Basketball
Von der Leichtigkeit des Seins

Basketball Die Knights haben pünktlich zum Saisonbeginn ihren Mut und alle Lockerheit verloren. Warum das so ist, weiß im Augenblick keiner. Von Bernd Köble

Jeder Trainer kennt das: Wenn‘s nicht läuft, muss man mit Gewohntem brechen. Irgendwie, irgendwo - Hauptsache Blickwinkel und Muster verändern sich. Weil das im Sport nicht immer mit dem Kernjob zu tun haben muss, hat Mauricio Parra seine Mannschaft gestern Abend überrascht. Statt der üblichen Video-Analyse, statt den Finger in die Wunde zu legen und herauszufinden, warum es am Samstag gegen Trier auch im zweiten Anlauf nicht zum ers­ten Saisonsieg gereicht hat, ging es direkt von der Halle nach Plochingen - zum Bowling.

„Die Peitsche auszupacken, bringt jetzt nichts“, sagt der Trainer. „Die Mannschaft braucht wieder Spaß und Selbstvertrauen, dann funktioniert sie wieder.“ Dass sie das bis vor wenigen Wochen nach einhelliger Meinung noch problemlos tat, wirft Fragen auf, die im Moment keiner beantworten kann. Jalan McCloud, ein 24-jähriger Spielmacher, der in der Vorbereitung so viel Führungsstärke bewies, dass ihn der Trainer ohne Umschweife zum Kapitän ernannte - seit Saisonbeginn völlig verunsichert. Routinier Keith Rendleman, der sich im Sommer so stark wie noch nie aus dem Heimaturlaub zurückgemeldet hat - nur noch ein Schatten. Und letztlich Mitch Hahn und Till Pape, die in der Pre-Season den Korb notfalls auch vom Parkplatz aus getroffen hätten - am Samstag: null von neun. Dazu eine Defensive, vor wenigen Wochen noch hoch gelobt, am Samstag mit eklatanten Schwächen im Eins-gegen-Eins und beim Rebound. Zwölf Trierer Punkte resultierten allein im zweiten Spielabschnitt aus der zweiten Chance.

Erklärbar ist das alles nur schwer. Die enttäuschende Kulisse mit 778 Zuschauern beim mit Spannung erwarteten ersten Heimspiel war da nur ein weiteres Mysterium. An all das hätte sich hinterher wohl kaum jemand mehr erinnert, wäre die Schluss­phase anders verlaufen. Triers Topscorer Jordan Geist, der nach einer Unbeherrschtheit gegen Tim Koch vom Feld flog, Till Glogers fünftes Foul, Stefan Ilzhöfer nach dem vierten auf der Abschussliste und ein 35-jähriger Jermaine Bucknor, dem nach einem unfassbaren Auftritt erkennbar die Kräfte ­schwanden - plötzlich war die Chance da, die Halle tobte, und es standen noch mehr als zehn Minuten auf der Uhr. Das sind Momente, in denen Spiele normalerweise kippen. Am Samstag war es ein Moment, der zeigte, woran es auf Kirchheimer Seite im Moment mangelt: an Ordnung, Ruhe, Selbstvertrauen. Zwei Offensivfouls von Brian Butler und einige Ballverluste später war der alte Abstand von zwanzig Punkten wieder hergestellt und das Spiel endgültig gelaufen.

Immerhin: Knights-Spielmacher Jalan McCloud, der über weite Strecken der Partie mut- und ratlos wirkte, hatte in dieser Phase seine besten Szenen. „Darauf aufzubauen“, sagt Sportchef Christoph Schmidt, „ist jetzt seine Aufgabe. Die Mannschaft hat in der Vorbereitung gezeigt, was sie kann. Diese Leistung muss sie jetzt abrufen.“ Mauricio Parra indes trauert den möglichen Punkten in Schwenningen deutlich mehr nach, als der verpassten Chance gegen Trier. „Wir haben gegen einen starken und erfahrenen Gegner verloren“, sagt Parra und räumt ein: „Trier war an diesem Abend eine Klasse besser.“ Von wachsender Nervosität vor den beiden vermeintlich leichten Aufgaben gegen Leverkusen und Schalke will der Trainer dennoch nichts wissen: „Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt in keiner Weise beunruhigt“, versichert Parra. „Ich weiß, was diese Mannschaft kann. Der erste Sieg, den sie jetzt braucht, wird kommen.“