Das Stuttgarter Verwaltungsgericht weist die Klage eines Jägers gegen das Esslinger Landratsamt ab
Waffenbesitzer müssen zahlen

Waffenbesitzer müssen Gebühren für unangemeldete Kontrollen zahlen – und zwar auch dann, wenn es weder einen Verdacht noch Beanstandungen gibt. Diese Entscheidung hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht bekannt gegeben

Kreis Esslingen. Das Gericht hat die Klage eines Jägers von den Fildern abgewiesen. Der Besitzer von elf Lang- und Kurzwaffen hatte gegen den Landkreis geklagt, weil er für die Überprüfung seines Tresors 46,67 Euro berappen sollte. Und das, obwohl die beiden Mitarbeiter des Landratsamts festgestellt hatten, dass seine Waffen ordnungsgemäß in einem Tresor aufbewahrt waren. Auch zuvor hatte es keinen Verdacht gegen den Jäger gegeben. Anfang Dezember wurde der Fall vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht mündlich verhandelt (wir berichteten). Der Vorsitzende Richter der fünften Kammer, Eckhard Proske, stellte jetzt im Urteil fest, die Erhebung der Gebühr vom Landratsamt Esslingen sei rechtmäßig. Eine Berufung gegen das Urteil lässt die Kammer nicht zu.

Überrascht war der Kläger nicht. Denn im vergangenen Jahr war bereits eine ähnliche Klage gegen die Stadt Heilbronn vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. „Wir haben schon beschlossen, dass wir eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen“, sagte sein Anwalt Clemens Hons. Und der Landesjagdverband, der die Kosten für die Musterklage seines Mitglieds trägt, ist wild entschlossen, den Jäger zum Gang durch die Instanzen zu ermuntern – zur Not auch bis vor das Bundesverfassungsgericht.

Als „reine Geldbeschaffungsmaßnahme“ geißelt Landesjägermeister Dieter Deuschle, selbst Jurist, die Gebühren für verdachtsunabhängige Kontrollen. Er hält es auch für unzulässig, dass die Behörden Pauschalsätze erheben, völlig unabhängig davon, ob nur eine oder 30 Waffen im Schrank liegen. Von Behörde zu Behörde sind diese Pauschalsätze im Übrigen höchst unterschiedlich: Während man als Bewohner der Stadt Esslingen bei einer verdachtsunabhängigen Kontrolle, bei der es auch keine Beanstandungen gibt, gar nichts zahlen muss, wird man im restlichen Landkreis mit rund 50 Euro zur Kasse gebeten. Im Vergleich zur Stadt Stuttgart ist das noch ein Schnäppchen: Denn dort muss der Waffenbesitzer für einen Besuch der Kontrolleure seit Neuestem 210 Euro hinblättern. Im Südwesten können einem Gesetz zufolge die Gemeinden als untere Verwaltungsbehörde Tatbestände und Höhen der Gebühren per Satzung festlegen. „Bei aller Gier nach Geld, diese Gebühr ist einfach nicht angemessen“, sagte Deuschle gestern.

Der klagende Jäger hatte argumentiert, dass er die Kontrolle nicht veranlasst hatte und die Mitarbeiter des Landratsamts zudem sein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung missachtet hätten. Doch dem Gericht zufolge „knüpft die Waffenkontrolle wegen der besonderen Gefährlichkeit des Waffenbesitzes allein an den Waffenbesitz als solches an“. Mit anderen Worten: Wer eine Waffe kauft, berechtigt damit die Behörde auch ohne besondere Genehmigung zum Besuch in seiner Wohnung und zur Überprüfung des Waffenschranks. Das Gericht schreibt in seinem Urteil auch, dass der Kläger die Kontrol­leure ja freiwillig eingelassen hat.

Baden-Württemberg ist eines der wenigen Bundesländer, in denen die Kontrollen gebührenpflichtig sind. „Und dass jede Kommune und jeder Landkreis eine andere Gebühr erhebt, ist in Deutschland einzigartig“, sagt Anwalt Hons.

Deuschle betont, dass der Landesjagdverband sich nur für die einsetzt, bei denen alles in Ordnung ist: „Für Leute, die ihre Waffen im Apothekerschrank oder unter dem Bett aufbewahren, verkämpfen wir uns nicht.“ Die Kontrollen seien im öffentlichen Interesse und daher auch mit öffentlichen Geldern zu zahlen, argumentiert er. Er zweifelt auch grundsätzlich am Sinn der Überprüfungen. Denn das Landratsamt kontrolliert, ob die registrierten Waffen ordnungsgemäß im Tresor liegen. „Aber nach Schätzungen unseres Verbandes sind 80 Prozent der Waffen nicht legal. Die sind doch viel gefährlicher und nach denen guckt keiner“, sagt Deuschle. Das Gesetz sei daher reine Augenwischerei.

Rechtsanwalt Clemens Hons rechnet mit einem langwierigen Verfahren, das sich über Jahre hinziehen könnte. „Schon bis es zu einer Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde kommt, wird ein halbes Jahr vergehen“, vermutet er.