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Unwürdige Ehrenbürgerliste

Zum Artikel „Kirchheim war NSDAP-Hochburg“ vom 20.  November

Im November, 80 Jahre nach der mörderischen Pogromnacht, von den Tätern zynisch Kristallnacht genannt, fanden in Kirchheim würdige Gedenkstunden statt. Man gedachte der Opfer der Kriege und auch der Gewaltherrschaft. Zur Erinnerung gehören auch die Stolpersteine, die vor ehemaligen Häusern jüdischer Familien verlegt sind.

Man mag sich nun darüber wundern, dass Straßennamen aus der Nazizeit wie die Hindenburgstraße bis heute nicht geändert sind. In einem aber viel eklatanteren Widerspruch zum Gedenken an die Opfer erscheint mir allerdings die Liste der Ehrenbürger unserer Stadt, die im Internet einzusehen ist. Sie enthält Wilhelm Murr und Christian Marchthaler, beileibe keine kleinen Mitläufer, sondern mächtige und erkennbar auch rabiate Nazi-Größen. Man hat sie im Jahr 2007 bewusst nicht gestrichen.

Die Begründung des damaligen Gemeinderats: Die Ehrenbürgerschaft der beiden sei ja mit ihrem Tod erloschen. Wären sie noch am Leben, hätte man ihnen dieselbe entzogen. Das heißt doch, sie wären dann von der Liste gestrichen worden. So aber bleiben sie auf der Ehrenbürgerliste. Das verstehe, wer will. Und weiter: Auch die Ehrenbürgerschaft der beiden gehöre zur NS-Geschichte in der Stadt. Hätte man mit diesem Hinweis dann jeden Nazi-Führer in der Liste gelassen, gegebenenfalls auch Hitler? Merkwürdige Begründungen! Wie empfinden dies wohl die Angehörigen der Opfer? Namen von verbrecherischen Vertretern der Gewaltherrschaft in einer Ehrenliste, um der Erinnerung an diese finsteren Jahre willen.

Andere Städte haben solche „Ehrenbürger“ längst entfernt. Sie gehören nicht ins kollektive Gedächtnis einer Stadt. Die Stadt Böblingen hat Wilhelm Murr im Jahr 2011 aus der Ehrenbürgerliste gestrichen. Sehr spät, aber immerhin.

Karl-Albrecht Schmauder, Kirchheim