Die „Vorratskammer des Schreckens“ nimmt in der Festschrift zum 20-Jährigen zwei Seiten ein und ist gut gefüllt: vom Schallschutz und Hygienekonzept bis zu beständig wechselnden Corona-Verordnungen oder der Betriebsprüfung und dem Wirtschaftskontrolldienst. Doch sie ist nur ein kleiner Teil aus zwei Jahrzehnten Geschichte der ersten Kirchheimer Schulmensa, die von einem Elternverein geführt wird. Die „Lugeria“ des Ludwig-Uhland-Gymnasiums ist seit ihrem offiziellen Start am 6. Juli 2001 nicht nur stetig gewachsen, sie ist auch eine Erfolgsgeschichte, die weit über die Versorgung hungriger Schülerinnen und Schüler hinausgeht.
„Am Anfang hat man uns eine Lebensdauer von einem Jahr gegeben“, erzählt Claudia Gerlach-Reck vom Lugeria-Vorstand über die Anfänge. Mittlerweile sind daraus zwei Jahrzehnte geworden und die Lugeria zum „Herzstück der Schule“. Die Mensa hat sich mehr und mehr zum sozialen Treffpunkt gemausert. „Hier können sich Lehrer untereinander oder auch mal mit Schülern kurz und ungezwungen austauschen“, erzählt Claudia Gerlach-Reck. Auch die Helfer in der Küche, die meistens auch Eltern sind, nutzen manchmal die Möglichkeit für ein Tür-und-Angel-Gespräch.
Rund 125 überwiegend weibliche ehrenamtliche Mitarbeiterinnen halten den Betrieb aufrecht, acht bis zehn sind als Team am Tag im Einsatz. „Eigentlich bräuchten wir 150“, sagt Claudia Gerlach-Reck, die seit sechs Jahren dabei und immer auf der Suche nach neuen Helferinnen und Helfern ist. „Ich kann nicht kochen, ist kein Argument, jeder kann hier zum Einsatz kommen“, sagt Stefanie Gräfin von Pfeil, seit neun Jahren im Vorstand des Lugeria-Vereins „Eltern kochen für Schüler“. Jeder und jede kann eingelernt werden. Übrigens seien auch alle berufstätig, planen die Tätigkeit, die in der Regel um 8 Uhr beginnt, in ihren Arbeitstag mit ein. Die Kinder der Helfer zahlen am Tag des Einsatzes nichts und für zu Hause gibt es „Doggy-Bags“. „Wenn sie hier im Einsatz sind, müssen sie nicht auch noch zu Hause kochen“, sagt Stefanie von Pfeil.
Für die Organisation ist seit neun Jahren Petra Latzel zuständig, die in der Lugeria „den Kochhut aufhat“ und bei der Stadt Kirchheim angestellt ist. Denn über die Jahre wurden nicht nur die Fläche verdoppelt und die Küche vergrößert, sondern auch die Abläufe professionalisiert. Den Ehrenamtlichen waren Hygienekonzepte und Vorschriften über den Kopf gewachsen, Petra Glatzel hat alles im Griff. Wenn es Kartoffelsalat gibt, werden 60 Kilogramm Kartoffeln gekocht und geschält. Dann müssen auch alle um 8 Uhr da sein. „Sonst klappt das nicht“, sagt Petra Glatzel. Wenn Ehrenamtliche ausfallen, ist Organisationstalent gefragt.
Auch der Profi, der in der Jubiläumswoche als „Gastkoch“ in der Lugeria-Küche steht, ist ehrlich begeistert. „Ich ziehe meinen Hut vor dieser Leistung. So viele Essen in dieser Qualität und das ohne Vorbestellung“, zeigt sich Martin Lehmann, Chef im Kirchheimer Restaurant Queens, beeindruckt. „Wenn ich für ein Event 500 Essen zubereite, habe ich für die Planung mehr Zeit und kann die genaue Menge planen. Das geht hier nicht“, sagt der Koch, der an diesem Tag um 8 Uhr angefangen hat.
Auch wenn die Lugeria eine Erfolgsstory ist - ein Selbstläufer: Gerade die Corona-Zeit stellte die Ehrenamtlichen auf eine Probe. „Da haben wir gelernt, flexibel zu sein“, erinnert sich Claudia Gerlach-Reck. Nach dem Lockdown gab es zwischenzeitlich alle Gerichte nur „to go“, als wieder mehr möglich war, kamen Klapptische und Bierbänke im Außenbereich zum Einsatz, um die täglich bis zu 300 Schülerinnen und Schüler satt zu kriegen. Aktuell sitzen die Schüler nach Jahrgängen getrennt am Tisch, ansonsten herrscht fast Normalbetrieb.
Der ist auch so beeindruckend genug: 236 Arbeitsstunden leisten die Köchinnen und Köche, pro Jahr fallen 3420 Kilogramm Fleisch und 79 800 gespülte Tabletts an. Auch eine Hitliste der beliebtesten Gerichte fehlt in der Festschrift nicht: die Piccata milanese mit Tomatenspaghetti bei den Lehrern, Manti mit Tomatensoße und Joghurt bei den Schülern. Manti? „Das sind kleine, türkische Teigtaschen. Die hat damals ein türkischer Vater eingeführt und von da an haben sie ihren Siegeszug bei uns angetreten“, erzählt Stefanie Gräfin von Pfeil. Ein vegetarisches Gericht ist jeden Tag obligatorisch, ebenso Salat, frische Brötchen und selbst gebackener Kuchen zum Nachtisch, dafür gibt es einen eigenen Kuchendienst. Ab 2,50 Euro wird hier jede und jeder satt. Und auch wenn der Anteil der Vegetarier unter den Schülerinnen und Schülern zunimmt, die Klassiker bleiben erfolgreich: „Das Leberkäsweckle schlägt den Veggie-Burger immer noch“, sagt Stefanie von Pfeil.