Isabelle Müller las bei den Hepsisauer Landfrauen aus ihrer Autobiografie
Ungeschminkte Wahrheit

Isabelle Müller wird nicht müde, für das Thema sexueller Missbrauch zu sensibilisieren. Erstmals hat die Autorin aus ihrer Autobiografie „Phönix Tochter – Die Hoffnung war mein Weg“ bei den Landfrauen in Hepsisau gelesen.

Weilheim. „Die Gesellschaft muss sich mit dem Thema sexueller Missbrauch endlich richtig auseinandersetzen“, erklärte Isabelle Müller. Damit meinte sie nicht nur, dass die Medien weiterhin ausführlich berichten, sondern im Kern der Familie das Thema zu enttabuisieren. „Aus jedem Stein, den sie uns vor die Füße werfen, werden wir unseren Weg bauen.“ Das ist das trotzige Lebensmotto von Isabelle. Von Loan, ihrer lebenstüchtigen vietnamesischen Mutter, hat sie den Willen, immer wieder Mut zu fassen und nach vorne zu blicken. Auch wenn das Leben fast unerträglich scheint. „Phönix Tochter“ erzählt die Geschichte einer bemerkenswerten Frau, die sich vom Unglück nicht überwältigen lässt, die das Leben meistert, und am Ende – trotz aller Schicksalsschläge – eine erfolgreiche Unternehmerin in Deutschland wird.

Die Umstände, in denen die 46-Jährige aufwuchs, ließen kein Unglück aus: Ausgrenzung, Rassismus, Armut, Gewalt, Einsamkeit, Unterdrückung, sexueller Missbrauch. Das alles erlebte sie jahrelang am eigenen Leib. Doch stand sie die Schicksalsschläge alle durch, ließ sich nicht unterkriegen und nahm ihr Leben selbst in die Hand. Heute lebt sie als erfolgreiche, glückliche Frau mit ihrem Mann und den beiden Kindern zusammen.

Isabelle Müller wurde 1964 in Tours in Frankreich als Isabelle Gaucher geboren. Ab 1985 arbeitete sie in Deutschland als Dolmetscherin und Übersetzerin. 1990 machte sie sich als Kunsthändlerin selbstständig und lernte auf zahlreichen Asienreisen ihre vietnamesischen Wurzeln sowie die meisten Schauplätze aus dem bewegten Leben ihrer Mutter Dau-Thi-Cuc, genannt Loan, kennen.

Erstmals veranstalteten die Landfrauen Hepsisau in ihrem über 30-jährigen Bestehen eine Autorenlesung. „Wir haben mit Ihnen eine ganz neue Veranstaltung gehabt, bei der man teilweise den Atem anhalten musste“, sagte die Landfrauen-Vorsitzende, Irmgard Braun, an die Adresse der zierlichen Autorin. Sie dankte ihr für die ungeschminkte Wahrheit, die sie den Zuhörerinnen schnörkellos präsentierte. Mucksmäuschenstill lauschten die Besucherinnen, als sie aus ihrem bewegten Leben berichtete. „Ich komme von ganz unten und weiß, was andere denken und fühlen“, erklärte Isabelle Müller.

Mittlerweile ist sie eine gefragte Gesprächspartnerin in Fernsehen und Radio, wenn es um das Thema sexuelle Gewalt und Tabus geht. Nach der Lesung gab es lang anhaltenden Applaus.pm