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Verlustgeschäft

John Degenkolb hat am vergangenen Sonntag Paris-Roubaix gewonnen, und kaum einer hat es gemerkt. Der 26-Jährige aus Gera ist der erste Deutsche seit 119 Jahren, der den als schwerstes Radrennen der Welt untertitelten Höllenritt übers Kopfsteinpflaster für sich entschied. Kein Zufall, denn Degenkolb gewann drei Wochen zuvor auch den Klassiker Mailand–San Remo und gilt seitdem als die personifizierte Hoffnung auf einen neuen deutschen Radsporthelden, der vor allem eines sein soll: sauber.

Von den historischen Triumphen des 26-Jährigen war im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nichts zu sehen. Dabei kämpft die Generation der Kittels, Martins und Degenkolbs schon seit Jahren beharrlich um verloren gegangenes Vertrauen. Der Weg des Radsports zurück auf die große Bühne ist ein steiniger, zumindest hierzulande. Daran wird auch die angekündigte Rückkehr von ARD und ZDF zur Tour de France in diesem Jahr wenig ändern. Wo millionenschwere Teams, internationale Fernsehgelder und kilometerlange Werbekarawanen fehlen, bleibt Radsport ein Verlustgeschäft. Das trifft lokale Veranstalter wie hier in Kirchheim, vor allem aber den Nachwuchs im Amateurbereich.

Man sagt, der Radsport sei die einzige Sportart, die den Zuschauer adelt. Weil er zu den Menschen kommt und nicht umgekehrt. Seit jeher kostenlos und im wörtlichen Sinn zum Anfassen. Solche Sätze klingen ehrenhaft, aber sie füllen keine Kassen. Wer als lokaler Veranstalter Erfolg haben will, braucht eine breite Basis hinter sich, ein Heer von Idealisten und ein Umfeld, das Begeisterung mit Tatkraft gleichsetzt. All dies gibt es in Kirchheim zur Stunde nicht. BERND KÖBLE