und Vortäuschens einer Straftat steht ein Ehepaar vor Gericht
Ungeahnte Folgen eines „Faschingsflirts“

Unter anderem wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Vortäuschens einer Straftat muss sich ein Ehepaar vor dem Kirchheimer Amtsgericht verantworten. Wer von beiden am 4. März tatsächlich am Steuer saß, konnte das Gericht noch nicht abschließend klären.

Andreas Volz

Kirchheim. Eines ist unbestritten: Am frühen Sonntagmorgen ist in der Nacht zum 4. März kurz vor 5 Uhr ein Toyota „demoliert“ worden, wie es gestern in einer Zeugenaussage vorsichtig formuliert wurde. Das Auto kam zwischen Weilheim und Nabern auf der Höhe des Naberner Sportgeländes am Straßenrand zum Stehen. Davor hatte es eine ganze Reihe Verkehrszeichen und Straßenpfosten aus der Verankerung gerissen. Zeugen zufolge sah die Straße „verheerend“ aus. Und noch etwas steht fest: Nach dem Unfall war der Toyota gänzlich fahruntüchtig.

Inwiefern aber der Mann oder die Frau – damals noch nicht miteinander verheiratet – noch fahrtüchtig war, das lässt sich nachträglich nicht mehr so eindeutig sagen. Es ist noch nicht einmal klar, wer wirklich am Steuer saß. Wäre es die 42-jährige Frau gewesen, wie noch am Unfallort behauptet, dann zumindest stünde fest, dass sie nicht mehr fahrtüchtig war: Die Analyse ihrer Blutprobe hatte einen Alkoholgehalt von 1,62 Promille ergeben. Warum sie sich der Polizei gegenüber trotzdem als Fahrerin ausgegeben hatte, das erklärte sie in zwei unterschiedlichen Versionen.

Zunächst sagte sie damals, ihr Lebensgefährte sei noch stärker alkoholisiert als sie, und deshalb hätten sie gemeinsam beschlossen, dass sie nach Hause fahren solle. Ein paar Tage später kam bei der erneuten polizeilichen Vernehmung die andere Version auf den Tisch: Der 49-jährige Berufskraftfahrer sei auf seinen Führerschein angewiesen, und angesichts der Fahrweise und des Sachschadens habe vor allem die Frau befürchtet, dass der Führerschein in Gefahr sein könnte. Sie selbst brauchte ihre Fahrerlaubnis nicht ganz so dringend, weshalb sie über mehrere Monate hinweg darauf verzichtete – zugunsten ihres heutigen Ehemanns.

Überhaupt war es wohl die Frau, die am Unfallort das Heft des Geschehens in die Hand nahm, noch bevor die Polizei dazukam. Zumindest sagten beide Eheleute gestern aus, sie habe ihrem Lebensgefährten damals eine Art Redeverbot erteilt: „Du hältst dich raus, sonst sind wir geschiedene Leute.“ Dass er dann gegenüber der Polizei nicht mehr viel zum Unfallhergang sagte, begründen beide mittlerweile damit, dass er unter Schock stand und viel zu apathisch war.

Ein Taxifahrer, der als Erster an der Unfallstelle vorbeikam und mit dem mutmaßlichen Unfallverursacher sprach, konnte dagegen keine Apathie erkennen. Im Gegenteil – er habe eher schnell und aufgeregt gesprochen. Die Polizei habe der Mann nicht rufen wollen, weil er auf seinen Führerschein angewiesen sei. So hatte es der Taxifahrer wenige Tage nach dem Unfall der Polizei gegenüber ausgesagt. Es war auch dieser Taxifahrer, der die Polizei verständigt hatte, unter anderem aus folgendem Grund: „Irgendjemand musste sich ja darum kümmern, dass die Trümmerteile von der Straße weggeräumt werden.“

Dass der 49-jährige Angeklagte mittlerweile dazu steht, selbst gefahren zu sein, das erklären beide damit, dass sie unter dem unmittelbaren Eindruck des Unfalls falsche Angaben gemacht haben. Wenige Tage danach seien sie aber erleichtert gewesen, endlich die Wahrheit gesagt zu haben: Demnach sei der Mann allein gefahren, die Frau hatte sich bereits zu Fuß auf den Nachhauseweg gemacht – von Weilheim nach Nabern.

Per Telefon habe er sie über den Unfall informiert, und sie sei daraufhin zur Unfallstelle gekommen – nach dem Taxifahrer, aber noch vor der Polizei. Die Polizisten wiederum sahen keinen Grund, den Alkoholisierungsgrad des vermeintlichen Beifahrers genauer zu bestimmen. Einer der Polizisten sagte nun aber im Zeugenstand, der 49-Jährige sei deutlich alkoholisiert gewesen. Darauf hätten mehrere Indizien hingedeutet.

Die konsumierten Alkoholmengen ließen sich nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Das Paar scheint aber in einer Weilheimer Gaststätte heftig diskutiert zu haben, wobei es um Eifersucht ging: wegen eines „Faschingsflirts“ aus ihrer Sicht beziehungsweise eines „Faschingsprinzen“ aus seiner Sicht. Ramazzotti, Rosé-Schorle und Cola-Weizen wurden getrunken. Aber von Mengen, die 1,62 Promille ergeben könnten, war gestern nicht unbedingt die Rede.

Wie geht es nun weiter? Es fehlen noch die Aussagen zweier Polizisten im Zeugenstand sowie ein Nachweis über die Telefonverbindungen kurz nach dem Unfall. Dann kommt wahrscheinlich auf einen der Angeklagten der Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt zu und auf den anderen der Vorwurf der Beihilfe dazu. Und beide haben wohl in jedem Fall das Problem, dass ihnen das Vortäuschen einer Straftat oder gar Strafvereitelung vorgeworfen wird – weil sich die zwei Versionen widersprechen und weil eine der beiden Versionen entstanden sein muss, um eine drohende Strafe abzuwenden oder zumindest abzumildern.