Kirchheim. Dennis Huttenlocher ist frischgebackener baden-württembergischer Bäckermeister und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Das
ist an sich nichts Ungewöhnliches für den Spross einer altehrwürdigen Bäckersfamilie. Längst nicht selbstverständlich ist jedoch die Tatsache, dass der 29-Jährige als „Bestmeister“ aus den Prüfungen hervorgegangen ist. Außerdem hat er eine ungewöhnliche Karriere hinter sich: vom Banker zum Bäcker.
Seit Kurzem ist der Diplombetriebswirt Dennis Huttenlocher stolzer Besitzer einer Urkunde über „herausragende Leistungen als Bester seines Jahrgangs“ bei der Meisterprüfung im Bäckerhandwerk. Genau vier Tage nach seinem 29. Geburtstag bekam der Jesinger diese Auszeichnung überreicht. Dass er sich gegen die 23 anderen Bäckermeister aus dem Ländle als Bester durchsetzen würde, überrascht auch den jungen Jesinger: „Damit hätte ich nicht wirklich gerechnet, da die Konkurrenz natürlich sehr gut und ehrgeizig war.“
Dennis Huttenlochers Weg zum Bäckermeister war verschlungen wie eine Brezel: Bis er sich zu einer Bäckerausbildung entschloss, vergingen einige Jahre. Nach der Fachhochschulreife an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule in Kirchheim im Jahr 2003 und dem Zivildienst, folgte eine Ausbildung zum Finanzassistenten. Während der Arbeit bei einer Bank begann er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. 2010, noch während des Studiums, startete er seine Bäckerausbildung im Betrieb der Eltern. Ab Januar besuchte er die Meisterschule und legte die Prüfungen Mitte Juni ab.
Selbst die eigenen Eltern waren überrascht, als der Sohn plötzlich den Wunsch äußerte, Bäcker werden zu wollen, mit dem Ziel, den Familienbetrieb von 1893 zu übernehmen. Hinzu kam, dass die Bankenkrise ihre Spuren im Wertpapiersegment, in dem er arbeitete, hinterlassen hatte: „Man hat schon gemerkt, dass sich was verändert hat, und außerdem hatte ich irgendwie Lust auf was Neues.“ So begann er die Ausbildung bei den Eltern. „Wenn der Vater einem über die Schulter schaut, dann gibt man schon eher 110 als 100 Prozent.“, erzählt der Jesinger.
Jetzt sei er wirklich angekommen und später wolle er einmal den Betrieb übernehmen, dann in der fünften Generation. Es mache sehr viel Spaß, am Ende des Tages zu sehen, welche Arbeit man geschafft habe, „…ganz anders als im Bankensektor.“.
Während der Sohn noch für das Foto posiert, erklärt der Vater in der kleinen Küche der Jesinger Bäckerei stolz, dass es toll sei „nach den doch etwas anstrengenden Jahren“ jetzt einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zu haben. Die Tochter ist Lehrerin. Ein Sohn Pilot. Und so ist der andere Sohn, Dennis, das einzige der Kinder, das den Familienbetrieb weiterführen kann. Bis es so weit ist, wird der 29-Jährige jedoch die Eltern in der Bäckerei unterstützen und ab Januar 2014 im Gesellenprüfungsausschuss sitzen. Er freut sich auf diese ehrenamtliche Tätigkeit, weil es für ihn interessant ist, zu sehen, was die Jugend für Ideen in das Handwerk einbringt und was in den Schulen vermittelt wird. „Außerdem kann man die Auszubildenden dadurch fördern.“
Ganz uneigennützig ist die Sache auch nicht: „Ich denke, dass es eine gute Chance ist, neue und qualifizierte Arbeitskräfte zu werben.“
Für langfristige Erfolge sind nicht nur neue Arbeitskräfte, sondern auch die Entwicklung kreativer Produkte ein Muss. Um sich vor allem von den Discountbäckern absetzen zu können, sind Qualität und Zeitgeist wichtig. Dennis Huttenlocher will das traditionelle Backen unter dem Einsatz moderner Technik fortführen und innovative Produkte entwickeln, die länger haltbar sind und besser schmecken.
Erfolgreiche Bäcker dürfen keine Langschläfer sein. In der Bäckerei Huttenlocher beginnt der Tag bereits um 3.30 Uhr. Das Mittagessen bildet dann sozusagen das Ende des Arbeitstags. In der Nacht von Freitag auf Samstag wird schon mal um Mitternacht mit dem Backen begonnen. Da wundert sich der Brötchenkäufer, wann überhaupt geschlafen wird. Kaum zu glauben, dass nach einem langen Arbeitstag ein Nickerchen von zwei Stunden am Mittag reicht, um sich zu erholen. Die nächste Schlafpause gibt‘s erst in der Nacht. Dann legt sich Dennis Huttenlocher aber für ganze fünf Stunden hin.
Wenn der Bäckermeister sechs Tage die Woche von früh morgens bis mittags in der Backstube steht, ist es nur verständlich, dass der perfekte Morgen der am Sonntag ist. „Ein gemeinsames Frühstück gibt’s – leider – nur an diesem Tag“, bedauert die Mutter.
Vater und Sohn sind da der gleichen Meinung, wobei es für Letzteren wichtig ist, einen Moment zur Ruhe kommen zu können, fernab vom Stress und Trubel des Alltags. Finden sich am Mittag ein paar Stunden freie Zeit, dann geht‘s mit der Freundin und der gemeinsamen Border-Terrierhündin Heny nach draußen an die frische Luft. Ansonsten steht im Sommer Windsurfen und im Winter Ski fahren auf dem Programm.
Dennis Huttenlocher ist sich sicher:„Trotz der geringen Freizeit macht der Beruf sehr viel Spaß.“