Der Landkreis Esslingen steuert jährlich 20 000 Euro für die Beratungsstelle Essstörungen des Kreisdiakonieverbands bei. Das hat der Sozialausschuss des Kreistags einhellig befürwortet, verbunden mit einem dicken Lob für die Arbeit der Anlaufstelle.
Richard Umstadt
Kreis Esslingen. Der Anteil der Menschen, quer durch alle Generationen und Geschlechter, die „ihre inneren Probleme durch die Gestaltung des Äußeren versuchen in den Griff zu bekommen, nimmt zu“, so die Erfahrung der Leiterin der Anlauf- und Beratungsstelle in der Esslinger Berliner Straße 27, Barbara Hammann. Wobei dies auch bei Männern eine immer größere Rolle spiele.
In der Anlaufstelle werden Betroffene mit allen Formen der Essstörung unterstützt, vorrangig Magersucht, Ess-Brech-Sucht, Essstörungen mit periodischen Heißhungeranfällen ohne Erbrechen und Fettsucht.
Inzwischen begleitet die Beratungsstelle jährlich zwischen 90 und 110 betroffene Mädchen und Jungen, Männer und Frauen und ihre Angehörigen. „Wir schauen, welches Problem dahintersteckt.“ Wichtig ist es der diplomierten Sozialpädagogin und Familientherapeutin Barbara Hamann, dabei nicht nur das Suchtverhalten zu durchleuchten, sondern ganzheitlich auch das dazugehörende Familiensystem einzubeziehen.
Wie aus dem Jahresbericht der Beratungsstelle hervorgeht, sind vor allem Mädchen und Frauen im Alter von sechs Jahren bis über 42 Jahre betroffen. Der Hauptanteil liegt bei den 13- bis 22-Jährigen. Neben der Beratung ist Barbara Hammann die Vermittlung in ambulante und stationäre, therapeutische und medizinische Angebote wichtig. „Wir begleiten sie während einer Behandlung und sind auch danach für sie da.“
Damit es aber erst gar nicht so weit kommt, setzt die Leiterin der Beratungsstelle auf Prävention, macht Ernährungsberaterinnen, Lehrkräfte, Ausbilder und Führungskräfte in Unternehmen sowie Jugend- und Schulsozialarbeiter mit dem Thema vertraut und geht in Schulklassen und Jugendgruppen. Ziel ist es, möglichst frühzeitig eine Essstörung zu erkennen und Jugendliche zu unterstützen, um eine chronische Entwicklung zu vermeiden. Immer mehr Jugendliche wenden sich per E-Mail an die Beratungsstelle.
Die Mitglieder des Sozialausschusses waren sich mit Joachim Gädeke, Freie Wähler, einig, der die Arbeit der Beratungsstelle als äußerst wichtig ansah. Nach Schätzungen enden bis zu 50 Prozent der Magersuchtfälle tödlich, berichtete Gädeke. Hier gegenzusteuern könne man gar nicht hoch genug einschätzen. Nicolas Fink, SPD, fand es richtig, die Kontinuität der Finanzierung zu gewährleisten und meinte: „Wir sehen hier nur die Spitze des Eisbergs.“ Auch für Georg Zwingmann, Grüne, stand es außer Frage, „die hohe Fachlichkeit in eine Regelfinanzierung zu überführen“.
Mit den 20 000 Euro aus dem Kreissäckel stellte der Sozialausschuss die zwölf Jahre lang durch Sponsoren und Spenden finanzierte Halbtagsstelle auf sichere Beine. Bereits 2011 hatte der Kreis beim Sozialministerium erreicht, dass das Land für die Anlaufstelle jährlich 8 450 Euro bezahlt. Der Kreisdiakonieverband trägt mit rund 14 000 Euro pro Jahr die Raum-, Sach- und Sekretariatskosten.