Der Krankenpflegeverein Weilheim feierte mit Sketchen und Musik sein 100-jähriges Jubiläum
Vom Selbsthilfeverein zum Geldsammler

Pflege kostet Geld. Heute kommt dafür die Pflegeversicherung auf. Vor 100 Jahren aber musste jeder selbst zusehen, wo er blieb. Das führte zu teils katastrophalen Verhältnissen. Deshalb taten sich im Jahr 1911 in Weilheim Menschen zusammen, um einen Krankenpflegeverein zu gründen.

Weilheim. Im evangelischen Gemeindehaus hatten sich am Samstagabend mehr als 100 Mitglieder zusammengefunden, um an die Geschichte ihres Vereins zu erinnern – und um sich zu amüsieren. Beim von Christl Heilemann gestifteten Tafelspitz entwickelten sich an den langen Tischen intensive Gespräche, die gerne unterbrochen wurden, wenn auf der Bühne das Licht anging.

Für besondere Erheiterung sorgten die Sketche. In dem Stück „Im Krankenhaus“ führten Wolfgang Egerer als Patient und Wilfriede Sperl als Krankenschwester vor, zu welchen Verwirrungen es führen kann, wenn „wir jetzt die Tablette nehmen“ oder wenn „wir Fieber messen“. Laut wurde das Gelächter, als auf der Bühne gezeigt wurde, wie es im Alten- und Pflegeheim Kalixtenberg im Jahr 2060 zugehen wird. Dann wären der jetzige Vereinsvorsitzende Pfarrer Peter Brändle und Bürgermeister Johannes Züfle über 90 Jahre alt. Beide Herren präsentierten – auf alt geschminkt – mit sichtlichem Spaß
diese Situation. Starrsinnig und herrschsüchtig malträtierten die Herren am Rollator das Pflegepersonal und die Mitbewohner. Abgerundet wurde das Unterhaltungsprogramm durch Mundart-Kabarett von Pfarrer Brändle und der schmissigen Musik der Combo „Herbstwind“.

Vize-Vereinschef Wolfgang Egerer betonte in seinem historischen Rückblick, wie wichtig der Verein ist. Pfarrer und Arzt hatten Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt, dass die Versorgung von älteren und kranken Menschen in Weilheim nur unzureichend funktionierte und riefen deshalb zur Gründung eines Krankenpflegevereins auf. Am 23. März 1911 traf sich vom Fabrikanten bis zum Oberförster alles, was Rang und Namen hatte, um der Aufforderung nachzukommen. Das Ziel, eine Gemeindeschwester einzustellen, wurde bald erreicht. Und wer seinen Mitgliedsbeitrag von drei Mark bezahlte, hatte Anrecht auf kostenlose Behandlung durch die Diakonissin.

So arbeitete der Verein Jahr für Jahr kontinuierlich und zuverlässig. Vielen der Festgäste war Schwester Elisabeth, die von 1965 bis 1983 in
Weilheim tätig war, noch in guter Erinnerung. „Sie war die Verkörperung einer Gemeindeschwester“, sagte Wolfgang Egerer. Das Motto ihrer Arbeit „Betten und Beten“ habe sie vorbildlich umgesetzt.

Weil die Bedürfnisse nach ordentlicher Pflege wuchsen, der Verein dies aber nicht mehr stemmen konnte, wurde 1977 die Diakoniestation Teck gegründet. Es gab Zuschüsse von Land, Landkreis und den Krankenkassen. 1992 ging die Pflege dann endgültig vom Verein auf die Diakoniestation über. Seitdem dienen die Mitgliedsbeiträge des Krankenpflegevereins größtenteils der Unterstützung der Diakoniestation.

Mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 „wurden aus Patienten Kunden mit Rechtsanspruch auf Pflege“, erläuterte Wolfgang Egerer. Im Sozialen Netzwerk Weilheim engagiert sich der Verein als Träger und Geldgeber. Heute zählt der Krankenpflegeverein 436 Frauen und Männer – doch die Mitgliederzahlen sinken kontinuierlich.

Wolfgang Egerer ist dennoch überzeugt: „Unser Verein ist unentbehrlich für Weilheim und wird sicherlich noch viele Jahre leben.“