Auf Owener Gemarkung schon mindestens fünf Vorfälle – Revierjagdmeister bittet um Zeugenhinweise
Vierbeinige Wilderer töten Rehmütter

Bei Wilderei denkt man meistens an rührselige Heimatgeschichten, die im 19. Jahrhundert spielen und die in den 50er-Jahren verfilmt wurden. Aber Wilderei wird auch heute noch betrieben, und mitunter ist der Wilderer sogar ein Vierbeiner – wie jüngst bei mehreren Fällen in Owen.

Vierbeinige Wilderer töten Rehmütter
Vierbeinige Wilderer töten Rehmütter

Owen. Von fünf bis sechs Vorfällen auf Owener Gemarkung und allein in diesem Jahr spricht Revierjagdmeister Andree Friedrich. „Wir werden gerufen, wenn irgendwo ein totes Reh liegt.“ Ob es sich bei allen diesen Fällen jeweils um denselben Hund gehandelt hat, das sei nur schwer zu sagen. Dass die Muttergeißen aber jeweils nach demselben Schema gejagt und getötet wurden, das kann Andree Friedrich auf jeden Fall feststellen. Dem Hund oder den Hunden attestiert der Revierjagdmeister dabei eine „ausgeklügelte Taktik“, zu der viel Erfahrung gehöre. Normalerweise sei es einem Hund nämlich nicht möglich, ein gesundes Reh zu reißen. Dafür sei das Reh eigentlich viel zu schnell.

Wenn nun aber ein Hund so schlau ist, dass er das Reh an einen Zaun treibt, dann hat er sein Opfertier in der Falle. Immer seien die Verletzungen und Bissmuster der getöteten Rehe auf jeweils einen Hund zurückzuführen, berichtet Andree Friedrich. Damit meint er, dass die Rehe nicht von mehreren Hunden zugleich gejagt wurden. Zu solchen Vorfällen sei es auf der gesamten Owener Gemarkung gekommen – vom Tiefenbachtal bis zur Bassgeige oder auch hinauf zum Teckberg.

Und immer seien die Rehe bisher ganz in der Nähe von sehr gut begehbaren Wegen gefunden worden. Deshalb geht Andree Friedrich davon aus, dass die wildernden Hunde mit ihrem Besitzer unterwegs sind, dabei aber eben nicht immer an der Leine geführt werden. Außerdem schließt der Owener Revierjagdmeister aus den Fundorten der toten Rehe, dass es außer den Besitzern auch noch andere Zeugen geben muss, die einen Hund beim Jagen beobachtet haben. Immerhin würden sich die unerlaubten Jagdszenen in den Owener Wäldern am hell

lichten Tag zutragen und „fast immer bei schönem Wetter“.

Solche Zeugen jedenfalls bittet And­ree Friedrich, sich bei ihm unter der Telefonnummer 01 72/1 62 97 13 zu melden. Allein Hinweise auf die Hunderasse oder auf die Fellfarbe eines wildernden Tiers sind schon ungeheuer wichtig, um einen Anhaltspunkt zu bekommen. Was die Rechtslage betrifft, verweist Andree Friedrich darauf, dass ein Jäger das Recht hat, wildernde Hunde sofort zu erlegen – „wenn wir die Wilderei nachweisen können“. Natürlich würde er es nur ausgesprochen ungern so weit kommen lassen. Schließlich hat er selbst Hunde. „Aber meine Hunde würden so etwas nie machen, obwohl sie alle jagdlich ausgebildet sind“, betont der Jäger. Wenn Andree Friedrich die Perspektive eines Jagdpächters einnimmt, beziffert er den Schaden pro gerissenem Reh auf 120 Euro.

Aber sowohl Jägern als auch Jagdpächtern geht es um sehr viel mehr: um den Erhalt und die Pflege des Wildbestands. „Hier wurden immer nur Geißen gerissen“, sagt Andree Friedrich. Eine Geiß zeige sich dem Hund, um Gefahr von ihrem Kitz oder ihren Kitzen abzuwenden. Das tue die Geiß auch deshalb, weil sie instinktiv weiß, dass der Hund nicht so schnell ist wie sie. Wenn die Jagd dann aber trotzdem an einem Zaun und mit dem Tod der Muttergeiß endet, dann bleiben verwaiste Kitze zurück.

„So ein Kitz ist jetzt vielleicht ein halbes Jahr alt, wiegt keine sechs Kilogramm und hat keine Chance, den Winter zu überleben“, sagt der Owener Fachmann. Nicht nur fehlt dem Kitz die Milch der Mutter. Es wird von den übrigen Rehen auch richtiggehend ausgestoßen und von Futterplätzen verdrängt. Außerdem habe das Kitz keine Mutter mehr, die ihm die besten Äsungsplätze zeigen könne und die es vor Gefahren warne – selbst vor den Gefahren des Straßenverkehrs. Die einzigen, die ein mutterloses Kitz noch annehmen würden, seien ältere Böcke: „Wenn ein Kitz mit einem Bock unterwegs ist, dann ist das ein typisches Zeichen dafür, dass die Mutter fehlt. Und dass diese Kitze unglücklich sind, das kann man ihnen ansehen. Sie werden immer nur weggeschickt.“

Niemals würde ein Jäger eines der Muttertiere schießen, wie sie jetzt in Owen bereits mehrfach Opfer der Hundewilderei geworden sind. Eindringlich appelliert Andree Friedrich deshalb an Zeugen, sich zu melden, und an Hundebesitzer, ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und die Hunde in ihrem unmittelbaren Einflussbereich zu führen.