Angeklagter im Musiknacht-Prozess schweigt
Viele offene Fragen

Am zweiten Prozesstag gegen den mutmaßlichen „Musiknacht“-Anstifter blieben viele Fragen offen. Der 34-jährige Kurde hielt sich vor dem Stuttgarter Landgericht mit Angaben auffallend zurück.

Nürtingen. Wo hat der Angeklagte im Bereich Esslingen und Stuttgart gelebt? Welche Funktion übte er in der kurdischen Arbeiterpartei PKK aus und inwieweit war er in den brutalen Überfall vom 8. Mai vergangenen Jahres auf die Nürtinger Bahnhofsgaststätte verwickelt? Stuttgarts Staatsanwalt Stefan Biehl wurde auch am zweiten Tag der Verhandlung gegen den Kurden nicht müde, ihn zu seiner Funktion bei der Vorbereitung des Überfalles in Nürtingen zu befragen.

Der 34-Jährige hatte bereits in ers­ten Vernehmungen durch die Polizei angegeben, dass er damals aus Berlin angereist und bei dem Nürtinger Überfall dabei gewesen sei, aber keine aktive Rolle gespielt hätte. Er gilt bei den Ermittlungsbehörden als PKK-Aussteiger und ist im Zeugenschutzprogramm in die höchste Gefährdungsstufe eingeordnet, was „Lebensgefahr“ bedeutet.

Dennoch wollte der Staatsanwalt ihn gestern dazu bewegen, nähere Angaben zur Vorbereitung und Planung des Musiknacht-Überfalls zu machen. Der Angeklagte bestritt, am Abend des 8. Mai dabei gewesen zu sein, als mit insgesamt 18 jungen Kurden in einem Mesopotamischen Kulturvereins-Haus in Stuttgart die Einzelheiten für die Tat besprochen wurden. Er habe sich daran gar nicht beteiligt, habe allerdings gewusst, dass „irgendetwas geplant“ gewesen sei.

Fragen des Anklägers wie „Wer hat geschlagen, wie viele waren vermummt“ beantwortete der Angeklagte auf Anraten seines Verteidigers nicht.

Indessen haben die Richter den ers­ten Zeugen vernommen. Der 26-jährige Mann, der damals in der Bar des Lokals ein Bier trank und dann nach draußen ging, bekam plötzlich einen harten Schlag auf den Kopf, „vermutlich eine Flasche oder einen Stein“, wie er sagt, und musste im Nürtinger Krankenhaus erstversorgt werden. Er erlitt eine schwere Wunde am Kopf und eine Gehirnerschütterung. Erst nach einem halben Jahr sei die Verletzung verheilt gewesen.

Weitere Zeugen sollen in den folgenden Prozesstagen vernommen werden. Der Wirt der Gaststätte in der Bahnhofstraße, der gestern ebenfalls auf der Zeugenliste stand, fühlt sich derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, erneut eine Aussage vor Gericht zu machen. Die zahlreichen Verteidiger der Angeklagten im ersten Prozess hätten ihm so sehr zugesetzt, dass er psychisch am Ende sei. Er soll nun am 8. Juli vernommen werden.