Kirchheim. Beim Übergang von der Schule in den Beruf gebe es in vielen Kommunen ein großes Chaos, sagte Michael Goedeke von der Arbeitsstiftung Hamburg zu Beginn seines Impulsreferats. In Hamburg ist die Arbeitsstiftung seit rund zehn Jahren dabei, dieses Chaos zu beseitigen, sofern es um Schüler mit Hauptschulabschluss geht. In der Hansestadt sind das immerhin jedes Jahr 3 000 Jugendliche. Als das „Hamburger Hauptschulmodell“ begann, seien gerade einmal 6,7 Prozent dieser Schulabgänger direkt im Anschluss an die Schule in eine duale Ausbildung gegangen. Inzwischen sei diese Zahl auf beachtliche 20,2 Prozent angestiegen. Für die nähere Zukunft stellte Michael Goedeke die Prognose auf: „25 Prozent sind auf jeden Fall drin.“
Das wäre dann immerhin die Hälfte aller erfolgreichen Hauptschulabgänger, die überhaupt eine Ausbildung beginnen wollen. Denn insgesamt haben in Hamburg nur noch 50 Prozent aller Jugendlichen mit Hauptschulabschluss den klassischen Weg im Sinn, der direkt nach der Schule eine Lehre vorsieht. Die anderen 50 Prozent würden weiter auf eine Vollzeitschule gehen wollen, ohne Ausbildung jobben oder auch gar nichts machen, erklärte Michael Goedeke in der Linde.
Zur Vermittlung der 1 500 jungen Menschen, die eine Lehrstelle suchen, setzt die Hamburger „Koordinationsstelle Ausbildung“ mit ihren acht Mitarbeitern in sieben Stellen auf ein engmaschiges Kooperationsnetz zwischen Schulen, Schulbehörde, Arbeitsagentur und Unternehmen. Die Jugendlichen werden intensiv betreut, dabei aber immer wieder angeleitet und angehalten, selbst aktiv zu werden.
Die Mitarbeit der Unternehmen ist in Hamburg von zentraler Bedeutung. Zunächst sei es um die Bereitschaft gegangen, überhaupt Lehrstellen an Jugendliche mit Hauptschulabschluss zu vergeben: „Die Unternehmen müssen sagen, dass sie sich wieder für Hauptschüler öffnen und dass Bewerbungen von Hauptschülern nicht mehr sofort auf dem Absagestapel landen.“
Eine weitere wichtige Zusammenarbeit in Hamburg war die mit „Personalern“. Diese führen Gespräche mit den Jugendlichen und prüfen erst einmal ab, ob deren Berufswünsche überhaupt realistisch sind. Andererseits aber betont Michael Goedeke: „Eine Berufswahl muss die Entscheidung der Jugendlichen sein. Sie müssen selbst dahinterstehen. Es nützt nichts, ihnen einen Ausbildungsberuf auf dem Silbertablett zu präsentieren, den sie gar nicht wollen.“
Deshalb seien bei der Berufswahl die Interessen der Jugendlichen wichtiger als die Zeugnisnoten. Das berichtete Michael Goedeke auch anhand von Einzelbeispielen: Da gab es den Schüler, der im Klassenzimmer kaum zu ertragen war, weil er sich nur an der frischen Luft wohlfühlte, beim Angeln. „Er ist dann Fischwirt geworden.“ Ein anderer hatte weder in Mathematik noch in Physik gute Noten, bastelte aber in seiner Freizeit ständig an Motoren herum. Er war also bestens für eine Ausbildung zum Mechatroniker geeignet. Ein Sonderfall war wohl der Jugendliche, der gerne Maler und Lackierer werden wollte, weil er in seiner Freizeit gerne malte. Allerdings malte er eher mit künstlerischen Ambitionen. Die Hamburgische Staatsoper hatte aber keinen Bedarf für ihn, weil sie schon seit vielen Jahren keine Bühnenmaler mehr ausgebildet hat. Immerhin jedoch vereinbarten die Koordinationsstelle und die Oper ein längeres Praktikum. In dessen Verlauf wusste der Jugendliche so stark zu überzeugen, dass sich die Staatsoper entschlossen hat, ausnahmsweise doch wieder einmal einen Bühnenmaler auszubilden.
Praktika seien ohnehin ganz wesentlich, um die eigenen Fähigkeiten auszuprobieren und sich auch gleich einem Ausbildungsbetrieb überzeugend zu präsentieren.